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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Macchmvelli als militärischer Techniker.

nur noch größere Tiefe. Nun muß der Feind im Nachfeuer eurer schweren
Geschütze die Mauertrümmer übersteigen und den breiten, tiefen Graben aus¬
füllen, und das dürfte ihm sehr schwer fallen, zumal da er von andern, noch
nicht niedergelegten Theilen der Mauer flankirt werden wird (esseuäo le aura,
smuosö o eonoavö) und er überdies alle zur Ausfüllung deö Grabens noth¬
wendigen Stoffe über die Bresche heranschleppen muß, was die größten Schwierig¬
keiten macht. Ich halte daher eine so befestigte Stadt für uneinnehmbar. Noch
fester wird sie allerdings, wenn man außer dem innern Graben mich noch einen
äußern anlegt. Will man sich aber mit einem Graben begnügen, so sage ich:
es ist besser, ihn innen als außen zu ziehen (7. Buch)."

Die Vorschläge des Herzogs von Eleve und Maechmvellis sind genau in
der Weise, wie sie gemacht wurden, wohl nirgends zur Ausführung gekommen,
obgleich sie unzweifelhaft sehr beachtenswert!) waren.

Maechmvellis Vorschläge ähneln in mancher Beziehung denjenigen, welche
Dürer zur Verstärkung vvrhnndncr alter Stadtbefestigungen macht; wahrscheinlich
hatten beide ihr Vorbild in Padua, dessen vergebliche Belagerung im Jahre 1509
durch Kaiser Maximilian so großes Aufsehen gemacht hatte; denn diese Stadt
war in einer Weise remparirt, welche der von Macchiavelli empfohlenen sehr
nahe kommt. Wie einsichtig und klardenkend übrigens Macchinvelli in Dingen
der Befestigungskunst war, lehrt sein Protokoll über die Besichtigung der For-
tificationen von Florenz durch Navarro und sein Schreiben um Guicciardini
über denselben Gegenstand (1526). Merkwürdig erscheint es, daß er bereits mit
Entschiedenheit die Forderung eines Nahongesetzes ausspricht und zwar eines
viel strengern als es irgend eine neuere Verordnung gethan hat. "Bis zu einer
Meile Entfernung von der Festung darf weder Mauerwerk aufgeführt, noch auch
das Feld bestellt werden (7. Buch)."

Alles in allem genommen erkennt man, daß Macchiavelli, der durch seine
begeisterte Verkündigung des Gedankens der allgemeinen Wehrpflicht als ein
wahrhaft prophetischer Geist und als einer der wichtigsten Denker auf dein Ge¬
biete des militärischen Verfassnngslebeus erscheint, auch das Wesen der kriegerischen
Technik in einer für seine Zeit ganz ungewöhnlichen Deutlichkeit durchschaute,
und es ist ein neuer, ich möchte sagen pshchologischer Beweis für die nahe Ver¬
wandtschaft von Kriegskunst und Staatskunst, daß der Begründer des modernen
Stantsrechts zugleich der erste moderne militärische Klassiker ist.




Macchmvelli als militärischer Techniker.

nur noch größere Tiefe. Nun muß der Feind im Nachfeuer eurer schweren
Geschütze die Mauertrümmer übersteigen und den breiten, tiefen Graben aus¬
füllen, und das dürfte ihm sehr schwer fallen, zumal da er von andern, noch
nicht niedergelegten Theilen der Mauer flankirt werden wird (esseuäo le aura,
smuosö o eonoavö) und er überdies alle zur Ausfüllung deö Grabens noth¬
wendigen Stoffe über die Bresche heranschleppen muß, was die größten Schwierig¬
keiten macht. Ich halte daher eine so befestigte Stadt für uneinnehmbar. Noch
fester wird sie allerdings, wenn man außer dem innern Graben mich noch einen
äußern anlegt. Will man sich aber mit einem Graben begnügen, so sage ich:
es ist besser, ihn innen als außen zu ziehen (7. Buch)."

Die Vorschläge des Herzogs von Eleve und Maechmvellis sind genau in
der Weise, wie sie gemacht wurden, wohl nirgends zur Ausführung gekommen,
obgleich sie unzweifelhaft sehr beachtenswert!) waren.

Maechmvellis Vorschläge ähneln in mancher Beziehung denjenigen, welche
Dürer zur Verstärkung vvrhnndncr alter Stadtbefestigungen macht; wahrscheinlich
hatten beide ihr Vorbild in Padua, dessen vergebliche Belagerung im Jahre 1509
durch Kaiser Maximilian so großes Aufsehen gemacht hatte; denn diese Stadt
war in einer Weise remparirt, welche der von Macchiavelli empfohlenen sehr
nahe kommt. Wie einsichtig und klardenkend übrigens Macchinvelli in Dingen
der Befestigungskunst war, lehrt sein Protokoll über die Besichtigung der For-
tificationen von Florenz durch Navarro und sein Schreiben um Guicciardini
über denselben Gegenstand (1526). Merkwürdig erscheint es, daß er bereits mit
Entschiedenheit die Forderung eines Nahongesetzes ausspricht und zwar eines
viel strengern als es irgend eine neuere Verordnung gethan hat. „Bis zu einer
Meile Entfernung von der Festung darf weder Mauerwerk aufgeführt, noch auch
das Feld bestellt werden (7. Buch)."

Alles in allem genommen erkennt man, daß Macchiavelli, der durch seine
begeisterte Verkündigung des Gedankens der allgemeinen Wehrpflicht als ein
wahrhaft prophetischer Geist und als einer der wichtigsten Denker auf dein Ge¬
biete des militärischen Verfassnngslebeus erscheint, auch das Wesen der kriegerischen
Technik in einer für seine Zeit ganz ungewöhnlichen Deutlichkeit durchschaute,
und es ist ein neuer, ich möchte sagen pshchologischer Beweis für die nahe Ver¬
wandtschaft von Kriegskunst und Staatskunst, daß der Begründer des modernen
Stantsrechts zugleich der erste moderne militärische Klassiker ist.




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[0566] Macchmvelli als militärischer Techniker. nur noch größere Tiefe. Nun muß der Feind im Nachfeuer eurer schweren Geschütze die Mauertrümmer übersteigen und den breiten, tiefen Graben aus¬ füllen, und das dürfte ihm sehr schwer fallen, zumal da er von andern, noch nicht niedergelegten Theilen der Mauer flankirt werden wird (esseuäo le aura, smuosö o eonoavö) und er überdies alle zur Ausfüllung deö Grabens noth¬ wendigen Stoffe über die Bresche heranschleppen muß, was die größten Schwierig¬ keiten macht. Ich halte daher eine so befestigte Stadt für uneinnehmbar. Noch fester wird sie allerdings, wenn man außer dem innern Graben mich noch einen äußern anlegt. Will man sich aber mit einem Graben begnügen, so sage ich: es ist besser, ihn innen als außen zu ziehen (7. Buch)." Die Vorschläge des Herzogs von Eleve und Maechmvellis sind genau in der Weise, wie sie gemacht wurden, wohl nirgends zur Ausführung gekommen, obgleich sie unzweifelhaft sehr beachtenswert!) waren. Maechmvellis Vorschläge ähneln in mancher Beziehung denjenigen, welche Dürer zur Verstärkung vvrhnndncr alter Stadtbefestigungen macht; wahrscheinlich hatten beide ihr Vorbild in Padua, dessen vergebliche Belagerung im Jahre 1509 durch Kaiser Maximilian so großes Aufsehen gemacht hatte; denn diese Stadt war in einer Weise remparirt, welche der von Macchiavelli empfohlenen sehr nahe kommt. Wie einsichtig und klardenkend übrigens Macchinvelli in Dingen der Befestigungskunst war, lehrt sein Protokoll über die Besichtigung der For- tificationen von Florenz durch Navarro und sein Schreiben um Guicciardini über denselben Gegenstand (1526). Merkwürdig erscheint es, daß er bereits mit Entschiedenheit die Forderung eines Nahongesetzes ausspricht und zwar eines viel strengern als es irgend eine neuere Verordnung gethan hat. „Bis zu einer Meile Entfernung von der Festung darf weder Mauerwerk aufgeführt, noch auch das Feld bestellt werden (7. Buch)." Alles in allem genommen erkennt man, daß Macchiavelli, der durch seine begeisterte Verkündigung des Gedankens der allgemeinen Wehrpflicht als ein wahrhaft prophetischer Geist und als einer der wichtigsten Denker auf dein Ge¬ biete des militärischen Verfassnngslebeus erscheint, auch das Wesen der kriegerischen Technik in einer für seine Zeit ganz ungewöhnlichen Deutlichkeit durchschaute, und es ist ein neuer, ich möchte sagen pshchologischer Beweis für die nahe Ver¬ wandtschaft von Kriegskunst und Staatskunst, daß der Begründer des modernen Stantsrechts zugleich der erste moderne militärische Klassiker ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/566>, abgerufen am 27.12.2024.