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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Estionnes.

schiffe, 7 Brander und mehrere Galeeren stark war. Mit einem günstigen Winde
ging man in See und bekam den 20. Mai Palermo in Sicht. Man feuerte
mehrere Breitseiten auf die Feinde ab, um sie zum Weggehen zu nöthigen. Man
war ihnen ganz nahe; allein sie wichen nicht, sondern blieben unter den Kanonen
der Schanzen und der Stadt vor Anker. Dies nöthigte unsre Generäle einen
neuen Kriegsrath zu halten, wo denn beschlossen wurde, sie in ihrer Stellung
anzugreifen. Alle Anstalten hierzu wurden getroffen und den Capitäns der Be¬
fehl zur Schlacht zugeschickt. Unser Schiff mit sieben andern wurde zur Avant¬
garde befehligt und sollte den Angriff machen.

Endlich erschien der 21. Mai mit einem für uns günstigen Winde. Die
ganze Flotte machte sich segelfertig, um den Feind anzugreifen, welcher uns in
einer ziemlich stolzen Haltung vor Anker erwartete. Wir näherten uns ihnen
auf Flintenschußnähe, ohne auch nur eine Kanone zu lösen und hielten das Feuer
aller ihrer Schiffe aus. Als wir uns in obiger Entfernung befanden, ankerten
wir und boten ihnen die Flanke, indem wir sie kraftvoll beschossen. Unsre Brander
hatten sich unter dem Schutze des Pulverdampfes zwischen uns durchgeschlichen
und enterten mit bewundernswürdiger Tapferkeit und Unerschrockenheit die feind¬
lichen Schiffe, so daß sie in weniger als zwei Stunden in gänzliche Unordnung
gebracht waren.

Wir verbrannten ihnen acht oder zehn ihrer größten Schiffe, ohne daß sie
uns irgend einen größern Schaden zufügen konnten, dadurch sowohl, weil wir
den Vortheil des Windes über sie hatten, als auch weil sie dem Lande zu nahe
waren und sich also nicht zurückziehen konnten, ohne auf den Strand zu ge¬
rathen, welches auch einige thaten. Andere rctirirten in Unordnung in den.
Hafen.

Niemals ist ein zu gleicher Zeit so schönes, schreckliches und trauriges Schau¬
spiel gesehen worden. Schön für uns durch den ruhmvollen Sieg, welchen wir
davontrugen, durch das vortreffliche Wetter und die wenige Gefahr, welche wir
dabei bloß während einer Stunde liefen. Nachher konnten wir ruhig von unsern
Schiffen aus die schrecklichen Wirkungen unsrer Brander gegenüber denjenigen
unsrer Feinde betrachten. Alle die Schiffe, welche geentert wurden, kamen in
Flammen um und theilten sogar das Feuer ihren Nachbarn mit, welche nicht
Platz genug hatten, um sich schnell genug aus dieser Gefahr zu entfernen. Die¬
jenigen, welche den Hafen erreichen konnten, vermochten sich dort zu schützen.

Auch "der Admiral von Spanien", ein sehr schönes Schiff, strengte alle
seine Kräfte an, dahin zu gelangen. Da das Schiff einen unserer Brander auf
sich zukommen sah, schoß es ihn durch eine Salve von 50 Kanonenschüssen in
den Grund, welches es jedoch nicht rettete, weil ein anderer Brander, der dem


Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Estionnes.

schiffe, 7 Brander und mehrere Galeeren stark war. Mit einem günstigen Winde
ging man in See und bekam den 20. Mai Palermo in Sicht. Man feuerte
mehrere Breitseiten auf die Feinde ab, um sie zum Weggehen zu nöthigen. Man
war ihnen ganz nahe; allein sie wichen nicht, sondern blieben unter den Kanonen
der Schanzen und der Stadt vor Anker. Dies nöthigte unsre Generäle einen
neuen Kriegsrath zu halten, wo denn beschlossen wurde, sie in ihrer Stellung
anzugreifen. Alle Anstalten hierzu wurden getroffen und den Capitäns der Be¬
fehl zur Schlacht zugeschickt. Unser Schiff mit sieben andern wurde zur Avant¬
garde befehligt und sollte den Angriff machen.

Endlich erschien der 21. Mai mit einem für uns günstigen Winde. Die
ganze Flotte machte sich segelfertig, um den Feind anzugreifen, welcher uns in
einer ziemlich stolzen Haltung vor Anker erwartete. Wir näherten uns ihnen
auf Flintenschußnähe, ohne auch nur eine Kanone zu lösen und hielten das Feuer
aller ihrer Schiffe aus. Als wir uns in obiger Entfernung befanden, ankerten
wir und boten ihnen die Flanke, indem wir sie kraftvoll beschossen. Unsre Brander
hatten sich unter dem Schutze des Pulverdampfes zwischen uns durchgeschlichen
und enterten mit bewundernswürdiger Tapferkeit und Unerschrockenheit die feind¬
lichen Schiffe, so daß sie in weniger als zwei Stunden in gänzliche Unordnung
gebracht waren.

Wir verbrannten ihnen acht oder zehn ihrer größten Schiffe, ohne daß sie
uns irgend einen größern Schaden zufügen konnten, dadurch sowohl, weil wir
den Vortheil des Windes über sie hatten, als auch weil sie dem Lande zu nahe
waren und sich also nicht zurückziehen konnten, ohne auf den Strand zu ge¬
rathen, welches auch einige thaten. Andere rctirirten in Unordnung in den.
Hafen.

Niemals ist ein zu gleicher Zeit so schönes, schreckliches und trauriges Schau¬
spiel gesehen worden. Schön für uns durch den ruhmvollen Sieg, welchen wir
davontrugen, durch das vortreffliche Wetter und die wenige Gefahr, welche wir
dabei bloß während einer Stunde liefen. Nachher konnten wir ruhig von unsern
Schiffen aus die schrecklichen Wirkungen unsrer Brander gegenüber denjenigen
unsrer Feinde betrachten. Alle die Schiffe, welche geentert wurden, kamen in
Flammen um und theilten sogar das Feuer ihren Nachbarn mit, welche nicht
Platz genug hatten, um sich schnell genug aus dieser Gefahr zu entfernen. Die¬
jenigen, welche den Hafen erreichen konnten, vermochten sich dort zu schützen.

Auch „der Admiral von Spanien", ein sehr schönes Schiff, strengte alle
seine Kräfte an, dahin zu gelangen. Da das Schiff einen unserer Brander auf
sich zukommen sah, schoß es ihn durch eine Salve von 50 Kanonenschüssen in
den Grund, welches es jedoch nicht rettete, weil ein anderer Brander, der dem


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[0127] Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Estionnes. schiffe, 7 Brander und mehrere Galeeren stark war. Mit einem günstigen Winde ging man in See und bekam den 20. Mai Palermo in Sicht. Man feuerte mehrere Breitseiten auf die Feinde ab, um sie zum Weggehen zu nöthigen. Man war ihnen ganz nahe; allein sie wichen nicht, sondern blieben unter den Kanonen der Schanzen und der Stadt vor Anker. Dies nöthigte unsre Generäle einen neuen Kriegsrath zu halten, wo denn beschlossen wurde, sie in ihrer Stellung anzugreifen. Alle Anstalten hierzu wurden getroffen und den Capitäns der Be¬ fehl zur Schlacht zugeschickt. Unser Schiff mit sieben andern wurde zur Avant¬ garde befehligt und sollte den Angriff machen. Endlich erschien der 21. Mai mit einem für uns günstigen Winde. Die ganze Flotte machte sich segelfertig, um den Feind anzugreifen, welcher uns in einer ziemlich stolzen Haltung vor Anker erwartete. Wir näherten uns ihnen auf Flintenschußnähe, ohne auch nur eine Kanone zu lösen und hielten das Feuer aller ihrer Schiffe aus. Als wir uns in obiger Entfernung befanden, ankerten wir und boten ihnen die Flanke, indem wir sie kraftvoll beschossen. Unsre Brander hatten sich unter dem Schutze des Pulverdampfes zwischen uns durchgeschlichen und enterten mit bewundernswürdiger Tapferkeit und Unerschrockenheit die feind¬ lichen Schiffe, so daß sie in weniger als zwei Stunden in gänzliche Unordnung gebracht waren. Wir verbrannten ihnen acht oder zehn ihrer größten Schiffe, ohne daß sie uns irgend einen größern Schaden zufügen konnten, dadurch sowohl, weil wir den Vortheil des Windes über sie hatten, als auch weil sie dem Lande zu nahe waren und sich also nicht zurückziehen konnten, ohne auf den Strand zu ge¬ rathen, welches auch einige thaten. Andere rctirirten in Unordnung in den. Hafen. Niemals ist ein zu gleicher Zeit so schönes, schreckliches und trauriges Schau¬ spiel gesehen worden. Schön für uns durch den ruhmvollen Sieg, welchen wir davontrugen, durch das vortreffliche Wetter und die wenige Gefahr, welche wir dabei bloß während einer Stunde liefen. Nachher konnten wir ruhig von unsern Schiffen aus die schrecklichen Wirkungen unsrer Brander gegenüber denjenigen unsrer Feinde betrachten. Alle die Schiffe, welche geentert wurden, kamen in Flammen um und theilten sogar das Feuer ihren Nachbarn mit, welche nicht Platz genug hatten, um sich schnell genug aus dieser Gefahr zu entfernen. Die¬ jenigen, welche den Hafen erreichen konnten, vermochten sich dort zu schützen. Auch „der Admiral von Spanien", ein sehr schönes Schiff, strengte alle seine Kräfte an, dahin zu gelangen. Da das Schiff einen unserer Brander auf sich zukommen sah, schoß es ihn durch eine Salve von 50 Kanonenschüssen in den Grund, welches es jedoch nicht rettete, weil ein anderer Brander, der dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/127>, abgerufen am 23.07.2024.