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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Der Parlamentarismus in England,

Vier Arten von Material enthielt, wurde dem Publicum zu billigem Preise
verkauft.

Die Genossenschaft zeigte im Sammeln von Nachrichten einen außerordentlichen
Unternehmungsgeist, und während der Kriege, welche der französischen Revolution
folgten, veranlaßte sie, daß ihre Depeschen vom Festlande sie so frühzeitig erreichten,
daß sie im Stande war, der damaligen Regierung damit zuvorzukommen, In
andern Ländern würde das Schauspiel, daß eine Regierung durch den Unterneh¬
mungsgeist von Privatleuten in den Schatten gestellt wurde, als Senudal erschienen
sein; aber dein Engländer gefiel der Gedanke, soviel Wissen, als in den Händen
eines Staatsmiuisters war, kaufen und in seine vier Pfähle mitnehmen zu können,
und er freute sich über den Erfolg seiner Landsleute bei ihren: Wettlaufe mit der
Regierung, Von dieser Zeit an gewann das Blatt Kraft, Es wurde zum ersten
Journale der Welt, und als dies eingetreten war, beschleunigte die bloße That¬
sache, daß eS das erste war, seinen Aufschwung; denn einfach deshalb, weil es als
das gelesenste aller Blätter anerkannt war, wurde es der Schlüssel, mit welchem
eifrige Leute ausgingen, um in dem Irrgarten der geschäftigen Welt das Verloren¬
gegangene und Unbekannte und alles, was sie selbst nicht erreichen konnten, zu
suchen. Der Prinz, der Anspruch auf ein Königreich erhob, der Bediente, der
eine Stelle haben wollte, die Mutter, welche ihren Sohn verloren hatte, sie alle
wendeten sich hierher; hierher eilte die Thorheit und hatte eine heilsame Ausein¬
andersetzung mit der Klugheit, hierher ging berechtigter Verdruß, hierher gingen
auch Haß und Bosheit, Und dieses Zuströmen war nicht vergeblich; denn ent¬
weder machten betrübte und zornerfüllte Leute hier die Erfahrung, daß die Welt
auf ihren Klageruf nicht hören wollte, was eine gute Disciplin war, oder sie ge¬
wannen einen Auslaß für ihre Leidenschaften und brachten alle ihre Theorien auf
den Prüfstein, indem sie eine ganze Nation, ja die civilisirte Welt, ausriefen, auf¬
zuhorchen und Zeuge zu sein. Ueber dieses ganze Gedränge von Rechtsuchenden
saßen unbekannte Männer zu Gericht, und es wurde ihnen, gewaltsam vielleicht,
aber niemals in bestochner Weise, eine rauhe Art von Gerechtigkeit zu Theil, Der
Name, den orientalische Uebertreibung dem Sultan zu geben Pflegte, konnte mit
mehr Annäherung an die Wahrheit von diesem Journale beansprucht werden. Es
war im gewissen Sinne der .Zufluchtsort der Welt,'

Bis zu diesem Zeitpunkte stand die Genossenschaft auf gemeinschaftlichem
Boden mit andern Speculanten, und wenn sie nicht weitergegangen wäre, so würde
ich keinen Anlaß haben, von dem Ergebniß ihrer Bemühungen Notiz zu nehmen.
Aber vor vielen Jahren schon waren die Leiter der Genossenschaft auf den Gedanken
gekommen, daß es einen wichtigen Artikel der Neuigkeitsbranche gäbe, der noch
nicht wirksam geliefert worden. Die Wahrscheinlichkeit lag vor, daß der Engländer
gern, ohne sich vom Stuhle vor seinem Kamin wegznbewegen, gewußt hätte, was
die große Masse seiner Landsleute über die vornehmsten Tagesfragen dächte. Die
Briefe, die man von Correspondenten empfing, gewährten einige Mittel zum Er¬
lverb dieses Wissens, und es kam den Leitern der Genossenschaft vor, als ob es
mit etwas Mühe und mit mäßigen Kosten möglich sein werde, sich über die An¬
sichten Gewißheit zu verschaffen, welche Mode werden würden, und die Richtung
zu sehen, welche die Strömung nehmen werde. Es heißt, daß sie zu diesem Zwecke
vor laugen Jahren schon einen geriebenen Geistlichen ohne andre Beschäftigung
anstellten, der sichs zur Pflicht machte, sich an öffentlichen Orten herumzutreiben
und herauszuspüren, was die Leute über die hauptsächlichen Fragen und Ereignisse
der Zeit dachten. Er sollte nicht sehr auf die äußerste Thorheit und noch weniger


Der Parlamentarismus in England,

Vier Arten von Material enthielt, wurde dem Publicum zu billigem Preise
verkauft.

Die Genossenschaft zeigte im Sammeln von Nachrichten einen außerordentlichen
Unternehmungsgeist, und während der Kriege, welche der französischen Revolution
folgten, veranlaßte sie, daß ihre Depeschen vom Festlande sie so frühzeitig erreichten,
daß sie im Stande war, der damaligen Regierung damit zuvorzukommen, In
andern Ländern würde das Schauspiel, daß eine Regierung durch den Unterneh¬
mungsgeist von Privatleuten in den Schatten gestellt wurde, als Senudal erschienen
sein; aber dein Engländer gefiel der Gedanke, soviel Wissen, als in den Händen
eines Staatsmiuisters war, kaufen und in seine vier Pfähle mitnehmen zu können,
und er freute sich über den Erfolg seiner Landsleute bei ihren: Wettlaufe mit der
Regierung, Von dieser Zeit an gewann das Blatt Kraft, Es wurde zum ersten
Journale der Welt, und als dies eingetreten war, beschleunigte die bloße That¬
sache, daß eS das erste war, seinen Aufschwung; denn einfach deshalb, weil es als
das gelesenste aller Blätter anerkannt war, wurde es der Schlüssel, mit welchem
eifrige Leute ausgingen, um in dem Irrgarten der geschäftigen Welt das Verloren¬
gegangene und Unbekannte und alles, was sie selbst nicht erreichen konnten, zu
suchen. Der Prinz, der Anspruch auf ein Königreich erhob, der Bediente, der
eine Stelle haben wollte, die Mutter, welche ihren Sohn verloren hatte, sie alle
wendeten sich hierher; hierher eilte die Thorheit und hatte eine heilsame Ausein¬
andersetzung mit der Klugheit, hierher ging berechtigter Verdruß, hierher gingen
auch Haß und Bosheit, Und dieses Zuströmen war nicht vergeblich; denn ent¬
weder machten betrübte und zornerfüllte Leute hier die Erfahrung, daß die Welt
auf ihren Klageruf nicht hören wollte, was eine gute Disciplin war, oder sie ge¬
wannen einen Auslaß für ihre Leidenschaften und brachten alle ihre Theorien auf
den Prüfstein, indem sie eine ganze Nation, ja die civilisirte Welt, ausriefen, auf¬
zuhorchen und Zeuge zu sein. Ueber dieses ganze Gedränge von Rechtsuchenden
saßen unbekannte Männer zu Gericht, und es wurde ihnen, gewaltsam vielleicht,
aber niemals in bestochner Weise, eine rauhe Art von Gerechtigkeit zu Theil, Der
Name, den orientalische Uebertreibung dem Sultan zu geben Pflegte, konnte mit
mehr Annäherung an die Wahrheit von diesem Journale beansprucht werden. Es
war im gewissen Sinne der .Zufluchtsort der Welt,'

Bis zu diesem Zeitpunkte stand die Genossenschaft auf gemeinschaftlichem
Boden mit andern Speculanten, und wenn sie nicht weitergegangen wäre, so würde
ich keinen Anlaß haben, von dem Ergebniß ihrer Bemühungen Notiz zu nehmen.
Aber vor vielen Jahren schon waren die Leiter der Genossenschaft auf den Gedanken
gekommen, daß es einen wichtigen Artikel der Neuigkeitsbranche gäbe, der noch
nicht wirksam geliefert worden. Die Wahrscheinlichkeit lag vor, daß der Engländer
gern, ohne sich vom Stuhle vor seinem Kamin wegznbewegen, gewußt hätte, was
die große Masse seiner Landsleute über die vornehmsten Tagesfragen dächte. Die
Briefe, die man von Correspondenten empfing, gewährten einige Mittel zum Er¬
lverb dieses Wissens, und es kam den Leitern der Genossenschaft vor, als ob es
mit etwas Mühe und mit mäßigen Kosten möglich sein werde, sich über die An¬
sichten Gewißheit zu verschaffen, welche Mode werden würden, und die Richtung
zu sehen, welche die Strömung nehmen werde. Es heißt, daß sie zu diesem Zwecke
vor laugen Jahren schon einen geriebenen Geistlichen ohne andre Beschäftigung
anstellten, der sichs zur Pflicht machte, sich an öffentlichen Orten herumzutreiben
und herauszuspüren, was die Leute über die hauptsächlichen Fragen und Ereignisse
der Zeit dachten. Er sollte nicht sehr auf die äußerste Thorheit und noch weniger


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[0317] Der Parlamentarismus in England, Vier Arten von Material enthielt, wurde dem Publicum zu billigem Preise verkauft. Die Genossenschaft zeigte im Sammeln von Nachrichten einen außerordentlichen Unternehmungsgeist, und während der Kriege, welche der französischen Revolution folgten, veranlaßte sie, daß ihre Depeschen vom Festlande sie so frühzeitig erreichten, daß sie im Stande war, der damaligen Regierung damit zuvorzukommen, In andern Ländern würde das Schauspiel, daß eine Regierung durch den Unterneh¬ mungsgeist von Privatleuten in den Schatten gestellt wurde, als Senudal erschienen sein; aber dein Engländer gefiel der Gedanke, soviel Wissen, als in den Händen eines Staatsmiuisters war, kaufen und in seine vier Pfähle mitnehmen zu können, und er freute sich über den Erfolg seiner Landsleute bei ihren: Wettlaufe mit der Regierung, Von dieser Zeit an gewann das Blatt Kraft, Es wurde zum ersten Journale der Welt, und als dies eingetreten war, beschleunigte die bloße That¬ sache, daß eS das erste war, seinen Aufschwung; denn einfach deshalb, weil es als das gelesenste aller Blätter anerkannt war, wurde es der Schlüssel, mit welchem eifrige Leute ausgingen, um in dem Irrgarten der geschäftigen Welt das Verloren¬ gegangene und Unbekannte und alles, was sie selbst nicht erreichen konnten, zu suchen. Der Prinz, der Anspruch auf ein Königreich erhob, der Bediente, der eine Stelle haben wollte, die Mutter, welche ihren Sohn verloren hatte, sie alle wendeten sich hierher; hierher eilte die Thorheit und hatte eine heilsame Ausein¬ andersetzung mit der Klugheit, hierher ging berechtigter Verdruß, hierher gingen auch Haß und Bosheit, Und dieses Zuströmen war nicht vergeblich; denn ent¬ weder machten betrübte und zornerfüllte Leute hier die Erfahrung, daß die Welt auf ihren Klageruf nicht hören wollte, was eine gute Disciplin war, oder sie ge¬ wannen einen Auslaß für ihre Leidenschaften und brachten alle ihre Theorien auf den Prüfstein, indem sie eine ganze Nation, ja die civilisirte Welt, ausriefen, auf¬ zuhorchen und Zeuge zu sein. Ueber dieses ganze Gedränge von Rechtsuchenden saßen unbekannte Männer zu Gericht, und es wurde ihnen, gewaltsam vielleicht, aber niemals in bestochner Weise, eine rauhe Art von Gerechtigkeit zu Theil, Der Name, den orientalische Uebertreibung dem Sultan zu geben Pflegte, konnte mit mehr Annäherung an die Wahrheit von diesem Journale beansprucht werden. Es war im gewissen Sinne der .Zufluchtsort der Welt,' Bis zu diesem Zeitpunkte stand die Genossenschaft auf gemeinschaftlichem Boden mit andern Speculanten, und wenn sie nicht weitergegangen wäre, so würde ich keinen Anlaß haben, von dem Ergebniß ihrer Bemühungen Notiz zu nehmen. Aber vor vielen Jahren schon waren die Leiter der Genossenschaft auf den Gedanken gekommen, daß es einen wichtigen Artikel der Neuigkeitsbranche gäbe, der noch nicht wirksam geliefert worden. Die Wahrscheinlichkeit lag vor, daß der Engländer gern, ohne sich vom Stuhle vor seinem Kamin wegznbewegen, gewußt hätte, was die große Masse seiner Landsleute über die vornehmsten Tagesfragen dächte. Die Briefe, die man von Correspondenten empfing, gewährten einige Mittel zum Er¬ lverb dieses Wissens, und es kam den Leitern der Genossenschaft vor, als ob es mit etwas Mühe und mit mäßigen Kosten möglich sein werde, sich über die An¬ sichten Gewißheit zu verschaffen, welche Mode werden würden, und die Richtung zu sehen, welche die Strömung nehmen werde. Es heißt, daß sie zu diesem Zwecke vor laugen Jahren schon einen geriebenen Geistlichen ohne andre Beschäftigung anstellten, der sichs zur Pflicht machte, sich an öffentlichen Orten herumzutreiben und herauszuspüren, was die Leute über die hauptsächlichen Fragen und Ereignisse der Zeit dachten. Er sollte nicht sehr auf die äußerste Thorheit und noch weniger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/317>, abgerufen am 29.12.2024.