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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Die Düsseldorfer Schule,

Altcnsteius Antwort auf Cornelius' Eingabe ist ein Meisterwerk des diplo¬
matischen Stils und vielsagender Zurückhaltung. Als durchschlagend erkennt der
Minister die durch die Kränklichkeit der Frau Cornelius gebotene Rücksicht an.
Er genehmigt das Gesuch und verbindet damit den Ausdruck seines herzlichsten
Bedauerns, ihn von einer Wirksamkeit scheiden zu sehen, in welcher er bisher
mit so ausgezeichnetem Erfolge thätig gewesen (d, h, von drei Jahren etwa fünf¬
undzwanzig Monate). Nach dieser von den Pflichten der Höflichkeit dictirten
Einleitung folgt aber der hinkende Bote. Was Cornelius' Vorschläge betreffe,
so habe er, der Minister, ihm nach eingeholter königlicher Entschließung folgendes
mitzutheilen. "Da Seine Majestät sich nicht dafür haben erklären wollen, daß
bei der dortigen Kunstschule nach Ihrem Abgange die Malerei s.1 rrWvo als
Hauptstudium betrieben werde, und da aus diesem Grunde der Maler Julius
Schmorr nicht näher berücksichtigt, mir vielmehr aufgetragen ist, bei der Wahl eines
neuen Directors nur die allgemeine so in Betracht zu ziehen, daß die Rücksicht ans
die ^l lröseo-Malerei als untergeordnet berücksichtigt werde, so wird die voll¬
ständige Ausführung Ihrer Vorschläge nicht einzuleiten sein." Em Ende bittet
der Minister den Scheidenden, seine Meinung auch darüber äußern zu wollen,
welchem Berliner oder einheimischen Künstler er wohl zutraue, daß er neben
der Oelmalerei das Studium der Malerei tresoo am zweckmäßigsten in
seinem (Cornelius) Sinne fortführen möchte.

Größere Deutlichkeit kann man von einem amtlichen Actenstücke nicht ver¬
langen. Es ist die Tradition der preußischen Regierung, einem Staatsdiener,
der seine Entlassung fordert, dieselbe unter den Ausdrücken höchster Anerkennung
zu genehmigen, aber sich von dem seiner Stellung enthobenen keine Maßregeln
vorschreiben zu lassen. Cornelius scheint das auch mit richtigem Tact heraus¬
gefühlt zu haben und hat deshalb dieses Schreiben nicht beantwortet. Er mochte
wissen, daß der Minister schon den richtigen Mann in xstto hatte und daß es
nur eine höfliche Wendung war, wenn Cornelius zu einer weitern Meinungs¬
äußerung aufgefordert wurde.

Mit richtigem Jnstinct hatte die Regierung erkannt, daß die Einseitigkeit,
mit welcher Cornelius die Freskomalerei betrieb, nicht mit den Zwecken einer
Akademie vereinbar sei. Im Gegensatze zu der bisherigen Richtung wollte man
nun die Oelmalerei gepflegt wissen. Deutlicher noch als das Ministerialreseript
spreche,: die Thatsachen, welche Cornelius' Abgange (Anfang Juni) folgten.
Förster berichtet darüber folgendes: "Mit der Schule geriethen auch sogleich
die ihr ausgegebnen Kunstunternehmungen ins Stocken. Reichsfreiherr von Stein,
der erste, der ihr entgegengekommen, war der erste, der sich nun zurückzog;
Baron von Plessen folgte; Graf Spec mußte wenigstens eine Unterbrechung


Die Düsseldorfer Schule,

Altcnsteius Antwort auf Cornelius' Eingabe ist ein Meisterwerk des diplo¬
matischen Stils und vielsagender Zurückhaltung. Als durchschlagend erkennt der
Minister die durch die Kränklichkeit der Frau Cornelius gebotene Rücksicht an.
Er genehmigt das Gesuch und verbindet damit den Ausdruck seines herzlichsten
Bedauerns, ihn von einer Wirksamkeit scheiden zu sehen, in welcher er bisher
mit so ausgezeichnetem Erfolge thätig gewesen (d, h, von drei Jahren etwa fünf¬
undzwanzig Monate). Nach dieser von den Pflichten der Höflichkeit dictirten
Einleitung folgt aber der hinkende Bote. Was Cornelius' Vorschläge betreffe,
so habe er, der Minister, ihm nach eingeholter königlicher Entschließung folgendes
mitzutheilen. „Da Seine Majestät sich nicht dafür haben erklären wollen, daß
bei der dortigen Kunstschule nach Ihrem Abgange die Malerei s.1 rrWvo als
Hauptstudium betrieben werde, und da aus diesem Grunde der Maler Julius
Schmorr nicht näher berücksichtigt, mir vielmehr aufgetragen ist, bei der Wahl eines
neuen Directors nur die allgemeine so in Betracht zu ziehen, daß die Rücksicht ans
die ^l lröseo-Malerei als untergeordnet berücksichtigt werde, so wird die voll¬
ständige Ausführung Ihrer Vorschläge nicht einzuleiten sein." Em Ende bittet
der Minister den Scheidenden, seine Meinung auch darüber äußern zu wollen,
welchem Berliner oder einheimischen Künstler er wohl zutraue, daß er neben
der Oelmalerei das Studium der Malerei tresoo am zweckmäßigsten in
seinem (Cornelius) Sinne fortführen möchte.

Größere Deutlichkeit kann man von einem amtlichen Actenstücke nicht ver¬
langen. Es ist die Tradition der preußischen Regierung, einem Staatsdiener,
der seine Entlassung fordert, dieselbe unter den Ausdrücken höchster Anerkennung
zu genehmigen, aber sich von dem seiner Stellung enthobenen keine Maßregeln
vorschreiben zu lassen. Cornelius scheint das auch mit richtigem Tact heraus¬
gefühlt zu haben und hat deshalb dieses Schreiben nicht beantwortet. Er mochte
wissen, daß der Minister schon den richtigen Mann in xstto hatte und daß es
nur eine höfliche Wendung war, wenn Cornelius zu einer weitern Meinungs¬
äußerung aufgefordert wurde.

Mit richtigem Jnstinct hatte die Regierung erkannt, daß die Einseitigkeit,
mit welcher Cornelius die Freskomalerei betrieb, nicht mit den Zwecken einer
Akademie vereinbar sei. Im Gegensatze zu der bisherigen Richtung wollte man
nun die Oelmalerei gepflegt wissen. Deutlicher noch als das Ministerialreseript
spreche,: die Thatsachen, welche Cornelius' Abgange (Anfang Juni) folgten.
Förster berichtet darüber folgendes: „Mit der Schule geriethen auch sogleich
die ihr ausgegebnen Kunstunternehmungen ins Stocken. Reichsfreiherr von Stein,
der erste, der ihr entgegengekommen, war der erste, der sich nun zurückzog;
Baron von Plessen folgte; Graf Spec mußte wenigstens eine Unterbrechung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/498>, abgerufen am 29.12.2024.