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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Der j)arlcimontcirismus in England.

für die Herrschaften der gerade am Ruder sitzenden politischen Cliquen zu diene",
läßt sich urkundlich nachweisen. Sie sprach sich im Jahre 1850 mit großer
Deutlichkeit aus, "sie verlange 1) daß Lord Palmerston genau angebe, was er
in dem vorliegenden Falle vorschlage, damit die Königin ebenso genau wisse,
zu was sie ihre königliche Sanction ertheile, 2) daß Maßregeln, zu denen sie
ihre Sanction ertheilt, nicht willkürlich von ihm geändert würden. In einer
solchen Handlung müsse sie einen Mangel an Aufrichtigkeit gegen die Krone
und eine gerechtfertigte Veranlassung zur Ausübung ihres verfassungsmäßigen
Rechts finden, den Minister zu entlassen. Sie erwarte von dein in Kenntniß
erhalten zu werden, was zwischen ihm und den fremden Gesandten vorgehe,
bevor auf einen solchen Verkehr hin wichtige Entscheidungen getroffen würden,
die eingehende" Depeschen bei Zeiten zu empfangen und die Entwürfe zu den
Antworten so zeitig zu sehe", daß sie sich mit dem Inhalte bekannt machen
könne, bevor sie abgingen."

Eine große Rechtsregel kann jeder handhaben, und sie hat eine gewaltige
siegende Kraft, weil sie ausdrückt, was der Natur gemäß ist. "Eine Politik,
die Interventionen (wie die von 1854 in der Türkei erfolgte) ablehnt, weil
Interventionen Verbrechen sind, die in einem geringen Anlaß ein großes Rechts-
prineip zu erkennen vermag und ein Rechtsprincip für des Kampfes werth hält,
ein solche Politik gewährt Raum genug für die Entfaltung der höchsten Fähig¬
keiten, für die Nutzbarmachung des reichsten Wissens, geht aber mich ohne solche
Befähigung der Leiter ihren sichern Weg und wird, wenn sie in der Gegen¬
wart keine große" Gewinne macht, wenigstens keine großen Schulden ans die
Zukunft häufen. Sie hat Bürgschaften in der Natur der Dinge. In einer
Politik der Meinungen' entscheidet allein die überlegene Persönlichkeit den Sieg,
der weitere Blick, das tiefere Wissen, der festere Wille, das schwärzere Verbrechen.
Es ist eine wichtige Cvnseauenz der englischen Zustände und ein schweres Zeug-
niß gegen sie, daß die öffentliche Meinung nicht nach Maßregeln, sondern nach
Personen verlangt. Die Parole: mein, not eng!l.8in,'L" ist auch ein Geschenk der
Whigs. Der Parlamentarismus will es so; denn seine Seele ist ja Vertrauen."




Der j)arlcimontcirismus in England.

für die Herrschaften der gerade am Ruder sitzenden politischen Cliquen zu diene»,
läßt sich urkundlich nachweisen. Sie sprach sich im Jahre 1850 mit großer
Deutlichkeit aus, „sie verlange 1) daß Lord Palmerston genau angebe, was er
in dem vorliegenden Falle vorschlage, damit die Königin ebenso genau wisse,
zu was sie ihre königliche Sanction ertheile, 2) daß Maßregeln, zu denen sie
ihre Sanction ertheilt, nicht willkürlich von ihm geändert würden. In einer
solchen Handlung müsse sie einen Mangel an Aufrichtigkeit gegen die Krone
und eine gerechtfertigte Veranlassung zur Ausübung ihres verfassungsmäßigen
Rechts finden, den Minister zu entlassen. Sie erwarte von dein in Kenntniß
erhalten zu werden, was zwischen ihm und den fremden Gesandten vorgehe,
bevor auf einen solchen Verkehr hin wichtige Entscheidungen getroffen würden,
die eingehende» Depeschen bei Zeiten zu empfangen und die Entwürfe zu den
Antworten so zeitig zu sehe», daß sie sich mit dem Inhalte bekannt machen
könne, bevor sie abgingen."

Eine große Rechtsregel kann jeder handhaben, und sie hat eine gewaltige
siegende Kraft, weil sie ausdrückt, was der Natur gemäß ist. „Eine Politik,
die Interventionen (wie die von 1854 in der Türkei erfolgte) ablehnt, weil
Interventionen Verbrechen sind, die in einem geringen Anlaß ein großes Rechts-
prineip zu erkennen vermag und ein Rechtsprincip für des Kampfes werth hält,
ein solche Politik gewährt Raum genug für die Entfaltung der höchsten Fähig¬
keiten, für die Nutzbarmachung des reichsten Wissens, geht aber mich ohne solche
Befähigung der Leiter ihren sichern Weg und wird, wenn sie in der Gegen¬
wart keine große» Gewinne macht, wenigstens keine großen Schulden ans die
Zukunft häufen. Sie hat Bürgschaften in der Natur der Dinge. In einer
Politik der Meinungen' entscheidet allein die überlegene Persönlichkeit den Sieg,
der weitere Blick, das tiefere Wissen, der festere Wille, das schwärzere Verbrechen.
Es ist eine wichtige Cvnseauenz der englischen Zustände und ein schweres Zeug-
niß gegen sie, daß die öffentliche Meinung nicht nach Maßregeln, sondern nach
Personen verlangt. Die Parole: mein, not eng!l.8in,'L« ist auch ein Geschenk der
Whigs. Der Parlamentarismus will es so; denn seine Seele ist ja Vertrauen."




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[0282] Der j)arlcimontcirismus in England. für die Herrschaften der gerade am Ruder sitzenden politischen Cliquen zu diene», läßt sich urkundlich nachweisen. Sie sprach sich im Jahre 1850 mit großer Deutlichkeit aus, „sie verlange 1) daß Lord Palmerston genau angebe, was er in dem vorliegenden Falle vorschlage, damit die Königin ebenso genau wisse, zu was sie ihre königliche Sanction ertheile, 2) daß Maßregeln, zu denen sie ihre Sanction ertheilt, nicht willkürlich von ihm geändert würden. In einer solchen Handlung müsse sie einen Mangel an Aufrichtigkeit gegen die Krone und eine gerechtfertigte Veranlassung zur Ausübung ihres verfassungsmäßigen Rechts finden, den Minister zu entlassen. Sie erwarte von dein in Kenntniß erhalten zu werden, was zwischen ihm und den fremden Gesandten vorgehe, bevor auf einen solchen Verkehr hin wichtige Entscheidungen getroffen würden, die eingehende» Depeschen bei Zeiten zu empfangen und die Entwürfe zu den Antworten so zeitig zu sehe», daß sie sich mit dem Inhalte bekannt machen könne, bevor sie abgingen." Eine große Rechtsregel kann jeder handhaben, und sie hat eine gewaltige siegende Kraft, weil sie ausdrückt, was der Natur gemäß ist. „Eine Politik, die Interventionen (wie die von 1854 in der Türkei erfolgte) ablehnt, weil Interventionen Verbrechen sind, die in einem geringen Anlaß ein großes Rechts- prineip zu erkennen vermag und ein Rechtsprincip für des Kampfes werth hält, ein solche Politik gewährt Raum genug für die Entfaltung der höchsten Fähig¬ keiten, für die Nutzbarmachung des reichsten Wissens, geht aber mich ohne solche Befähigung der Leiter ihren sichern Weg und wird, wenn sie in der Gegen¬ wart keine große» Gewinne macht, wenigstens keine großen Schulden ans die Zukunft häufen. Sie hat Bürgschaften in der Natur der Dinge. In einer Politik der Meinungen' entscheidet allein die überlegene Persönlichkeit den Sieg, der weitere Blick, das tiefere Wissen, der festere Wille, das schwärzere Verbrechen. Es ist eine wichtige Cvnseauenz der englischen Zustände und ein schweres Zeug- niß gegen sie, daß die öffentliche Meinung nicht nach Maßregeln, sondern nach Personen verlangt. Die Parole: mein, not eng!l.8in,'L« ist auch ein Geschenk der Whigs. Der Parlamentarismus will es so; denn seine Seele ist ja Vertrauen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/282>, abgerufen am 27.12.2024.