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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Alis den Denkwürdigkeiten Jakob Lsticnnes.

holländischen Flotte, welche in ihr Vaterland zurückkehrte und den Leichnam ihres
Obergenerals mit sich führte. Du Qucsne verfolgte seinen Weg, ohne sie an¬
zugreifen, indem seine Befehle lauteten, Messina sobald wie möglich zu Hilfe zu
kommen. Die Provenzalen, welche alle Papisten, sehr grob und in großer An¬
zahl auf unsrer Flotte waren, haßten ihn wegen seiner reformirten Religion,
wozu er sich bekannte, und seiner großen Genauigkeit ihm Dienste, wovon er
ihnen soeben eine empfindliche Probe gegeben hatte, indem er ihnen nicht erlaubte,
ans Land zu gehen, um ihre Frauen und Mätressen zu besuchen, schalten unter
sich über ihn. Sie behaupteten, el. habe die Holländer entwischen lassen, weil
sie Hugenotten seien wie er.

Sein Hauptvorsatz gelang ihm vollkommen. Wir kamen sehr glücklich und
geschwind zu Messina an. Die Hilfstruppen wurden gesund und in gutem Zu¬
stande ausgeschifft.

Wir hatten nun Zeit uns während zweier Monate zu erholen, da uns die
große Hitze nicht erlaubte thätig zu sein. Als das Fest des Heiligen Ludwig
herankam, feierten wir es nach altem Brauchen

Die Soldaten der Fregatten und Galeeren wurden auf einer Landzunge,
welche den Hafen von der einen Seite schützt, in Schlachtordnung aufgestellt.
Die Landtruppen an andern Orten. Als es Nacht war, gaben die Linienschiffe,
die Galeeren und die Kapelle drei Salven ihrer Artillerie und alle Truppen
ebensoviel mit ihren Musketen ab. Alles erglänzte im Feuer.

Als der Monat September sich näherte, so dachte man ernstlich an irgend
eine Expedition. Man ging unter Segel nach der Seite von Catania, worauf
es, wie man glaubte, abgesehen war. Alle Soldaten der Linienschiffe und Galeeren
wurden ans Land gesetzt, in allem 8 Bataillone, welche sich mit der Landarmee,
von 10 bis 12 Bataillonen, vereinigten, wie auch mit einigen Escadrons unter
den Befehlen des Marschalls de Vivonne. Unsre Armee, 10000 Mann stark,
machte einige Bewegungen, um die der Feinde zum Gefechte zu nöthigen. Da
sie aber sah, daß man ein solches zu vermeiden suchte, so näherten wir uns
La Scalette, einer kleinen Festung auf einer Bergspitze, nahe dein Meere, deren
Zugang wegen der Abgründe, die sie umgeben, sehr schwer ist. Sie ist vier Stunden
von Messina entfernt, ist wohl befestigt und hatte eine gute Besatzung. Während
einiger Tage wurden wir vom Regen, der die Laufgräben unter Wasser setzte,
sehr belästigt. Endlich formirte man zwei Angriffe, einen wirklichen dnrch die
Landtruppen und einen Scheinangriff dnrch die Seetruppen. Diese Belagerung
hatte nichts sehr merkwürdiges. Die Festung ergab sich nach zehn oder zwölf
Tagen nnter vortheilhaften Bedingungen. Ich sah die Garnison mit allen Ehren
abziehen.


Alis den Denkwürdigkeiten Jakob Lsticnnes.

holländischen Flotte, welche in ihr Vaterland zurückkehrte und den Leichnam ihres
Obergenerals mit sich führte. Du Qucsne verfolgte seinen Weg, ohne sie an¬
zugreifen, indem seine Befehle lauteten, Messina sobald wie möglich zu Hilfe zu
kommen. Die Provenzalen, welche alle Papisten, sehr grob und in großer An¬
zahl auf unsrer Flotte waren, haßten ihn wegen seiner reformirten Religion,
wozu er sich bekannte, und seiner großen Genauigkeit ihm Dienste, wovon er
ihnen soeben eine empfindliche Probe gegeben hatte, indem er ihnen nicht erlaubte,
ans Land zu gehen, um ihre Frauen und Mätressen zu besuchen, schalten unter
sich über ihn. Sie behaupteten, el. habe die Holländer entwischen lassen, weil
sie Hugenotten seien wie er.

Sein Hauptvorsatz gelang ihm vollkommen. Wir kamen sehr glücklich und
geschwind zu Messina an. Die Hilfstruppen wurden gesund und in gutem Zu¬
stande ausgeschifft.

Wir hatten nun Zeit uns während zweier Monate zu erholen, da uns die
große Hitze nicht erlaubte thätig zu sein. Als das Fest des Heiligen Ludwig
herankam, feierten wir es nach altem Brauchen

Die Soldaten der Fregatten und Galeeren wurden auf einer Landzunge,
welche den Hafen von der einen Seite schützt, in Schlachtordnung aufgestellt.
Die Landtruppen an andern Orten. Als es Nacht war, gaben die Linienschiffe,
die Galeeren und die Kapelle drei Salven ihrer Artillerie und alle Truppen
ebensoviel mit ihren Musketen ab. Alles erglänzte im Feuer.

Als der Monat September sich näherte, so dachte man ernstlich an irgend
eine Expedition. Man ging unter Segel nach der Seite von Catania, worauf
es, wie man glaubte, abgesehen war. Alle Soldaten der Linienschiffe und Galeeren
wurden ans Land gesetzt, in allem 8 Bataillone, welche sich mit der Landarmee,
von 10 bis 12 Bataillonen, vereinigten, wie auch mit einigen Escadrons unter
den Befehlen des Marschalls de Vivonne. Unsre Armee, 10000 Mann stark,
machte einige Bewegungen, um die der Feinde zum Gefechte zu nöthigen. Da
sie aber sah, daß man ein solches zu vermeiden suchte, so näherten wir uns
La Scalette, einer kleinen Festung auf einer Bergspitze, nahe dein Meere, deren
Zugang wegen der Abgründe, die sie umgeben, sehr schwer ist. Sie ist vier Stunden
von Messina entfernt, ist wohl befestigt und hatte eine gute Besatzung. Während
einiger Tage wurden wir vom Regen, der die Laufgräben unter Wasser setzte,
sehr belästigt. Endlich formirte man zwei Angriffe, einen wirklichen dnrch die
Landtruppen und einen Scheinangriff dnrch die Seetruppen. Diese Belagerung
hatte nichts sehr merkwürdiges. Die Festung ergab sich nach zehn oder zwölf
Tagen nnter vortheilhaften Bedingungen. Ich sah die Garnison mit allen Ehren
abziehen.


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[0130] Alis den Denkwürdigkeiten Jakob Lsticnnes. holländischen Flotte, welche in ihr Vaterland zurückkehrte und den Leichnam ihres Obergenerals mit sich führte. Du Qucsne verfolgte seinen Weg, ohne sie an¬ zugreifen, indem seine Befehle lauteten, Messina sobald wie möglich zu Hilfe zu kommen. Die Provenzalen, welche alle Papisten, sehr grob und in großer An¬ zahl auf unsrer Flotte waren, haßten ihn wegen seiner reformirten Religion, wozu er sich bekannte, und seiner großen Genauigkeit ihm Dienste, wovon er ihnen soeben eine empfindliche Probe gegeben hatte, indem er ihnen nicht erlaubte, ans Land zu gehen, um ihre Frauen und Mätressen zu besuchen, schalten unter sich über ihn. Sie behaupteten, el. habe die Holländer entwischen lassen, weil sie Hugenotten seien wie er. Sein Hauptvorsatz gelang ihm vollkommen. Wir kamen sehr glücklich und geschwind zu Messina an. Die Hilfstruppen wurden gesund und in gutem Zu¬ stande ausgeschifft. Wir hatten nun Zeit uns während zweier Monate zu erholen, da uns die große Hitze nicht erlaubte thätig zu sein. Als das Fest des Heiligen Ludwig herankam, feierten wir es nach altem Brauchen Die Soldaten der Fregatten und Galeeren wurden auf einer Landzunge, welche den Hafen von der einen Seite schützt, in Schlachtordnung aufgestellt. Die Landtruppen an andern Orten. Als es Nacht war, gaben die Linienschiffe, die Galeeren und die Kapelle drei Salven ihrer Artillerie und alle Truppen ebensoviel mit ihren Musketen ab. Alles erglänzte im Feuer. Als der Monat September sich näherte, so dachte man ernstlich an irgend eine Expedition. Man ging unter Segel nach der Seite von Catania, worauf es, wie man glaubte, abgesehen war. Alle Soldaten der Linienschiffe und Galeeren wurden ans Land gesetzt, in allem 8 Bataillone, welche sich mit der Landarmee, von 10 bis 12 Bataillonen, vereinigten, wie auch mit einigen Escadrons unter den Befehlen des Marschalls de Vivonne. Unsre Armee, 10000 Mann stark, machte einige Bewegungen, um die der Feinde zum Gefechte zu nöthigen. Da sie aber sah, daß man ein solches zu vermeiden suchte, so näherten wir uns La Scalette, einer kleinen Festung auf einer Bergspitze, nahe dein Meere, deren Zugang wegen der Abgründe, die sie umgeben, sehr schwer ist. Sie ist vier Stunden von Messina entfernt, ist wohl befestigt und hatte eine gute Besatzung. Während einiger Tage wurden wir vom Regen, der die Laufgräben unter Wasser setzte, sehr belästigt. Endlich formirte man zwei Angriffe, einen wirklichen dnrch die Landtruppen und einen Scheinangriff dnrch die Seetruppen. Diese Belagerung hatte nichts sehr merkwürdiges. Die Festung ergab sich nach zehn oder zwölf Tagen nnter vortheilhaften Bedingungen. Ich sah die Garnison mit allen Ehren abziehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/130>, abgerufen am 23.07.2024.