Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Altenglische Dramatiker. werth.*) Die auf fünf Dramatiker und fünf Dramen beschränkte Auswahl ist Die erste Generation der phantasievvllen und heißblütigen Poeten, welche *) Altenglisches Theater, Herausgegeben von Robert Prölß. Leipzig, Biblio¬
graphische-, Institut. Altenglische Dramatiker. werth.*) Die auf fünf Dramatiker und fünf Dramen beschränkte Auswahl ist Die erste Generation der phantasievvllen und heißblütigen Poeten, welche *) Altenglisches Theater, Herausgegeben von Robert Prölß. Leipzig, Biblio¬
graphische-, Institut. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0516" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149500"/> <fw type="header" place="top"> Altenglische Dramatiker.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1445" prev="#ID_1444"> werth.*) Die auf fünf Dramatiker und fünf Dramen beschränkte Auswahl ist<lb/> insofern von reichster Mannigfaltigkeit, als sie das ganze Halbjahrhundert der<lb/> dramatischen Blüthezeit Englands repräsentirt, die verschiednen Richtungen der<lb/> Production wenigstens andeutet und neben dem historische» Interesse (welches<lb/> ausschließlich wohl nur bei der Wiedergabe von Kyds „Spanischer Tragödie" ob¬<lb/> gewaltet hat) anch das ästhetische gebührend berücksichtigt. Die außer der „Spa¬<lb/> nischen Tragödie" mitgetheilten Dramen „Eduard der Zweite" von Chr. Marlowe,<lb/> „Der weiße Teufel" (Vittoria Corombona) von Webster, „Perkin Warbek" von<lb/> John Fort, „Der Großherzog von Florenz" von PH. Massinger gehören, jedes<lb/> in seiner Art, zu den vortrefflichsten der altenglische» Bühne, und namentlich<lb/> die beiden letztern erscheinen geeignet, die Täuschung wachzurufen, daß sie selbst<lb/> auf unserm Theater und auf unser Publieum eine Wirkung hervorzurufen ver¬<lb/> möchten. Die Übertragung verdient nicht minderes Lob als die Auswahl; die<lb/> der „Spanischen Tragödie" rührt von Dr. Richard Koppel, die der andern vier<lb/> Dramen vom Herausgeber des Buches her. Auf die Sinntreue ist mit Recht<lb/> größeres Gewicht gelegt als auf die Worttreue, es ist in diesen Verdeutschungen<lb/> poetischer Zug und eine frisch realistische, schlagende Ausdrucksweise, die dem<lb/> Wesen dieser Dramatiker entspricht. Mit großer Sorgfalt und ruhiger, kritischer<lb/> Erwägung erscheint in den Einleitungen alles zusammengestellt, was mit Sicher¬<lb/> heit über Leben und Schaffen der vorgeführten Dramatiker zu ermitteln war.<lb/> Der Totaleindruck bleibt freilich der, daß unsre Kenntniß des Lebens dieser inter¬<lb/> essanten Bühnendichter sich nicht über dürftige Notizen hinaus erstreckt und daß<lb/> sich die innere Natur dieser Männer aus ihren Dichtungen nur bis zu einem<lb/> gewissen Grade erschließen läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1446"> Die erste Generation der phantasievvllen und heißblütigen Poeten, welche<lb/> sich an die Londoner Bühnen anschlössen und ein ureigenthümliches, in Lebensfülle<lb/> strotzendes Drama erschufen, die Gruppe, welche man mit einem gewissen Recht<lb/> als Vorläufer Shakespeares bezeichnen kann, wenn sie auch zum guten Theil uoch<lb/> mit und neben Shakespeare schufen, umfaßte bekanntlich außer Khd lind Chr. Mar¬<lb/> lowe die Dichter Robert Greene, George Pocke und Thomas Lodge; auch Henry<lb/> Chettle und Thomas Nass dürfe» ihr hinzugerechnet werden. Die Thätigkeit<lb/> aller fällt in die achtziger und neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts, und wie<lb/> früh sich ihnen auch Shakespeare hinzugesellt haben mag, unzweifelhaft ist es,<lb/> daß er cuifänglich Anregungen von ihnen empfing und daß er sie mit seinem<lb/> poetischen Schaffen etwa erst von der Mitte der neunziger Jahre an zu über¬<lb/> ragen begann.</p><lb/> <note xml:id="FID_87" place="foot"> *) Altenglisches Theater, Herausgegeben von Robert Prölß. Leipzig, Biblio¬<lb/> graphische-, Institut.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0516]
Altenglische Dramatiker.
werth.*) Die auf fünf Dramatiker und fünf Dramen beschränkte Auswahl ist
insofern von reichster Mannigfaltigkeit, als sie das ganze Halbjahrhundert der
dramatischen Blüthezeit Englands repräsentirt, die verschiednen Richtungen der
Production wenigstens andeutet und neben dem historische» Interesse (welches
ausschließlich wohl nur bei der Wiedergabe von Kyds „Spanischer Tragödie" ob¬
gewaltet hat) anch das ästhetische gebührend berücksichtigt. Die außer der „Spa¬
nischen Tragödie" mitgetheilten Dramen „Eduard der Zweite" von Chr. Marlowe,
„Der weiße Teufel" (Vittoria Corombona) von Webster, „Perkin Warbek" von
John Fort, „Der Großherzog von Florenz" von PH. Massinger gehören, jedes
in seiner Art, zu den vortrefflichsten der altenglische» Bühne, und namentlich
die beiden letztern erscheinen geeignet, die Täuschung wachzurufen, daß sie selbst
auf unserm Theater und auf unser Publieum eine Wirkung hervorzurufen ver¬
möchten. Die Übertragung verdient nicht minderes Lob als die Auswahl; die
der „Spanischen Tragödie" rührt von Dr. Richard Koppel, die der andern vier
Dramen vom Herausgeber des Buches her. Auf die Sinntreue ist mit Recht
größeres Gewicht gelegt als auf die Worttreue, es ist in diesen Verdeutschungen
poetischer Zug und eine frisch realistische, schlagende Ausdrucksweise, die dem
Wesen dieser Dramatiker entspricht. Mit großer Sorgfalt und ruhiger, kritischer
Erwägung erscheint in den Einleitungen alles zusammengestellt, was mit Sicher¬
heit über Leben und Schaffen der vorgeführten Dramatiker zu ermitteln war.
Der Totaleindruck bleibt freilich der, daß unsre Kenntniß des Lebens dieser inter¬
essanten Bühnendichter sich nicht über dürftige Notizen hinaus erstreckt und daß
sich die innere Natur dieser Männer aus ihren Dichtungen nur bis zu einem
gewissen Grade erschließen läßt.
Die erste Generation der phantasievvllen und heißblütigen Poeten, welche
sich an die Londoner Bühnen anschlössen und ein ureigenthümliches, in Lebensfülle
strotzendes Drama erschufen, die Gruppe, welche man mit einem gewissen Recht
als Vorläufer Shakespeares bezeichnen kann, wenn sie auch zum guten Theil uoch
mit und neben Shakespeare schufen, umfaßte bekanntlich außer Khd lind Chr. Mar¬
lowe die Dichter Robert Greene, George Pocke und Thomas Lodge; auch Henry
Chettle und Thomas Nass dürfe» ihr hinzugerechnet werden. Die Thätigkeit
aller fällt in die achtziger und neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts, und wie
früh sich ihnen auch Shakespeare hinzugesellt haben mag, unzweifelhaft ist es,
daß er cuifänglich Anregungen von ihnen empfing und daß er sie mit seinem
poetischen Schaffen etwa erst von der Mitte der neunziger Jahre an zu über¬
ragen begann.
*) Altenglisches Theater, Herausgegeben von Robert Prölß. Leipzig, Biblio¬
graphische-, Institut.
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