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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Gladftono und die Boers.

befangene Stimme die einzige erhebliche, die das deutsche Publiwm über die
südafricanischen Verhältnisse aufzuklären übernommen hat. Herr Wangemann,
der von den auf ihrem Rechte halsstarrig bestehenden, sparsamen, altväterisch
conservativen Boers in der Weise spricht, wie ungefähr ein gutsherrlicher Caplan
über die Mischen Gutsbauern sich äußert, die sich nicht nach den philanthro¬
pischen Launen ihrer "feinen" Gutsherrschaft drehen mögen, spricht die Ansicht
aus, "es sei ein besonders gnädiges Walten der Hand Gottes darin zu erkennen,
daß er den Engländern dies Land, diesen Coloß von 18 Längen- und 15 Breiten¬
graden im Maß, mit seinen unermeßlichen Schätzen von Rohmaterial überant¬
wortet hat, da ihr Unternehmungsgeist und ihre großartigen Mittel allein im
Stande seien, Südafrika dem Weltverkehr zugänglich zu machen." Das Ge¬
ständnis;, daß die Missiousarbeit mich dem Weltverkehr hinschielt, ist doch für
einen MissionSdirector fast zu naiv; er stimmt wenig zu der demüthig dienenden
Propaganda christlichen Glaubens und Lebens. Uebrigens scheint Herr Wange¬
mann zu meinen, daß die Holländer weniger gute Colonisatoren seien als die
Engländer, und daß sie nicht die nöthigen Posten, Wege, Brücken, Häfen und
Eisenbahnen zu bauen im Stande gewesen sein würden. Er scheint von der
Thätigkeit, die die Holländer auf Java und andern asiatischen Inseln ent¬
faltet haben, nichts zu wissen. So spricht er von den Boers, als läge es im
boerischeu Charakter, träge hinter der Civilisation der übrigen Welt zurückzu¬
bleiben, und übersieht die sehr merklichen Fortschritte, welche die Boers im
Oranjefrcistaat in eivilisatorischer Arbeit gemacht haben. Es würde zu weit
führen, hier alle Verunstaltungen des wahren Verhältnisses der englischen zu
der boerischeu Colonisation und beider zu der Gründung christlichen Lebens
unter den Heiden zu berühren. Nur das eine sei noch bemerkt, daß nach Herrn
Wangemann der rothbraune Kaffer -- (der schwarze nicht?) -- im Parlament
und in der Jury der siidafrieanischeu Colonien ebenso wohl seinen Sitz findet
wie der feine Engländer. In der Theorie wohl, aber in der Wirklichkeit kann der
Kaffer noch lauge nach diesem Sitze suchen, ehe er ihn findet; denn in der That
wird der Farbige im allgemeinen von dem Briten viel rechtloser, gewaltthätiger
und verächtlicher behandelt als von dem Boer. Warum wären denn die Kaffern
ihren boerischeu Herren in der Regel so viel fester und treuer ergeben als den
"feinen" Briten?

Die sttdafrieanische Konföderation kam nicht zu Staude, die Boers in
Transvaal, was auch die britischen Späher und Commissäre vom Gegentheil
meldeten, bestanden grollend ans ihrem Recht; durch Schmeichelei so wenig wie
durch Drohungen oder Aussichten auf Bereicherung, die ihnen die britische
Civilisativnsmethode eröffnet, wurden sie bewogen, daS, was ihnen als einer


Gladftono und die Boers.

befangene Stimme die einzige erhebliche, die das deutsche Publiwm über die
südafricanischen Verhältnisse aufzuklären übernommen hat. Herr Wangemann,
der von den auf ihrem Rechte halsstarrig bestehenden, sparsamen, altväterisch
conservativen Boers in der Weise spricht, wie ungefähr ein gutsherrlicher Caplan
über die Mischen Gutsbauern sich äußert, die sich nicht nach den philanthro¬
pischen Launen ihrer „feinen" Gutsherrschaft drehen mögen, spricht die Ansicht
aus, „es sei ein besonders gnädiges Walten der Hand Gottes darin zu erkennen,
daß er den Engländern dies Land, diesen Coloß von 18 Längen- und 15 Breiten¬
graden im Maß, mit seinen unermeßlichen Schätzen von Rohmaterial überant¬
wortet hat, da ihr Unternehmungsgeist und ihre großartigen Mittel allein im
Stande seien, Südafrika dem Weltverkehr zugänglich zu machen." Das Ge¬
ständnis;, daß die Missiousarbeit mich dem Weltverkehr hinschielt, ist doch für
einen MissionSdirector fast zu naiv; er stimmt wenig zu der demüthig dienenden
Propaganda christlichen Glaubens und Lebens. Uebrigens scheint Herr Wange¬
mann zu meinen, daß die Holländer weniger gute Colonisatoren seien als die
Engländer, und daß sie nicht die nöthigen Posten, Wege, Brücken, Häfen und
Eisenbahnen zu bauen im Stande gewesen sein würden. Er scheint von der
Thätigkeit, die die Holländer auf Java und andern asiatischen Inseln ent¬
faltet haben, nichts zu wissen. So spricht er von den Boers, als läge es im
boerischeu Charakter, träge hinter der Civilisation der übrigen Welt zurückzu¬
bleiben, und übersieht die sehr merklichen Fortschritte, welche die Boers im
Oranjefrcistaat in eivilisatorischer Arbeit gemacht haben. Es würde zu weit
führen, hier alle Verunstaltungen des wahren Verhältnisses der englischen zu
der boerischeu Colonisation und beider zu der Gründung christlichen Lebens
unter den Heiden zu berühren. Nur das eine sei noch bemerkt, daß nach Herrn
Wangemann der rothbraune Kaffer — (der schwarze nicht?) — im Parlament
und in der Jury der siidafrieanischeu Colonien ebenso wohl seinen Sitz findet
wie der feine Engländer. In der Theorie wohl, aber in der Wirklichkeit kann der
Kaffer noch lauge nach diesem Sitze suchen, ehe er ihn findet; denn in der That
wird der Farbige im allgemeinen von dem Briten viel rechtloser, gewaltthätiger
und verächtlicher behandelt als von dem Boer. Warum wären denn die Kaffern
ihren boerischeu Herren in der Regel so viel fester und treuer ergeben als den
„feinen" Briten?

Die sttdafrieanische Konföderation kam nicht zu Staude, die Boers in
Transvaal, was auch die britischen Späher und Commissäre vom Gegentheil
meldeten, bestanden grollend ans ihrem Recht; durch Schmeichelei so wenig wie
durch Drohungen oder Aussichten auf Bereicherung, die ihnen die britische
Civilisativnsmethode eröffnet, wurden sie bewogen, daS, was ihnen als einer


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[0295] Gladftono und die Boers. befangene Stimme die einzige erhebliche, die das deutsche Publiwm über die südafricanischen Verhältnisse aufzuklären übernommen hat. Herr Wangemann, der von den auf ihrem Rechte halsstarrig bestehenden, sparsamen, altväterisch conservativen Boers in der Weise spricht, wie ungefähr ein gutsherrlicher Caplan über die Mischen Gutsbauern sich äußert, die sich nicht nach den philanthro¬ pischen Launen ihrer „feinen" Gutsherrschaft drehen mögen, spricht die Ansicht aus, „es sei ein besonders gnädiges Walten der Hand Gottes darin zu erkennen, daß er den Engländern dies Land, diesen Coloß von 18 Längen- und 15 Breiten¬ graden im Maß, mit seinen unermeßlichen Schätzen von Rohmaterial überant¬ wortet hat, da ihr Unternehmungsgeist und ihre großartigen Mittel allein im Stande seien, Südafrika dem Weltverkehr zugänglich zu machen." Das Ge¬ ständnis;, daß die Missiousarbeit mich dem Weltverkehr hinschielt, ist doch für einen MissionSdirector fast zu naiv; er stimmt wenig zu der demüthig dienenden Propaganda christlichen Glaubens und Lebens. Uebrigens scheint Herr Wange¬ mann zu meinen, daß die Holländer weniger gute Colonisatoren seien als die Engländer, und daß sie nicht die nöthigen Posten, Wege, Brücken, Häfen und Eisenbahnen zu bauen im Stande gewesen sein würden. Er scheint von der Thätigkeit, die die Holländer auf Java und andern asiatischen Inseln ent¬ faltet haben, nichts zu wissen. So spricht er von den Boers, als läge es im boerischeu Charakter, träge hinter der Civilisation der übrigen Welt zurückzu¬ bleiben, und übersieht die sehr merklichen Fortschritte, welche die Boers im Oranjefrcistaat in eivilisatorischer Arbeit gemacht haben. Es würde zu weit führen, hier alle Verunstaltungen des wahren Verhältnisses der englischen zu der boerischeu Colonisation und beider zu der Gründung christlichen Lebens unter den Heiden zu berühren. Nur das eine sei noch bemerkt, daß nach Herrn Wangemann der rothbraune Kaffer — (der schwarze nicht?) — im Parlament und in der Jury der siidafrieanischeu Colonien ebenso wohl seinen Sitz findet wie der feine Engländer. In der Theorie wohl, aber in der Wirklichkeit kann der Kaffer noch lauge nach diesem Sitze suchen, ehe er ihn findet; denn in der That wird der Farbige im allgemeinen von dem Briten viel rechtloser, gewaltthätiger und verächtlicher behandelt als von dem Boer. Warum wären denn die Kaffern ihren boerischeu Herren in der Regel so viel fester und treuer ergeben als den „feinen" Briten? Die sttdafrieanische Konföderation kam nicht zu Staude, die Boers in Transvaal, was auch die britischen Späher und Commissäre vom Gegentheil meldeten, bestanden grollend ans ihrem Recht; durch Schmeichelei so wenig wie durch Drohungen oder Aussichten auf Bereicherung, die ihnen die britische Civilisativnsmethode eröffnet, wurden sie bewogen, daS, was ihnen als einer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/295>, abgerufen am 29.12.2024.