Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Das Herrenhaus.

le dreitägig Debatte über den Steuererlaß, welche in voriger Woche
im Herreuhnuse spielte, und bei welcher die vom Minister a, D.
Cmuphauscu angestiftete und geführte Opposition zuletzt unterlag,
nachdem sie ihren Chef vom Reichskanzler unsanft aus dem Sattel
hatte heben sehen hat die Augen des Publicums wieder eimnnl
auf das Haus der preußischen Lords gelenkt, deren Verhandlungen sonst keines¬
wegs mit besondern, Interesse verfolgt werden. Dies giebt uus Gelegenheit,
einen Blick auf Wesen und Charakter dieser Körperschaft zu werfen und anzu¬
deuten, was unsers Erachtens an der Zusammensetzung derselben und an ihrer
Behandlung durch die Regierung anders zu wünschen wäre.



Der Verfasser dies"? Aussatzes hat aus das, woran der Fürst Herrn Camphausen bei
dieser Gelegenheit erinnerte, schon im Mai 1877 hingewiesen. Er sagte damals in dem Grenz-
boten-Artikel "Andere Frictionen," außer der Hofopposition gebe es noch anderes, was
den Fürsten verstinnne, seine Kraft aufreibe und so Lernnlnssnng zu seinem Verlangen nach
Entlassung aus seinen Aemtern geworden sei, "ut fuhr dann fort! "Wir greifen heute davon
diejenige Friction heraus, die in dem Verhalten gewisser Kräfte, welche unmittelbar unter
ihm -- richtiger neben ihm -- thätig sind, zu gewissen bedeutungsvollen Neformwnnschen
liegt, welche die Gedanken des Fürsten erfüllen, mit deren Verwirklichung es aber nicht
vorwärts will. Mit andern Worten: der Reichskanzler vermißte, als er seinen Abschied
nachsuchte, namentlich bei dein einen seiner College" die erforderliche Zustimmung und Unter¬
stützung zur Ausführung von Maßregeln nuf dem Gebiete der Zoll- und Handelspolitik und
des Steuerwcscns, die er für unerläßlich hält, und die bisher nicht in Angriff genommen
werden konnten.....Er wünscht die angedeuteten Reformen, denkt aber nicht daran, seine
Wünsche selbst in Pläne umzugestalten und als Gesetzentwürfe der Boltsvertretuug zu unter¬
breiten. Er erwartet, daß seine Collegen das übernehmen, er hat ihnen diese Erwartung
nnsgesproche", und daß der Versuch, sie zu solcher Initiative zu veranlasse", erfolglos ge-
Grenzboten I. l88l. 49


Das Herrenhaus.

le dreitägig Debatte über den Steuererlaß, welche in voriger Woche
im Herreuhnuse spielte, und bei welcher die vom Minister a, D.
Cmuphauscu angestiftete und geführte Opposition zuletzt unterlag,
nachdem sie ihren Chef vom Reichskanzler unsanft aus dem Sattel
hatte heben sehen hat die Augen des Publicums wieder eimnnl
auf das Haus der preußischen Lords gelenkt, deren Verhandlungen sonst keines¬
wegs mit besondern, Interesse verfolgt werden. Dies giebt uus Gelegenheit,
einen Blick auf Wesen und Charakter dieser Körperschaft zu werfen und anzu¬
deuten, was unsers Erachtens an der Zusammensetzung derselben und an ihrer
Behandlung durch die Regierung anders zu wünschen wäre.



Der Verfasser dies»? Aussatzes hat aus das, woran der Fürst Herrn Camphausen bei
dieser Gelegenheit erinnerte, schon im Mai 1877 hingewiesen. Er sagte damals in dem Grenz-
boten-Artikel „Andere Frictionen," außer der Hofopposition gebe es noch anderes, was
den Fürsten verstinnne, seine Kraft aufreibe und so Lernnlnssnng zu seinem Verlangen nach
Entlassung aus seinen Aemtern geworden sei, »ut fuhr dann fort! „Wir greifen heute davon
diejenige Friction heraus, die in dem Verhalten gewisser Kräfte, welche unmittelbar unter
ihm — richtiger neben ihm — thätig sind, zu gewissen bedeutungsvollen Neformwnnschen
liegt, welche die Gedanken des Fürsten erfüllen, mit deren Verwirklichung es aber nicht
vorwärts will. Mit andern Worten: der Reichskanzler vermißte, als er seinen Abschied
nachsuchte, namentlich bei dein einen seiner College» die erforderliche Zustimmung und Unter¬
stützung zur Ausführung von Maßregeln nuf dem Gebiete der Zoll- und Handelspolitik und
des Steuerwcscns, die er für unerläßlich hält, und die bisher nicht in Angriff genommen
werden konnten.....Er wünscht die angedeuteten Reformen, denkt aber nicht daran, seine
Wünsche selbst in Pläne umzugestalten und als Gesetzentwürfe der Boltsvertretuug zu unter¬
breiten. Er erwartet, daß seine Collegen das übernehmen, er hat ihnen diese Erwartung
nnsgesproche», und daß der Versuch, sie zu solcher Initiative zu veranlasse», erfolglos ge-
Grenzboten I. l88l. 49
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149357"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341833_157697/figures/grenzboten_341833_157697_149357_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das Herrenhaus.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1022"> le dreitägig Debatte über den Steuererlaß, welche in voriger Woche<lb/>
im Herreuhnuse spielte, und bei welcher die vom Minister a, D.<lb/>
Cmuphauscu angestiftete und geführte Opposition zuletzt unterlag,<lb/>
nachdem sie ihren Chef vom Reichskanzler unsanft aus dem Sattel<lb/>
hatte heben sehen hat die Augen des Publicums wieder eimnnl<lb/>
auf das Haus der preußischen Lords gelenkt, deren Verhandlungen sonst keines¬<lb/>
wegs mit besondern, Interesse verfolgt werden. Dies giebt uus Gelegenheit,<lb/>
einen Blick auf Wesen und Charakter dieser Körperschaft zu werfen und anzu¬<lb/>
deuten, was unsers Erachtens an der Zusammensetzung derselben und an ihrer<lb/>
Behandlung durch die Regierung anders zu wünschen wäre.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_54" place="foot" next="#FID_55"> Der Verfasser dies»? Aussatzes hat aus das, woran der Fürst Herrn Camphausen bei<lb/>
dieser Gelegenheit erinnerte, schon im Mai 1877 hingewiesen. Er sagte damals in dem Grenz-<lb/>
boten-Artikel &#x201E;Andere Frictionen," außer der Hofopposition gebe es noch anderes, was<lb/>
den Fürsten verstinnne, seine Kraft aufreibe und so Lernnlnssnng zu seinem Verlangen nach<lb/>
Entlassung aus seinen Aemtern geworden sei, »ut fuhr dann fort! &#x201E;Wir greifen heute davon<lb/>
diejenige Friction heraus, die in dem Verhalten gewisser Kräfte, welche unmittelbar unter<lb/>
ihm &#x2014; richtiger neben ihm &#x2014; thätig sind, zu gewissen bedeutungsvollen Neformwnnschen<lb/>
liegt, welche die Gedanken des Fürsten erfüllen, mit deren Verwirklichung es aber nicht<lb/>
vorwärts will. Mit andern Worten: der Reichskanzler vermißte, als er seinen Abschied<lb/>
nachsuchte, namentlich bei dein einen seiner College» die erforderliche Zustimmung und Unter¬<lb/>
stützung zur Ausführung von Maßregeln nuf dem Gebiete der Zoll- und Handelspolitik und<lb/>
des Steuerwcscns, die er für unerläßlich hält, und die bisher nicht in Angriff genommen<lb/>
werden konnten.....Er wünscht die angedeuteten Reformen, denkt aber nicht daran, seine<lb/>
Wünsche selbst in Pläne umzugestalten und als Gesetzentwürfe der Boltsvertretuug zu unter¬<lb/>
breiten. Er erwartet, daß seine Collegen das übernehmen, er hat ihnen diese Erwartung<lb/>
nnsgesproche», und daß der Versuch, sie zu solcher Initiative zu veranlasse», erfolglos ge-</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. l88l. 49</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0373] [Abbildung] Das Herrenhaus. le dreitägig Debatte über den Steuererlaß, welche in voriger Woche im Herreuhnuse spielte, und bei welcher die vom Minister a, D. Cmuphauscu angestiftete und geführte Opposition zuletzt unterlag, nachdem sie ihren Chef vom Reichskanzler unsanft aus dem Sattel hatte heben sehen hat die Augen des Publicums wieder eimnnl auf das Haus der preußischen Lords gelenkt, deren Verhandlungen sonst keines¬ wegs mit besondern, Interesse verfolgt werden. Dies giebt uus Gelegenheit, einen Blick auf Wesen und Charakter dieser Körperschaft zu werfen und anzu¬ deuten, was unsers Erachtens an der Zusammensetzung derselben und an ihrer Behandlung durch die Regierung anders zu wünschen wäre. Der Verfasser dies»? Aussatzes hat aus das, woran der Fürst Herrn Camphausen bei dieser Gelegenheit erinnerte, schon im Mai 1877 hingewiesen. Er sagte damals in dem Grenz- boten-Artikel „Andere Frictionen," außer der Hofopposition gebe es noch anderes, was den Fürsten verstinnne, seine Kraft aufreibe und so Lernnlnssnng zu seinem Verlangen nach Entlassung aus seinen Aemtern geworden sei, »ut fuhr dann fort! „Wir greifen heute davon diejenige Friction heraus, die in dem Verhalten gewisser Kräfte, welche unmittelbar unter ihm — richtiger neben ihm — thätig sind, zu gewissen bedeutungsvollen Neformwnnschen liegt, welche die Gedanken des Fürsten erfüllen, mit deren Verwirklichung es aber nicht vorwärts will. Mit andern Worten: der Reichskanzler vermißte, als er seinen Abschied nachsuchte, namentlich bei dein einen seiner College» die erforderliche Zustimmung und Unter¬ stützung zur Ausführung von Maßregeln nuf dem Gebiete der Zoll- und Handelspolitik und des Steuerwcscns, die er für unerläßlich hält, und die bisher nicht in Angriff genommen werden konnten.....Er wünscht die angedeuteten Reformen, denkt aber nicht daran, seine Wünsche selbst in Pläne umzugestalten und als Gesetzentwürfe der Boltsvertretuug zu unter¬ breiten. Er erwartet, daß seine Collegen das übernehmen, er hat ihnen diese Erwartung nnsgesproche», und daß der Versuch, sie zu solcher Initiative zu veranlasse», erfolglos ge- Grenzboten I. l88l. 49

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/373
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/373>, abgerufen am 27.12.2024.