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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Ans den Erinnerungen eines dänischen Staatsmannes,

Im Sommer 1807 trat die verhängnisvolle Katastrophe ein, die Rists Ab¬
berufung zur Folge hatte. Eine Spannung zwischen England und Dänemark
bestand, wie schon obenerwähnt, seit langer Zeit, Sie wurde stärker und stärker,
bis sie sich in offnen Feindseligkeiten löste. Den Anfang derselben bildete der
bekannte Raubzug Englands, der Dänemark seine Flotte kostete. Ohne daß eine
Kriegserklärung erfolgt war, ohne daß Rist etwas ahnen konnte, erschien eine
englische Flotte im Sund und verlangte die Auslieferung der dänischen Flotte,
"weil die englische Regierung davon unterrichtet sei, daß die dänische Flotte
Frankreich überlassen werden solle, um gegen England gebraucht zu werden,"
Als Dänemark sich weigerte, landeten die englischen Truppen und bombardirten
drei Tage Kopenhagen. Eine Kapitulation, nach welcher die dänische Flotte den
Engländern übergeben und die Citadelle Fredrikshafen von englischen Truppen
sechs Wochen besetzt bleiben sollte, suspendirte für kurze Zeit den Kampf, der
dann in einen offnen Krieg überging.

Unter so schmerzlichen Erfahrungen kehrte Rist aufs tiefste erschüttert nach
Kopenhagen zurück.

Bis hierher führt uns der erste Band seiner Memoiren. Von kaum ge¬
ringerm Interesse aber ist der zweite. Hat jener den Vorzug, eine bunte Reihe
von anziehenden Bildern aus dem Leben Nord- und Südeuropas uns vor Angen
zu führen und den Entwicklungsgang eines selten harmonisch angelegten und reich
begabten jungen Mannes zu zeichnen, so fesselt uns der zweite Band, indem er
uns einen werthvollen Beitrag zur Geschichte der französischen Invasion und des
Befreiungskrieges liefert. Der größte Theil dieses Bandes ist den Verhältnissen
Hamburgs unter französischer Herrschaft und der kurzen Unterbrechung derselben
durch die Besetzung Tettenborns gewidmet. . Als dänischer Generalconsul war
Rist in der Lage, mit den leitenden Persönlichkeiten in stetem Zusammen-
hange zu bleiben, auch thätig in deu Lauf der Dinge einzugreifen. Ein hohes
Interesse gewährt anch der letzte Theil der Schrift. Zur Regelung finanzieller
Fragen war Rist 1814 als dünischer Commissär nach Paris geschickt worden
und blieb dort bis zur Rückkehr Napolens. Das Bild, welches er uns von den
Zuständen und bestimmenden Persönlichkeiten in Paris entwirft, ist reich an
treffenden Charakteristiken und zeigt uns anschaulich die Ursachen, welche den
schnellen Sturz des restaurirten Thrones bei dem Nahen des Imperators her¬
beiführten.

Es würde uns zu weit führen, den Verlauf der Ereignisse hier zu vergegen¬
wärtigen, welche der Verfasser vom Standpunkt des dänischen Diplomaten, des
deutschen Patrioten und des warmen Freundes der Stadt Hamburg in klarer
Beleuchtung darstellt; wir beschränken uns darauf, die hervorragenden Persönlich-


Ans den Erinnerungen eines dänischen Staatsmannes,

Im Sommer 1807 trat die verhängnisvolle Katastrophe ein, die Rists Ab¬
berufung zur Folge hatte. Eine Spannung zwischen England und Dänemark
bestand, wie schon obenerwähnt, seit langer Zeit, Sie wurde stärker und stärker,
bis sie sich in offnen Feindseligkeiten löste. Den Anfang derselben bildete der
bekannte Raubzug Englands, der Dänemark seine Flotte kostete. Ohne daß eine
Kriegserklärung erfolgt war, ohne daß Rist etwas ahnen konnte, erschien eine
englische Flotte im Sund und verlangte die Auslieferung der dänischen Flotte,
„weil die englische Regierung davon unterrichtet sei, daß die dänische Flotte
Frankreich überlassen werden solle, um gegen England gebraucht zu werden,"
Als Dänemark sich weigerte, landeten die englischen Truppen und bombardirten
drei Tage Kopenhagen. Eine Kapitulation, nach welcher die dänische Flotte den
Engländern übergeben und die Citadelle Fredrikshafen von englischen Truppen
sechs Wochen besetzt bleiben sollte, suspendirte für kurze Zeit den Kampf, der
dann in einen offnen Krieg überging.

Unter so schmerzlichen Erfahrungen kehrte Rist aufs tiefste erschüttert nach
Kopenhagen zurück.

Bis hierher führt uns der erste Band seiner Memoiren. Von kaum ge¬
ringerm Interesse aber ist der zweite. Hat jener den Vorzug, eine bunte Reihe
von anziehenden Bildern aus dem Leben Nord- und Südeuropas uns vor Angen
zu führen und den Entwicklungsgang eines selten harmonisch angelegten und reich
begabten jungen Mannes zu zeichnen, so fesselt uns der zweite Band, indem er
uns einen werthvollen Beitrag zur Geschichte der französischen Invasion und des
Befreiungskrieges liefert. Der größte Theil dieses Bandes ist den Verhältnissen
Hamburgs unter französischer Herrschaft und der kurzen Unterbrechung derselben
durch die Besetzung Tettenborns gewidmet. . Als dänischer Generalconsul war
Rist in der Lage, mit den leitenden Persönlichkeiten in stetem Zusammen-
hange zu bleiben, auch thätig in deu Lauf der Dinge einzugreifen. Ein hohes
Interesse gewährt anch der letzte Theil der Schrift. Zur Regelung finanzieller
Fragen war Rist 1814 als dünischer Commissär nach Paris geschickt worden
und blieb dort bis zur Rückkehr Napolens. Das Bild, welches er uns von den
Zuständen und bestimmenden Persönlichkeiten in Paris entwirft, ist reich an
treffenden Charakteristiken und zeigt uns anschaulich die Ursachen, welche den
schnellen Sturz des restaurirten Thrones bei dem Nahen des Imperators her¬
beiführten.

Es würde uns zu weit führen, den Verlauf der Ereignisse hier zu vergegen¬
wärtigen, welche der Verfasser vom Standpunkt des dänischen Diplomaten, des
deutschen Patrioten und des warmen Freundes der Stadt Hamburg in klarer
Beleuchtung darstellt; wir beschränken uns darauf, die hervorragenden Persönlich-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/475>, abgerufen am 29.12.2024.