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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Lstiennes,

ein wenig in der Stube herumspaziert war, merkte ich, daß man dergleichen vorhabe.
Ich warf mich also geschwind in mein Bette und hier ließ man mich in Ruhe.

Sobald meine Kräfte es mir erlaubten, verließ ich die ungesunde Luft
dieses Krankenhauses und begab mich aufs Schiff, wo Gott mir in kurzer Zeit
meine Gesundheit wieder gab. Im Anfange Januar 1676 kam du Quesne mit
einer Escadre von 13 Kriegsschiffen von Frankreich an und übernahm als Ge-
nerallieutenant des Admirals von Frankreich das Commando der ganzen Flotte.
In diesem Monate bewirthete mein Cnpitän mehrere vornehme Personen auf
seinen: Schiffe, und ich bemerkte, daß die Schüsseln alle init Blumen umkränzt
waren, welches man in Frankreich kaum im April findet. Dies bezeichnet deutlich
die Wärme dieses Klimas, wo mau im Winter weder einheizt, noch Eis zu
sehen bekommt.

Kurz nachher hatte der große Ruyter mit der spanischen Flotte die seinige
vereinigt, welche er von Holland ihr zu Hilfe geführt hatte, und war jetzt 40
Linienschiffe und 12 -- 15 Galeeren stark. Er näherte sich jetzt Messina, um
uns die Stirn zu bieten und uns eingeschlossen zu halten.

Währenddessen setzten die vereinigten Kräfte der Spanier von der Land¬
seite der Stadt sehr hart zu und bemächtigten sich mehrerer Punkte in der Um¬
gebung. Sie hatten sogar Einverständnisse in der Stadt mit den Großen und
Geistlichen, welche im Herzen auf ihrer Seite waren. Unsere Rudcrschisfe waren
nach Frankreich abgefahren, um daselbst zu überwintern, und wir hatten in allem
nur 30 Linienschiffe. Dies setzte unsern Vicekönig, den Herrn von Vivonne, in
sehr große Verlegenheit, und er würde sich wahrscheinlich besser aus eiuer
Schwelgereiangelegenheit gezogen haben, als aus dieser schwierigen Lage. Wir
hatten noch eine Menge Kranker, unsre Landtruppen hatten genug zu thun,
unsre Posten gegen die äußern und innern Feinde zu bewachen, denn eine Volks¬
masse von 16 000 wohlbewaffneten Männern, deren wir nicht ganz sicher waren,
hielt uns so ziemlich in Furcht. Dazu waren wir gezwungen, alle Abende 2000
Mann aus den Schiffen abzugeben, die um der Sicherheit des Herrn von Vivonne
willen im Bivouak am Hafen liegen mußten, und alle Schaluppen zum Wicdcr-
eiuschiffeu bereit zu halten, wenn man dazu gezwungen würde. Währenddessen
bot uns die feindliche Flotte oft die Stirn, um uns zum Verlassen des Hasens
zu bewegen, aber wir hielten uns eingeschlossen und gedeckt.

Während Wind und Wetter die feindliche Flotte ein wenig entfernt hatten,
berief Herr von Vivonne die Häupter der Bürgerschaft, wohl wissend, daß sie
großes Interesse daran hätten, nicht wieder unter spanische Herrschaft zu kommen.
Er stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, während der Ruhe zur See ans dem
Lande die Kräfte anzustrengen. Sie erboten sich zugleich zu einem großen Ans-


Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Lstiennes,

ein wenig in der Stube herumspaziert war, merkte ich, daß man dergleichen vorhabe.
Ich warf mich also geschwind in mein Bette und hier ließ man mich in Ruhe.

Sobald meine Kräfte es mir erlaubten, verließ ich die ungesunde Luft
dieses Krankenhauses und begab mich aufs Schiff, wo Gott mir in kurzer Zeit
meine Gesundheit wieder gab. Im Anfange Januar 1676 kam du Quesne mit
einer Escadre von 13 Kriegsschiffen von Frankreich an und übernahm als Ge-
nerallieutenant des Admirals von Frankreich das Commando der ganzen Flotte.
In diesem Monate bewirthete mein Cnpitän mehrere vornehme Personen auf
seinen: Schiffe, und ich bemerkte, daß die Schüsseln alle init Blumen umkränzt
waren, welches man in Frankreich kaum im April findet. Dies bezeichnet deutlich
die Wärme dieses Klimas, wo mau im Winter weder einheizt, noch Eis zu
sehen bekommt.

Kurz nachher hatte der große Ruyter mit der spanischen Flotte die seinige
vereinigt, welche er von Holland ihr zu Hilfe geführt hatte, und war jetzt 40
Linienschiffe und 12 — 15 Galeeren stark. Er näherte sich jetzt Messina, um
uns die Stirn zu bieten und uns eingeschlossen zu halten.

Währenddessen setzten die vereinigten Kräfte der Spanier von der Land¬
seite der Stadt sehr hart zu und bemächtigten sich mehrerer Punkte in der Um¬
gebung. Sie hatten sogar Einverständnisse in der Stadt mit den Großen und
Geistlichen, welche im Herzen auf ihrer Seite waren. Unsere Rudcrschisfe waren
nach Frankreich abgefahren, um daselbst zu überwintern, und wir hatten in allem
nur 30 Linienschiffe. Dies setzte unsern Vicekönig, den Herrn von Vivonne, in
sehr große Verlegenheit, und er würde sich wahrscheinlich besser aus eiuer
Schwelgereiangelegenheit gezogen haben, als aus dieser schwierigen Lage. Wir
hatten noch eine Menge Kranker, unsre Landtruppen hatten genug zu thun,
unsre Posten gegen die äußern und innern Feinde zu bewachen, denn eine Volks¬
masse von 16 000 wohlbewaffneten Männern, deren wir nicht ganz sicher waren,
hielt uns so ziemlich in Furcht. Dazu waren wir gezwungen, alle Abende 2000
Mann aus den Schiffen abzugeben, die um der Sicherheit des Herrn von Vivonne
willen im Bivouak am Hafen liegen mußten, und alle Schaluppen zum Wicdcr-
eiuschiffeu bereit zu halten, wenn man dazu gezwungen würde. Währenddessen
bot uns die feindliche Flotte oft die Stirn, um uns zum Verlassen des Hasens
zu bewegen, aber wir hielten uns eingeschlossen und gedeckt.

Während Wind und Wetter die feindliche Flotte ein wenig entfernt hatten,
berief Herr von Vivonne die Häupter der Bürgerschaft, wohl wissend, daß sie
großes Interesse daran hätten, nicht wieder unter spanische Herrschaft zu kommen.
Er stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, während der Ruhe zur See ans dem
Lande die Kräfte anzustrengen. Sie erboten sich zugleich zu einem großen Ans-


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[0124] Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Lstiennes, ein wenig in der Stube herumspaziert war, merkte ich, daß man dergleichen vorhabe. Ich warf mich also geschwind in mein Bette und hier ließ man mich in Ruhe. Sobald meine Kräfte es mir erlaubten, verließ ich die ungesunde Luft dieses Krankenhauses und begab mich aufs Schiff, wo Gott mir in kurzer Zeit meine Gesundheit wieder gab. Im Anfange Januar 1676 kam du Quesne mit einer Escadre von 13 Kriegsschiffen von Frankreich an und übernahm als Ge- nerallieutenant des Admirals von Frankreich das Commando der ganzen Flotte. In diesem Monate bewirthete mein Cnpitän mehrere vornehme Personen auf seinen: Schiffe, und ich bemerkte, daß die Schüsseln alle init Blumen umkränzt waren, welches man in Frankreich kaum im April findet. Dies bezeichnet deutlich die Wärme dieses Klimas, wo mau im Winter weder einheizt, noch Eis zu sehen bekommt. Kurz nachher hatte der große Ruyter mit der spanischen Flotte die seinige vereinigt, welche er von Holland ihr zu Hilfe geführt hatte, und war jetzt 40 Linienschiffe und 12 — 15 Galeeren stark. Er näherte sich jetzt Messina, um uns die Stirn zu bieten und uns eingeschlossen zu halten. Währenddessen setzten die vereinigten Kräfte der Spanier von der Land¬ seite der Stadt sehr hart zu und bemächtigten sich mehrerer Punkte in der Um¬ gebung. Sie hatten sogar Einverständnisse in der Stadt mit den Großen und Geistlichen, welche im Herzen auf ihrer Seite waren. Unsere Rudcrschisfe waren nach Frankreich abgefahren, um daselbst zu überwintern, und wir hatten in allem nur 30 Linienschiffe. Dies setzte unsern Vicekönig, den Herrn von Vivonne, in sehr große Verlegenheit, und er würde sich wahrscheinlich besser aus eiuer Schwelgereiangelegenheit gezogen haben, als aus dieser schwierigen Lage. Wir hatten noch eine Menge Kranker, unsre Landtruppen hatten genug zu thun, unsre Posten gegen die äußern und innern Feinde zu bewachen, denn eine Volks¬ masse von 16 000 wohlbewaffneten Männern, deren wir nicht ganz sicher waren, hielt uns so ziemlich in Furcht. Dazu waren wir gezwungen, alle Abende 2000 Mann aus den Schiffen abzugeben, die um der Sicherheit des Herrn von Vivonne willen im Bivouak am Hafen liegen mußten, und alle Schaluppen zum Wicdcr- eiuschiffeu bereit zu halten, wenn man dazu gezwungen würde. Währenddessen bot uns die feindliche Flotte oft die Stirn, um uns zum Verlassen des Hasens zu bewegen, aber wir hielten uns eingeschlossen und gedeckt. Während Wind und Wetter die feindliche Flotte ein wenig entfernt hatten, berief Herr von Vivonne die Häupter der Bürgerschaft, wohl wissend, daß sie großes Interesse daran hätten, nicht wieder unter spanische Herrschaft zu kommen. Er stellte ihnen die Nothwendigkeit vor, während der Ruhe zur See ans dem Lande die Kräfte anzustrengen. Sie erboten sich zugleich zu einem großen Ans-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/124>, abgerufen am 23.07.2024.