Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.erschütterndes Bild menschlichen Leidens und Kümpfens vor uns aufrollt und Und über allem liegt der Zauber der Alpenwelt, die er darzustellen weiß Die große Anzahl derselben macht es uns unmöglich, sie im einzelnen zu be¬ Gmizbowi I. 1381. !>.0
erschütterndes Bild menschlichen Leidens und Kümpfens vor uns aufrollt und Und über allem liegt der Zauber der Alpenwelt, die er darzustellen weiß Die große Anzahl derselben macht es uns unmöglich, sie im einzelnen zu be¬ Gmizbowi I. 1381. !>.0
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0229" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149213"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_618" prev="#ID_617"> erschütterndes Bild menschlichen Leidens und Kümpfens vor uns aufrollt und<lb/> seine» Vortrag bis zu leidenschaftlichen: Pathos steigert, oder ob er mit heiterm<lb/> Humor die verschrobenen und seltsamen Gestalten, die so reichlich in seinen Thälern<lb/> und Wäldern Hausen und umherwandern, das Thun und Treiben dieser abge¬<lb/> schlossenen und beschränkten kleinen Welt und die Komik ihres Zusammentreffens<lb/> und Zusammenstoßens mit der großen da draußen zeichnet, oder — und das<lb/> ist ja sein Hauptthema — der ländlichen Liebe Lust und Leid schildert, wir<lb/> fühlen, daß es wahr empfunden, daß es erlebt ist, daß Rosegger wirklich aus<lb/> dem Leben schöpft.</p><lb/> <p xml:id="ID_619"> Und über allem liegt der Zauber der Alpenwelt, die er darzustellen weiß<lb/> wie kein zweiter. Sie ist der farbenprächtige Hintergrund der Handlungen,<lb/> welche sich vor unsern Augen abspielen. Wir athmen ihre Lust, wir haben<lb/> fortwährend und eindringlich das Gefühl ihrer Gegenwart, ihr Bild verläßt<lb/> uns nie. Meisterhaft versteht es Rosegger, die Stimmung seiner Erzählungen<lb/> oder einzelner Episoden dnrch seine Naturbilder anzudeuten oder wie durch<lb/> eine Ouvertüre einzuleiten, aus deren Motiven sich das Ganze zu entwickeln<lb/> scheint. Das Gepräge des Ortes, wie er ihn schildert, und die Begebnisse und<lb/> Schicksale, denen dieser zum Schauplätze dient, scheinen in geheimnisvoller Be¬<lb/> ziehung zu einander zu stehen, seine Natur ist ein lebendiges Wesen, und ihr<lb/> Leben spiegelt sich in dem seiner Menschen, ist eins mit ihm; es ist der gleiche<lb/> Hauch, der beide beseelt. Diese Landschaftsbilder zeigen, wie innig Rosegger selbst<lb/> mit seiner Heimat verwachsen ist, wie sie sein ganzes Herz erfüllt. Sie sind ein<lb/> fortgesetzter Lobgesang auf die Schönheit, die Größe und Gewalt seiner Gebirgs-<lb/> welt in ihren wechselnde» Erscheinungen. Mit sicherer Hand wirft er seine<lb/> Skizzen hin; die Idylle der svmiige» Matte» der Thäler, die Schwermuth<lb/> der wildbachdnrchranschten Schluchten, der geheimnißvolle Schauer des Waldes,<lb/> die grandiose Einsamkeit des Hochgebirges, alle Lebensäußerungen der ewig<lb/> bauenden, ewig zerstörenden Natur im kleinste» und im größten sind ihm<lb/> gleich vertraut, alle weiß sei» Griffel mit gleicher Virtuosität wiederzugeben.<lb/> Eine entzückende Kraft und Frische offenbart sich in diesen Schilderungen, in<lb/> ihrer überzeugenden Treue liegt nicht zum weiügste» der Reiz, de» Roseggers<lb/> Schriften auf uns ausüben.</p><lb/> <p xml:id="ID_620" next="#ID_621"> Die große Anzahl derselben macht es uns unmöglich, sie im einzelnen zu be¬<lb/> sprechen und zu analysiren. Auch würde» wir hierdurch ihre Wirkung und<lb/> den Genuß, welchen sie den: Leser bieten werden, beeinträchtigen. Auf ihre<lb/> Vorzüge im großen und ganzen aufmerksam zu machen, sie unsern Lesern warm<lb/> Zu empfehlen, war miser Zweck. Wenn wir dabei auch einzelne Schwächen an-<lb/> gedeutet und auf die Schriften hingewiesen haben, in welchen diese besonders</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Gmizbowi I. 1381. !>.0</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0229]
erschütterndes Bild menschlichen Leidens und Kümpfens vor uns aufrollt und
seine» Vortrag bis zu leidenschaftlichen: Pathos steigert, oder ob er mit heiterm
Humor die verschrobenen und seltsamen Gestalten, die so reichlich in seinen Thälern
und Wäldern Hausen und umherwandern, das Thun und Treiben dieser abge¬
schlossenen und beschränkten kleinen Welt und die Komik ihres Zusammentreffens
und Zusammenstoßens mit der großen da draußen zeichnet, oder — und das
ist ja sein Hauptthema — der ländlichen Liebe Lust und Leid schildert, wir
fühlen, daß es wahr empfunden, daß es erlebt ist, daß Rosegger wirklich aus
dem Leben schöpft.
Und über allem liegt der Zauber der Alpenwelt, die er darzustellen weiß
wie kein zweiter. Sie ist der farbenprächtige Hintergrund der Handlungen,
welche sich vor unsern Augen abspielen. Wir athmen ihre Lust, wir haben
fortwährend und eindringlich das Gefühl ihrer Gegenwart, ihr Bild verläßt
uns nie. Meisterhaft versteht es Rosegger, die Stimmung seiner Erzählungen
oder einzelner Episoden dnrch seine Naturbilder anzudeuten oder wie durch
eine Ouvertüre einzuleiten, aus deren Motiven sich das Ganze zu entwickeln
scheint. Das Gepräge des Ortes, wie er ihn schildert, und die Begebnisse und
Schicksale, denen dieser zum Schauplätze dient, scheinen in geheimnisvoller Be¬
ziehung zu einander zu stehen, seine Natur ist ein lebendiges Wesen, und ihr
Leben spiegelt sich in dem seiner Menschen, ist eins mit ihm; es ist der gleiche
Hauch, der beide beseelt. Diese Landschaftsbilder zeigen, wie innig Rosegger selbst
mit seiner Heimat verwachsen ist, wie sie sein ganzes Herz erfüllt. Sie sind ein
fortgesetzter Lobgesang auf die Schönheit, die Größe und Gewalt seiner Gebirgs-
welt in ihren wechselnde» Erscheinungen. Mit sicherer Hand wirft er seine
Skizzen hin; die Idylle der svmiige» Matte» der Thäler, die Schwermuth
der wildbachdnrchranschten Schluchten, der geheimnißvolle Schauer des Waldes,
die grandiose Einsamkeit des Hochgebirges, alle Lebensäußerungen der ewig
bauenden, ewig zerstörenden Natur im kleinste» und im größten sind ihm
gleich vertraut, alle weiß sei» Griffel mit gleicher Virtuosität wiederzugeben.
Eine entzückende Kraft und Frische offenbart sich in diesen Schilderungen, in
ihrer überzeugenden Treue liegt nicht zum weiügste» der Reiz, de» Roseggers
Schriften auf uns ausüben.
Die große Anzahl derselben macht es uns unmöglich, sie im einzelnen zu be¬
sprechen und zu analysiren. Auch würde» wir hierdurch ihre Wirkung und
den Genuß, welchen sie den: Leser bieten werden, beeinträchtigen. Auf ihre
Vorzüge im großen und ganzen aufmerksam zu machen, sie unsern Lesern warm
Zu empfehlen, war miser Zweck. Wenn wir dabei auch einzelne Schwächen an-
gedeutet und auf die Schriften hingewiesen haben, in welchen diese besonders
Gmizbowi I. 1381. !>.0
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