Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Düsseldorfer Schule.

Hiller zusammen. Während die Dichter der Romantik angehörten, pflegten die
Componisten und ausübenden Tonkünstler vorzugsweise die lyrische Stimmung,
und dieser lyrisch-romantische Zug ist auch sür die Erstlingswerke der Düssel¬
dorfer Maler, die sich willig dem Einflüsse der verwandten Kunst Hingaben,
charakteristisch. Als Immermann dann von 1833--1837 die Leitung des Düssel¬
dorfer Theaters übernahm und Mendelssohn unter ihm die Oper dirigirte, durfte
sich die Stadt eines Musterinstituts rühmen, wie es nur wenige andre Städte
Deutschlands aufweisen konnten. Auch das Theater übte seinen erziehenden und
bildenden Einfluß auf die jungen Maler. Während sich einerseits aus seiner
Einwirkung das für die damalige Zeit höchst anerkennenswerthe Streben nach
Costttm- und Farbenrealität erklären läßt, wird man andrerseits auf sie den
theatralischen Zug der Düsseldorfer Historienmalerei, die Vorliebe sür effectvollc
Posen nach Art der lebenden Bilder der Bühne zurückzuführen haben. Dem
persönlichen Einfluß Immermanns zu Gunsten der Romantik kam die ganze Zeit¬
strömung in vollen Fluchen entgegen, und so erwuchs in Düsseldorf aus der
romantischen Poesie eine romantische Malerei, welche Ritter und Räuber, Zigeuner
und Schmuggler, Mönche und Nonnen, Elfen und Nixen mit der gleichen leiden¬
schaftlichen Liebe umfing.*) Auch locale Einflüsse mögen auf diese Richtung der
Düsseldorfer Malerei eingewirkt haben. Kann man sich einen schönern Rahmen
für diese Schöpfungen einer romantischen Phantasie denken als die sagenberühmtcn
Ufer des Rheins? Noch heute, wo die Düsseldorfer Maler längst andern Idealen
gefolgt sind, hat sich jener romantische Zug in ihren Festen erhalten, in welche
die verschollne Welt der Ritter und Edeldamen, der Elfen und Nixen gern in
mondscheinhellen Sommernächten unter den uralten Baumriesen des Jakobischen
Gartens heraufbeschworen wird.

Schon in der ersten Zeit bot sich der jungen Schule ein größrer monu¬
mentaler Auftrag dar. Durch Schcidvw veranlaßt, hatte der Graf von Spec
beschlossen, einen Cyklus von Gemälden aus dem Leben Friedrich Barbarossas,
welchen Stürmer, der schon genannte Schüler von Cornelius, in einem Saale
des Schlosses Hektors bei Düsseldorf begonnen hatte, durch Schadows Schüler
vollenden zu lassen. Lessing und Mücke wurde diese Arbeit zugewendet. Der
erstre führte das Bild "Friedrich in der Schlacht bei Ikonium" aus und ver¬
diente damit seine ersten Lorbeeren als Historienmaler. Für das zweite der ihm



*) Den Zusammenhang der romantischen Poesie mit der gleichzeitigen Malerei zu schildern,
wäre für unsre Literarhistoriker eine lohnende und interessante Aufgabe. Der einzige, der,
wenn auch nur andeutungsweise, die Kunst in den Bereich seiner literargcschichtlichen Dar¬
stellung gezogen hat, ist Julian Schmidt. Im dritten Bande seiner "Geschichte der deutschen
Literatur seit Lessings Tod" gedenkt er auch S. 139 mit einige" Worten der Düsseldorfer,
deren Hauptrichtungen er kurz chamkterisirt.
Die Düsseldorfer Schule.

Hiller zusammen. Während die Dichter der Romantik angehörten, pflegten die
Componisten und ausübenden Tonkünstler vorzugsweise die lyrische Stimmung,
und dieser lyrisch-romantische Zug ist auch sür die Erstlingswerke der Düssel¬
dorfer Maler, die sich willig dem Einflüsse der verwandten Kunst Hingaben,
charakteristisch. Als Immermann dann von 1833—1837 die Leitung des Düssel¬
dorfer Theaters übernahm und Mendelssohn unter ihm die Oper dirigirte, durfte
sich die Stadt eines Musterinstituts rühmen, wie es nur wenige andre Städte
Deutschlands aufweisen konnten. Auch das Theater übte seinen erziehenden und
bildenden Einfluß auf die jungen Maler. Während sich einerseits aus seiner
Einwirkung das für die damalige Zeit höchst anerkennenswerthe Streben nach
Costttm- und Farbenrealität erklären läßt, wird man andrerseits auf sie den
theatralischen Zug der Düsseldorfer Historienmalerei, die Vorliebe sür effectvollc
Posen nach Art der lebenden Bilder der Bühne zurückzuführen haben. Dem
persönlichen Einfluß Immermanns zu Gunsten der Romantik kam die ganze Zeit¬
strömung in vollen Fluchen entgegen, und so erwuchs in Düsseldorf aus der
romantischen Poesie eine romantische Malerei, welche Ritter und Räuber, Zigeuner
und Schmuggler, Mönche und Nonnen, Elfen und Nixen mit der gleichen leiden¬
schaftlichen Liebe umfing.*) Auch locale Einflüsse mögen auf diese Richtung der
Düsseldorfer Malerei eingewirkt haben. Kann man sich einen schönern Rahmen
für diese Schöpfungen einer romantischen Phantasie denken als die sagenberühmtcn
Ufer des Rheins? Noch heute, wo die Düsseldorfer Maler längst andern Idealen
gefolgt sind, hat sich jener romantische Zug in ihren Festen erhalten, in welche
die verschollne Welt der Ritter und Edeldamen, der Elfen und Nixen gern in
mondscheinhellen Sommernächten unter den uralten Baumriesen des Jakobischen
Gartens heraufbeschworen wird.

Schon in der ersten Zeit bot sich der jungen Schule ein größrer monu¬
mentaler Auftrag dar. Durch Schcidvw veranlaßt, hatte der Graf von Spec
beschlossen, einen Cyklus von Gemälden aus dem Leben Friedrich Barbarossas,
welchen Stürmer, der schon genannte Schüler von Cornelius, in einem Saale
des Schlosses Hektors bei Düsseldorf begonnen hatte, durch Schadows Schüler
vollenden zu lassen. Lessing und Mücke wurde diese Arbeit zugewendet. Der
erstre führte das Bild „Friedrich in der Schlacht bei Ikonium" aus und ver¬
diente damit seine ersten Lorbeeren als Historienmaler. Für das zweite der ihm



*) Den Zusammenhang der romantischen Poesie mit der gleichzeitigen Malerei zu schildern,
wäre für unsre Literarhistoriker eine lohnende und interessante Aufgabe. Der einzige, der,
wenn auch nur andeutungsweise, die Kunst in den Bereich seiner literargcschichtlichen Dar¬
stellung gezogen hat, ist Julian Schmidt. Im dritten Bande seiner „Geschichte der deutschen
Literatur seit Lessings Tod" gedenkt er auch S. 139 mit einige» Worten der Düsseldorfer,
deren Hauptrichtungen er kurz chamkterisirt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149486"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Düsseldorfer Schule.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1411" prev="#ID_1410"> Hiller zusammen. Während die Dichter der Romantik angehörten, pflegten die<lb/>
Componisten und ausübenden Tonkünstler vorzugsweise die lyrische Stimmung,<lb/>
und dieser lyrisch-romantische Zug ist auch sür die Erstlingswerke der Düssel¬<lb/>
dorfer Maler, die sich willig dem Einflüsse der verwandten Kunst Hingaben,<lb/>
charakteristisch. Als Immermann dann von 1833&#x2014;1837 die Leitung des Düssel¬<lb/>
dorfer Theaters übernahm und Mendelssohn unter ihm die Oper dirigirte, durfte<lb/>
sich die Stadt eines Musterinstituts rühmen, wie es nur wenige andre Städte<lb/>
Deutschlands aufweisen konnten. Auch das Theater übte seinen erziehenden und<lb/>
bildenden Einfluß auf die jungen Maler. Während sich einerseits aus seiner<lb/>
Einwirkung das für die damalige Zeit höchst anerkennenswerthe Streben nach<lb/>
Costttm- und Farbenrealität erklären läßt, wird man andrerseits auf sie den<lb/>
theatralischen Zug der Düsseldorfer Historienmalerei, die Vorliebe sür effectvollc<lb/>
Posen nach Art der lebenden Bilder der Bühne zurückzuführen haben. Dem<lb/>
persönlichen Einfluß Immermanns zu Gunsten der Romantik kam die ganze Zeit¬<lb/>
strömung in vollen Fluchen entgegen, und so erwuchs in Düsseldorf aus der<lb/>
romantischen Poesie eine romantische Malerei, welche Ritter und Räuber, Zigeuner<lb/>
und Schmuggler, Mönche und Nonnen, Elfen und Nixen mit der gleichen leiden¬<lb/>
schaftlichen Liebe umfing.*) Auch locale Einflüsse mögen auf diese Richtung der<lb/>
Düsseldorfer Malerei eingewirkt haben. Kann man sich einen schönern Rahmen<lb/>
für diese Schöpfungen einer romantischen Phantasie denken als die sagenberühmtcn<lb/>
Ufer des Rheins? Noch heute, wo die Düsseldorfer Maler längst andern Idealen<lb/>
gefolgt sind, hat sich jener romantische Zug in ihren Festen erhalten, in welche<lb/>
die verschollne Welt der Ritter und Edeldamen, der Elfen und Nixen gern in<lb/>
mondscheinhellen Sommernächten unter den uralten Baumriesen des Jakobischen<lb/>
Gartens heraufbeschworen wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1412" next="#ID_1413"> Schon in der ersten Zeit bot sich der jungen Schule ein größrer monu¬<lb/>
mentaler Auftrag dar. Durch Schcidvw veranlaßt, hatte der Graf von Spec<lb/>
beschlossen, einen Cyklus von Gemälden aus dem Leben Friedrich Barbarossas,<lb/>
welchen Stürmer, der schon genannte Schüler von Cornelius, in einem Saale<lb/>
des Schlosses Hektors bei Düsseldorf begonnen hatte, durch Schadows Schüler<lb/>
vollenden zu lassen. Lessing und Mücke wurde diese Arbeit zugewendet. Der<lb/>
erstre führte das Bild &#x201E;Friedrich in der Schlacht bei Ikonium" aus und ver¬<lb/>
diente damit seine ersten Lorbeeren als Historienmaler. Für das zweite der ihm</p><lb/>
          <note xml:id="FID_85" place="foot"> *) Den Zusammenhang der romantischen Poesie mit der gleichzeitigen Malerei zu schildern,<lb/>
wäre für unsre Literarhistoriker eine lohnende und interessante Aufgabe. Der einzige, der,<lb/>
wenn auch nur andeutungsweise, die Kunst in den Bereich seiner literargcschichtlichen Dar¬<lb/>
stellung gezogen hat, ist Julian Schmidt. Im dritten Bande seiner &#x201E;Geschichte der deutschen<lb/>
Literatur seit Lessings Tod" gedenkt er auch S. 139 mit einige» Worten der Düsseldorfer,<lb/>
deren Hauptrichtungen er kurz chamkterisirt.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0502] Die Düsseldorfer Schule. Hiller zusammen. Während die Dichter der Romantik angehörten, pflegten die Componisten und ausübenden Tonkünstler vorzugsweise die lyrische Stimmung, und dieser lyrisch-romantische Zug ist auch sür die Erstlingswerke der Düssel¬ dorfer Maler, die sich willig dem Einflüsse der verwandten Kunst Hingaben, charakteristisch. Als Immermann dann von 1833—1837 die Leitung des Düssel¬ dorfer Theaters übernahm und Mendelssohn unter ihm die Oper dirigirte, durfte sich die Stadt eines Musterinstituts rühmen, wie es nur wenige andre Städte Deutschlands aufweisen konnten. Auch das Theater übte seinen erziehenden und bildenden Einfluß auf die jungen Maler. Während sich einerseits aus seiner Einwirkung das für die damalige Zeit höchst anerkennenswerthe Streben nach Costttm- und Farbenrealität erklären läßt, wird man andrerseits auf sie den theatralischen Zug der Düsseldorfer Historienmalerei, die Vorliebe sür effectvollc Posen nach Art der lebenden Bilder der Bühne zurückzuführen haben. Dem persönlichen Einfluß Immermanns zu Gunsten der Romantik kam die ganze Zeit¬ strömung in vollen Fluchen entgegen, und so erwuchs in Düsseldorf aus der romantischen Poesie eine romantische Malerei, welche Ritter und Räuber, Zigeuner und Schmuggler, Mönche und Nonnen, Elfen und Nixen mit der gleichen leiden¬ schaftlichen Liebe umfing.*) Auch locale Einflüsse mögen auf diese Richtung der Düsseldorfer Malerei eingewirkt haben. Kann man sich einen schönern Rahmen für diese Schöpfungen einer romantischen Phantasie denken als die sagenberühmtcn Ufer des Rheins? Noch heute, wo die Düsseldorfer Maler längst andern Idealen gefolgt sind, hat sich jener romantische Zug in ihren Festen erhalten, in welche die verschollne Welt der Ritter und Edeldamen, der Elfen und Nixen gern in mondscheinhellen Sommernächten unter den uralten Baumriesen des Jakobischen Gartens heraufbeschworen wird. Schon in der ersten Zeit bot sich der jungen Schule ein größrer monu¬ mentaler Auftrag dar. Durch Schcidvw veranlaßt, hatte der Graf von Spec beschlossen, einen Cyklus von Gemälden aus dem Leben Friedrich Barbarossas, welchen Stürmer, der schon genannte Schüler von Cornelius, in einem Saale des Schlosses Hektors bei Düsseldorf begonnen hatte, durch Schadows Schüler vollenden zu lassen. Lessing und Mücke wurde diese Arbeit zugewendet. Der erstre führte das Bild „Friedrich in der Schlacht bei Ikonium" aus und ver¬ diente damit seine ersten Lorbeeren als Historienmaler. Für das zweite der ihm *) Den Zusammenhang der romantischen Poesie mit der gleichzeitigen Malerei zu schildern, wäre für unsre Literarhistoriker eine lohnende und interessante Aufgabe. Der einzige, der, wenn auch nur andeutungsweise, die Kunst in den Bereich seiner literargcschichtlichen Dar¬ stellung gezogen hat, ist Julian Schmidt. Im dritten Bande seiner „Geschichte der deutschen Literatur seit Lessings Tod" gedenkt er auch S. 139 mit einige» Worten der Düsseldorfer, deren Hauptrichtungen er kurz chamkterisirt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/502
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/502>, abgerufen am 28.12.2024.