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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Bertuchs Briefe an Gleim.

wenige Verhandlungen, ohne Erfolg. Doch wurde "ach Gleims Tode eine
rechtmäßige Gesammtausgabe seiner Werke durch seinen Neffen Körte ver¬
anstaltet.

Ein ungleich bedeutenderes Interesse aber als diejenigen Stellen, welche sich
in dem nachfolgenden Briefwechsel auf Gleim und Bertuch beziehen, nehmen die¬
jenigen in Anspruch, in denen Bertuch über Wieland berichtet. Zwar ergänzen
sie in Bezug auf Wielands Besuche bei Gleim nur Wielands eigne Correspondenz
mit Gleim.*) Aber in Bezug auf den Sturz des Grafen Görtz sprechen sie
das aus, was Wieland kaum anzudeuten wagt. Sie enthalten die erste nähere
Nachricht über diesen für die Geschichte Carl Augusts so wichtigen Vorfall, ohne
den vielleicht ebensowohl Wieland als die Herzogin Anna Amalia den Hof zu
Weimar verlassen haben würde.

In den Denkwürdigkeiten des Grafen Görtz aus dessen hinterlassnen Pa¬
pieren**) ist bloß gesagt, daß die Herzogin ihn drei Monate vor dem Regierungs¬
antritte des Erbprinzen als Leiter seiner Erziehung entlassen habe, was für
Görtz höchst unerwartet und schmerzlich gewesen sei. Auch Wegele weiß bloß,
daß Görtz bald überflüssig geworden. Wegele***) und Wuchers-) sagen in ihren
Schriften über Carl August fast gleichlautend, daß sie sich nur weniger hand¬
schriftlichen Quellen zu erfreuen gehabt hätten, aber gerade über den Abschied
von Görtz scheinen sie beiden ganz gefehlt zu haben. Johann Gustav Droysen als
Verfasser einer Schrift über Carl August wußte nichts über die Entlassung des
Grafen Görtz. Er erinnert sich auch jetzt nicht, wie er mir gütigst mittheilt, in
preußischen Acten, die den Fürstenbund betreffen, etwas darüber gefunden zu haben.
Schotts Carl August-Büchlein fängt mit der Beziehung zu Goethe an und ent¬
hält gleichfalls gar nichts über den Grasen. Erst der Freiherr Carl von Becmlien-
Marconnay verbreitete Licht über die Angelegenheit, und dieses wird durch die
seinem Bucheff) in keiner Beziehung widersprechenden Briefe von Bertuch an Gleim
noch Heller. Die Resultate aus dem Nachlasse Fritschs, welchen Beaulieu mitge¬
theilt hat, und die aus den Briefen Bertuchs, die hier abgedruckt werden sollen,
sind nun mit einander verbunden folgende.

Die Erziehung Carl Augusts während der Regentschaft war dem Grafen
Görtz und Wieland, der dem Grafen Dank schuldig war, übergeben. Beide hielten







*) Vgl. H. Pröhle: Lessing, Wieland, Heinse. S. 234-237.
Zwei Bände, Stuttgart, Cotta, 1827. I. S. 12 und 14.
***) Leipzig, 18S0. Man vergleiche besonders S. 21.
f) Leipzig, Dyk. S. besonders I. (1861), S. 4 und 8.
ff) Anna Amalia, Carl August und der Minister von Fritsch. Weimar, Bostan, 1874.
Vgl. besonders S. 88-100.
Bertuchs Briefe an Gleim.

wenige Verhandlungen, ohne Erfolg. Doch wurde »ach Gleims Tode eine
rechtmäßige Gesammtausgabe seiner Werke durch seinen Neffen Körte ver¬
anstaltet.

Ein ungleich bedeutenderes Interesse aber als diejenigen Stellen, welche sich
in dem nachfolgenden Briefwechsel auf Gleim und Bertuch beziehen, nehmen die¬
jenigen in Anspruch, in denen Bertuch über Wieland berichtet. Zwar ergänzen
sie in Bezug auf Wielands Besuche bei Gleim nur Wielands eigne Correspondenz
mit Gleim.*) Aber in Bezug auf den Sturz des Grafen Görtz sprechen sie
das aus, was Wieland kaum anzudeuten wagt. Sie enthalten die erste nähere
Nachricht über diesen für die Geschichte Carl Augusts so wichtigen Vorfall, ohne
den vielleicht ebensowohl Wieland als die Herzogin Anna Amalia den Hof zu
Weimar verlassen haben würde.

In den Denkwürdigkeiten des Grafen Görtz aus dessen hinterlassnen Pa¬
pieren**) ist bloß gesagt, daß die Herzogin ihn drei Monate vor dem Regierungs¬
antritte des Erbprinzen als Leiter seiner Erziehung entlassen habe, was für
Görtz höchst unerwartet und schmerzlich gewesen sei. Auch Wegele weiß bloß,
daß Görtz bald überflüssig geworden. Wegele***) und Wuchers-) sagen in ihren
Schriften über Carl August fast gleichlautend, daß sie sich nur weniger hand¬
schriftlichen Quellen zu erfreuen gehabt hätten, aber gerade über den Abschied
von Görtz scheinen sie beiden ganz gefehlt zu haben. Johann Gustav Droysen als
Verfasser einer Schrift über Carl August wußte nichts über die Entlassung des
Grafen Görtz. Er erinnert sich auch jetzt nicht, wie er mir gütigst mittheilt, in
preußischen Acten, die den Fürstenbund betreffen, etwas darüber gefunden zu haben.
Schotts Carl August-Büchlein fängt mit der Beziehung zu Goethe an und ent¬
hält gleichfalls gar nichts über den Grasen. Erst der Freiherr Carl von Becmlien-
Marconnay verbreitete Licht über die Angelegenheit, und dieses wird durch die
seinem Bucheff) in keiner Beziehung widersprechenden Briefe von Bertuch an Gleim
noch Heller. Die Resultate aus dem Nachlasse Fritschs, welchen Beaulieu mitge¬
theilt hat, und die aus den Briefen Bertuchs, die hier abgedruckt werden sollen,
sind nun mit einander verbunden folgende.

Die Erziehung Carl Augusts während der Regentschaft war dem Grafen
Görtz und Wieland, der dem Grafen Dank schuldig war, übergeben. Beide hielten







*) Vgl. H. Pröhle: Lessing, Wieland, Heinse. S. 234-237.
Zwei Bände, Stuttgart, Cotta, 1827. I. S. 12 und 14.
***) Leipzig, 18S0. Man vergleiche besonders S. 21.
f) Leipzig, Dyk. S. besonders I. (1861), S. 4 und 8.
ff) Anna Amalia, Carl August und der Minister von Fritsch. Weimar, Bostan, 1874.
Vgl. besonders S. 88-100.
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[0441] Bertuchs Briefe an Gleim. wenige Verhandlungen, ohne Erfolg. Doch wurde »ach Gleims Tode eine rechtmäßige Gesammtausgabe seiner Werke durch seinen Neffen Körte ver¬ anstaltet. Ein ungleich bedeutenderes Interesse aber als diejenigen Stellen, welche sich in dem nachfolgenden Briefwechsel auf Gleim und Bertuch beziehen, nehmen die¬ jenigen in Anspruch, in denen Bertuch über Wieland berichtet. Zwar ergänzen sie in Bezug auf Wielands Besuche bei Gleim nur Wielands eigne Correspondenz mit Gleim.*) Aber in Bezug auf den Sturz des Grafen Görtz sprechen sie das aus, was Wieland kaum anzudeuten wagt. Sie enthalten die erste nähere Nachricht über diesen für die Geschichte Carl Augusts so wichtigen Vorfall, ohne den vielleicht ebensowohl Wieland als die Herzogin Anna Amalia den Hof zu Weimar verlassen haben würde. In den Denkwürdigkeiten des Grafen Görtz aus dessen hinterlassnen Pa¬ pieren**) ist bloß gesagt, daß die Herzogin ihn drei Monate vor dem Regierungs¬ antritte des Erbprinzen als Leiter seiner Erziehung entlassen habe, was für Görtz höchst unerwartet und schmerzlich gewesen sei. Auch Wegele weiß bloß, daß Görtz bald überflüssig geworden. Wegele***) und Wuchers-) sagen in ihren Schriften über Carl August fast gleichlautend, daß sie sich nur weniger hand¬ schriftlichen Quellen zu erfreuen gehabt hätten, aber gerade über den Abschied von Görtz scheinen sie beiden ganz gefehlt zu haben. Johann Gustav Droysen als Verfasser einer Schrift über Carl August wußte nichts über die Entlassung des Grafen Görtz. Er erinnert sich auch jetzt nicht, wie er mir gütigst mittheilt, in preußischen Acten, die den Fürstenbund betreffen, etwas darüber gefunden zu haben. Schotts Carl August-Büchlein fängt mit der Beziehung zu Goethe an und ent¬ hält gleichfalls gar nichts über den Grasen. Erst der Freiherr Carl von Becmlien- Marconnay verbreitete Licht über die Angelegenheit, und dieses wird durch die seinem Bucheff) in keiner Beziehung widersprechenden Briefe von Bertuch an Gleim noch Heller. Die Resultate aus dem Nachlasse Fritschs, welchen Beaulieu mitge¬ theilt hat, und die aus den Briefen Bertuchs, die hier abgedruckt werden sollen, sind nun mit einander verbunden folgende. Die Erziehung Carl Augusts während der Regentschaft war dem Grafen Görtz und Wieland, der dem Grafen Dank schuldig war, übergeben. Beide hielten *) Vgl. H. Pröhle: Lessing, Wieland, Heinse. S. 234-237. Zwei Bände, Stuttgart, Cotta, 1827. I. S. 12 und 14. ***) Leipzig, 18S0. Man vergleiche besonders S. 21. f) Leipzig, Dyk. S. besonders I. (1861), S. 4 und 8. ff) Anna Amalia, Carl August und der Minister von Fritsch. Weimar, Bostan, 1874. Vgl. besonders S. 88-100.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/441>, abgerufen am 29.12.2024.