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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Nehmen Sie an nusernl Merkur Antheil, und bringen Sie alsdann den Musen
und Grazien Opfer, ohne das Bosheit ihre Galle drauf speyt. -- Gott! was gäb
ich nicht drum wenn ich noch das Glück genießen sollte, mit Ihnen in den Mauern
meiner Vaterstadt zu wohnen! Und wie glücklich würde" Sie Wieland und seine
Familie dadurch machen! Seine vortreffliche Mutter, glaub ich, lebte noch eins so
lange; denn mit einer Extnse der Empfindung hat sie mir heut gesagt, daß sie Sie
wie einen Apostel Gottes verehrt. Faßer Sie Ihren Entschluß ja uicht zu schnell,
liebster Gleim, und denken Sie immer, daß wenn auch nur ein kleines Häuflein
glider Menschen in Weimar wäre, diese Alle gewiß Ihnen angehören.

Was das Leben unsre? seel. Michaelis betrifft, so kann ich Ihnen sagen, daß
er nicht in den Merkur kommen soll, da es Ihr vortrefflicher Freund Petrcirch-
Schmidt herausgeben will. Ein andres wär es, wenn diese Ausgabe nicht zum
Beseelt der armen Aeltern geschähe; dann wär ich selbst der Meynung man kann
die Leben unsrer Dichter unsren dummen Deutschen nicht genug schreiben und
drucken, aber bey diesem Falle könnte es doch der guten Absicht schaden. Ich will
deswegen an Herrn Prof. Schmidt in Gießen schreiben, ihm die Gründe sagen,
warum wir von seiner Biographie nicht Gebrauch machen können und ihn zugleich
bitten selbst keinen Gebrauch davon zu machen. Welch ein Herz müßte er habe",
wenn er es nicht that! Wenigstens verlaßen Sie sich darauf, daß Ihr Wille in
Ansehung der Sie betreffenden Stellen -- ohngenchtet der Ihnen und Ihren Ver¬
diensten nur die strengste Gerechtigkeit hat wiederfahren laßen -- geschehe" soll;
ich glaube ich habe einige Macht über ihn.

Unser glider Knebel grüßt Sie tausendmal, bester Mann; nicht minder unser
vortreffliches Frl. Suinieinaun die Kleine. Wie lieb hat Sie diese nicht.

Unser Wieland läßt mich rufen, und mir sagen, daß er seinen Brief an Sie
schon auf die Post habe. Leben Sie Wohl mein theurer Gleim.

Empfehlen Sie mich doch Gleminden und Ihrem vortrefflichen Freunde Klmnmer-
Schniidt. Ich liebe und schätze ihn hoch.

Diesen Brief liebster Glenn dürfen keine als Ihre Augen sehen, ich habe
Ihnen Alles im engsten Bertrnnen gesagt.


5. Vertuch an Gleim. Weimar, den 2l. November 1774.

Wüßten Sie wie sehr Sie mich mit Ihrem letzten Briefe erschreckt und traurig
gemacht haben böser, lieber Gleim, dauren würd' es Ihnen. Ein harter, uner-
bittlicher Manu sind Sie, daß Sie sich nicht entschließen können oder wollen, Weimar
zu dem Winkel der Welt zu machen, wo Sie leben wollen. Lieber Gott! thät's
mir nur nicht so weh', gern mantle ich ein bißgell darüber mit Ihnen. Gern
sagt' ich Ihm" in'S Ohr,'daß Sie ein bißgen Hypochonder wären, und daß Sie
"meer andre Menschen müßten, andere Menschen lind Scenen haben müßten, die
Ihnen alles Vorige vergeße" machten, an sich wieder zu heilen; und daß Sie dieß
in Weimar finden könnten. Bester Mann wie könnten Sie hier nicht leben, sobald
Sie nur privatisiren wollten; Sie könnten Verbindung mit Dem Hofe haben oder
nicht, Gesellschaft haben oder nicht, in der Stadt, oder, nahe der Stadt, ans dem
Lande wohnen, Wielande" Wöchelitl. ein, zwey, dreymal, oder mich nicht, sehen,
'"ich, das qntherzigste Geschöpf unter der Sonne, und dos Sie gewiß wie sein
Blut liebt, haben, wenn Sie wollte"; Ihre andern Freunde lind Freundinnen, deren
Sie sich gewiß noch manche hier machen werden, ungerechnet; und dann schnitten
Sie alle Fäden, durch die Sie jetzt noch unbequem mit der Welt zusammenhängen,


Nehmen Sie an nusernl Merkur Antheil, und bringen Sie alsdann den Musen
und Grazien Opfer, ohne das Bosheit ihre Galle drauf speyt. — Gott! was gäb
ich nicht drum wenn ich noch das Glück genießen sollte, mit Ihnen in den Mauern
meiner Vaterstadt zu wohnen! Und wie glücklich würde» Sie Wieland und seine
Familie dadurch machen! Seine vortreffliche Mutter, glaub ich, lebte noch eins so
lange; denn mit einer Extnse der Empfindung hat sie mir heut gesagt, daß sie Sie
wie einen Apostel Gottes verehrt. Faßer Sie Ihren Entschluß ja uicht zu schnell,
liebster Gleim, und denken Sie immer, daß wenn auch nur ein kleines Häuflein
glider Menschen in Weimar wäre, diese Alle gewiß Ihnen angehören.

Was das Leben unsre? seel. Michaelis betrifft, so kann ich Ihnen sagen, daß
er nicht in den Merkur kommen soll, da es Ihr vortrefflicher Freund Petrcirch-
Schmidt herausgeben will. Ein andres wär es, wenn diese Ausgabe nicht zum
Beseelt der armen Aeltern geschähe; dann wär ich selbst der Meynung man kann
die Leben unsrer Dichter unsren dummen Deutschen nicht genug schreiben und
drucken, aber bey diesem Falle könnte es doch der guten Absicht schaden. Ich will
deswegen an Herrn Prof. Schmidt in Gießen schreiben, ihm die Gründe sagen,
warum wir von seiner Biographie nicht Gebrauch machen können und ihn zugleich
bitten selbst keinen Gebrauch davon zu machen. Welch ein Herz müßte er habe»,
wenn er es nicht that! Wenigstens verlaßen Sie sich darauf, daß Ihr Wille in
Ansehung der Sie betreffenden Stellen — ohngenchtet der Ihnen und Ihren Ver¬
diensten nur die strengste Gerechtigkeit hat wiederfahren laßen — geschehe» soll;
ich glaube ich habe einige Macht über ihn.

Unser glider Knebel grüßt Sie tausendmal, bester Mann; nicht minder unser
vortreffliches Frl. Suinieinaun die Kleine. Wie lieb hat Sie diese nicht.

Unser Wieland läßt mich rufen, und mir sagen, daß er seinen Brief an Sie
schon auf die Post habe. Leben Sie Wohl mein theurer Gleim.

Empfehlen Sie mich doch Gleminden und Ihrem vortrefflichen Freunde Klmnmer-
Schniidt. Ich liebe und schätze ihn hoch.

Diesen Brief liebster Glenn dürfen keine als Ihre Augen sehen, ich habe
Ihnen Alles im engsten Bertrnnen gesagt.


5. Vertuch an Gleim. Weimar, den 2l. November 1774.

Wüßten Sie wie sehr Sie mich mit Ihrem letzten Briefe erschreckt und traurig
gemacht haben böser, lieber Gleim, dauren würd' es Ihnen. Ein harter, uner-
bittlicher Manu sind Sie, daß Sie sich nicht entschließen können oder wollen, Weimar
zu dem Winkel der Welt zu machen, wo Sie leben wollen. Lieber Gott! thät's
mir nur nicht so weh', gern mantle ich ein bißgell darüber mit Ihnen. Gern
sagt' ich Ihm» in'S Ohr,'daß Sie ein bißgen Hypochonder wären, und daß Sie
»meer andre Menschen müßten, andere Menschen lind Scenen haben müßten, die
Ihnen alles Vorige vergeße» machten, an sich wieder zu heilen; und daß Sie dieß
in Weimar finden könnten. Bester Mann wie könnten Sie hier nicht leben, sobald
Sie nur privatisiren wollten; Sie könnten Verbindung mit Dem Hofe haben oder
nicht, Gesellschaft haben oder nicht, in der Stadt, oder, nahe der Stadt, ans dem
Lande wohnen, Wielande» Wöchelitl. ein, zwey, dreymal, oder mich nicht, sehen,
'»ich, das qntherzigste Geschöpf unter der Sonne, und dos Sie gewiß wie sein
Blut liebt, haben, wenn Sie wollte»; Ihre andern Freunde lind Freundinnen, deren
Sie sich gewiß noch manche hier machen werden, ungerechnet; und dann schnitten
Sie alle Fäden, durch die Sie jetzt noch unbequem mit der Welt zusammenhängen,


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[0451] Nehmen Sie an nusernl Merkur Antheil, und bringen Sie alsdann den Musen und Grazien Opfer, ohne das Bosheit ihre Galle drauf speyt. — Gott! was gäb ich nicht drum wenn ich noch das Glück genießen sollte, mit Ihnen in den Mauern meiner Vaterstadt zu wohnen! Und wie glücklich würde» Sie Wieland und seine Familie dadurch machen! Seine vortreffliche Mutter, glaub ich, lebte noch eins so lange; denn mit einer Extnse der Empfindung hat sie mir heut gesagt, daß sie Sie wie einen Apostel Gottes verehrt. Faßer Sie Ihren Entschluß ja uicht zu schnell, liebster Gleim, und denken Sie immer, daß wenn auch nur ein kleines Häuflein glider Menschen in Weimar wäre, diese Alle gewiß Ihnen angehören. Was das Leben unsre? seel. Michaelis betrifft, so kann ich Ihnen sagen, daß er nicht in den Merkur kommen soll, da es Ihr vortrefflicher Freund Petrcirch- Schmidt herausgeben will. Ein andres wär es, wenn diese Ausgabe nicht zum Beseelt der armen Aeltern geschähe; dann wär ich selbst der Meynung man kann die Leben unsrer Dichter unsren dummen Deutschen nicht genug schreiben und drucken, aber bey diesem Falle könnte es doch der guten Absicht schaden. Ich will deswegen an Herrn Prof. Schmidt in Gießen schreiben, ihm die Gründe sagen, warum wir von seiner Biographie nicht Gebrauch machen können und ihn zugleich bitten selbst keinen Gebrauch davon zu machen. Welch ein Herz müßte er habe», wenn er es nicht that! Wenigstens verlaßen Sie sich darauf, daß Ihr Wille in Ansehung der Sie betreffenden Stellen — ohngenchtet der Ihnen und Ihren Ver¬ diensten nur die strengste Gerechtigkeit hat wiederfahren laßen — geschehe» soll; ich glaube ich habe einige Macht über ihn. Unser glider Knebel grüßt Sie tausendmal, bester Mann; nicht minder unser vortreffliches Frl. Suinieinaun die Kleine. Wie lieb hat Sie diese nicht. Unser Wieland läßt mich rufen, und mir sagen, daß er seinen Brief an Sie schon auf die Post habe. Leben Sie Wohl mein theurer Gleim. Empfehlen Sie mich doch Gleminden und Ihrem vortrefflichen Freunde Klmnmer- Schniidt. Ich liebe und schätze ihn hoch. Diesen Brief liebster Glenn dürfen keine als Ihre Augen sehen, ich habe Ihnen Alles im engsten Bertrnnen gesagt. 5. Vertuch an Gleim. Weimar, den 2l. November 1774. Wüßten Sie wie sehr Sie mich mit Ihrem letzten Briefe erschreckt und traurig gemacht haben böser, lieber Gleim, dauren würd' es Ihnen. Ein harter, uner- bittlicher Manu sind Sie, daß Sie sich nicht entschließen können oder wollen, Weimar zu dem Winkel der Welt zu machen, wo Sie leben wollen. Lieber Gott! thät's mir nur nicht so weh', gern mantle ich ein bißgell darüber mit Ihnen. Gern sagt' ich Ihm» in'S Ohr,'daß Sie ein bißgen Hypochonder wären, und daß Sie »meer andre Menschen müßten, andere Menschen lind Scenen haben müßten, die Ihnen alles Vorige vergeße» machten, an sich wieder zu heilen; und daß Sie dieß in Weimar finden könnten. Bester Mann wie könnten Sie hier nicht leben, sobald Sie nur privatisiren wollten; Sie könnten Verbindung mit Dem Hofe haben oder nicht, Gesellschaft haben oder nicht, in der Stadt, oder, nahe der Stadt, ans dem Lande wohnen, Wielande» Wöchelitl. ein, zwey, dreymal, oder mich nicht, sehen, '»ich, das qntherzigste Geschöpf unter der Sonne, und dos Sie gewiß wie sein Blut liebt, haben, wenn Sie wollte»; Ihre andern Freunde lind Freundinnen, deren Sie sich gewiß noch manche hier machen werden, ungerechnet; und dann schnitten Sie alle Fäden, durch die Sie jetzt noch unbequem mit der Welt zusammenhängen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/451>, abgerufen am 27.12.2024.