Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Die griechische Frage. europäische Situation genau ins Auge fasse und die Wahrheit erkenne, daß der In einem Cirenlarschrciben vom 2V. December wies dann Barthvlemy Am 22. December meldete Se. Ballier seiner Regierung, daß Deutschland Die griechische Frage. europäische Situation genau ins Auge fasse und die Wahrheit erkenne, daß der In einem Cirenlarschrciben vom 2V. December wies dann Barthvlemy Am 22. December meldete Se. Ballier seiner Regierung, daß Deutschland <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0554" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149538"/> <fw type="header" place="top"> Die griechische Frage.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1554" prev="#ID_1553"> europäische Situation genau ins Auge fasse und die Wahrheit erkenne, daß der<lb/> maßgebende Wunsch aller Großmächte auf Erhaltung des Friedens gerichtet sei.<lb/> Infolge dieses Wunsches würden die Mächte, welche das meiste für Griechenland<lb/> gethan hätten, sich gezwungen sehen, ihm ihre Hilfe zu verweigern, wenn es den<lb/> schweren Fehler begehen sollte, trotz Widermthens der Mächte sich in eine aben¬<lb/> teuerliche Politik zu stürzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1555"> In einem Cirenlarschrciben vom 2V. December wies dann Barthvlemy<lb/> Se. Hilaire die französischen Vertreter bei den Signatarmächtcn an, den betreffenden<lb/> Regierungen die Einsetzung eines Schiedsgerichtes zur Schlichtung des türkisch'<lb/> griechischen Grenzstreits vorzuschlagen. Fürst Bismarck nahm diesen Vorschlag<lb/> am 21. mit dein Vorbehalt an, daß Deutschland in keinem Falle an einer ma¬<lb/> teriellen Execution theilnehmen werde. Rußland ertheilte seine Zustimmung unter<lb/> der Bedingung, daß alle Signatarmächte die ihrige geben würden und Griechen¬<lb/> land sowie die Pforte versprachen, sich der Entscheidung des Gerichtes zu fügen.<lb/> Italien und England nahmen die Sache einfach an, und Oesterreich acceptirte<lb/> sie im Princip, aber unter zwei Bedingungen: 1. daß beide Parteien sich ver¬<lb/> pflichteten, sich den Consequenzen des Schiedsgerichts zu unterwerfen, 2. daß<lb/> die österreichisch-ungarische Regierung in keinem Falle verbunden wäre, zuZwangs-<lb/> maßrcgcln zu schreiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1556" next="#ID_1557"> Am 22. December meldete Se. Ballier seiner Regierung, daß Deutschland<lb/> zwar den französischen Vorschlag zu unterstützen bereit sei, daß indeß Graf Hcch-<lb/> feld kein Vertrauen ans den Erfolg desselben hege, da er von den beiden be¬<lb/> theiligten Parteien nur unter Bedingungen angenommen werden würde, welche<lb/> man nicht zugestehen könne. Am 24. wurden die Repräsentanten Deutschlands<lb/> in Konstantinopel und Athen angewiesen, durch Rathschläge zur Klugheit und<lb/> Mäßigung den Schritt zu unterstützen, welchen die Vertreter Frankreichs durch<lb/> Empfehlung der Niedersetzuug eines Schiedsgerichts zum Austrag des schwebenden<lb/> Streits an jenen beiden Stellen zu thun im Begriffe standen. Unterm 10. Ja¬<lb/> nuar 1881 erklärte sich der französische Minister des Auswärtigen geneigt, an<lb/> einer europäischen Pression theilzunehmen, welche auf die griechische Regierung<lb/> in Gestalt einer Colleetivnote auszuüben wäre, welche aber den officiösen Cha¬<lb/> rakter bewähren müßte, den Frankreich durch die Natur des Schicdsgcrichtsvor-<lb/> schlags an sich den beiden streitenden Parteien gegenüber beizubehalten genöthigt<lb/> sei. Alle Mächte schlössen sich dieser Anschauung an, und der Vorschlag des<lb/> Schiedsgerichts sollte eben in Konstantinopel und Athen gethan werden, als die<lb/> Pforte am 15. Januar ein Rundschreiben ergehen ließ, welches den Zusammen¬<lb/> tritt einer Conferenz in Konstantinopel anregte, und zwei Tage nachher erklärte,<lb/> daß sie ans ein Schiedsgericht uicht eingehen könnte. Griechenland rüstete unter-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0554]
Die griechische Frage.
europäische Situation genau ins Auge fasse und die Wahrheit erkenne, daß der
maßgebende Wunsch aller Großmächte auf Erhaltung des Friedens gerichtet sei.
Infolge dieses Wunsches würden die Mächte, welche das meiste für Griechenland
gethan hätten, sich gezwungen sehen, ihm ihre Hilfe zu verweigern, wenn es den
schweren Fehler begehen sollte, trotz Widermthens der Mächte sich in eine aben¬
teuerliche Politik zu stürzen.
In einem Cirenlarschrciben vom 2V. December wies dann Barthvlemy
Se. Hilaire die französischen Vertreter bei den Signatarmächtcn an, den betreffenden
Regierungen die Einsetzung eines Schiedsgerichtes zur Schlichtung des türkisch'
griechischen Grenzstreits vorzuschlagen. Fürst Bismarck nahm diesen Vorschlag
am 21. mit dein Vorbehalt an, daß Deutschland in keinem Falle an einer ma¬
teriellen Execution theilnehmen werde. Rußland ertheilte seine Zustimmung unter
der Bedingung, daß alle Signatarmächte die ihrige geben würden und Griechen¬
land sowie die Pforte versprachen, sich der Entscheidung des Gerichtes zu fügen.
Italien und England nahmen die Sache einfach an, und Oesterreich acceptirte
sie im Princip, aber unter zwei Bedingungen: 1. daß beide Parteien sich ver¬
pflichteten, sich den Consequenzen des Schiedsgerichts zu unterwerfen, 2. daß
die österreichisch-ungarische Regierung in keinem Falle verbunden wäre, zuZwangs-
maßrcgcln zu schreiten.
Am 22. December meldete Se. Ballier seiner Regierung, daß Deutschland
zwar den französischen Vorschlag zu unterstützen bereit sei, daß indeß Graf Hcch-
feld kein Vertrauen ans den Erfolg desselben hege, da er von den beiden be¬
theiligten Parteien nur unter Bedingungen angenommen werden würde, welche
man nicht zugestehen könne. Am 24. wurden die Repräsentanten Deutschlands
in Konstantinopel und Athen angewiesen, durch Rathschläge zur Klugheit und
Mäßigung den Schritt zu unterstützen, welchen die Vertreter Frankreichs durch
Empfehlung der Niedersetzuug eines Schiedsgerichts zum Austrag des schwebenden
Streits an jenen beiden Stellen zu thun im Begriffe standen. Unterm 10. Ja¬
nuar 1881 erklärte sich der französische Minister des Auswärtigen geneigt, an
einer europäischen Pression theilzunehmen, welche auf die griechische Regierung
in Gestalt einer Colleetivnote auszuüben wäre, welche aber den officiösen Cha¬
rakter bewähren müßte, den Frankreich durch die Natur des Schicdsgcrichtsvor-
schlags an sich den beiden streitenden Parteien gegenüber beizubehalten genöthigt
sei. Alle Mächte schlössen sich dieser Anschauung an, und der Vorschlag des
Schiedsgerichts sollte eben in Konstantinopel und Athen gethan werden, als die
Pforte am 15. Januar ein Rundschreiben ergehen ließ, welches den Zusammen¬
tritt einer Conferenz in Konstantinopel anregte, und zwei Tage nachher erklärte,
daß sie ans ein Schiedsgericht uicht eingehen könnte. Griechenland rüstete unter-
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