Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.schneidigen Wesen. Er enthielt Mißbilligung, aber keinen Vorwurf und bezog Erst von 1848 an wurde das Wort ein politischer Ausdruck und Junker- "Bismarck ist," wie der in der Anmerkung erwähnte Artikel weiter sagt, Außer Schleswig-Holstein war durch die Verträge von 1815 das kleine *) Wir citieren hier die Darlegung der Sache, welche die Nsv-VorK Lridrms im
Oetober 186" von einem Correspondenten brachte, der die Verhältnisse genau kannte. schneidigen Wesen. Er enthielt Mißbilligung, aber keinen Vorwurf und bezog Erst von 1848 an wurde das Wort ein politischer Ausdruck und Junker- „Bismarck ist," wie der in der Anmerkung erwähnte Artikel weiter sagt, Außer Schleswig-Holstein war durch die Verträge von 1815 das kleine *) Wir citieren hier die Darlegung der Sache, welche die Nsv-VorK Lridrms im
Oetober 186« von einem Correspondenten brachte, der die Verhältnisse genau kannte. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/148038"/> <p xml:id="ID_1049" prev="#ID_1048"> schneidigen Wesen. Er enthielt Mißbilligung, aber keinen Vorwurf und bezog<lb/> sich nnr auf das gesellschaftliche Leben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1050"> Erst von 1848 an wurde das Wort ein politischer Ausdruck und Junker-<lb/> thum der Name einer politischen Partei. „Während sich in Berlin eine National¬<lb/> versammlung, hervorgegangen aus dem allgemeinen Stimmrechte, mit der Zer¬<lb/> störung der ritterschaftlichen Privilegien und andrer Ueberbleibsel des Mittel¬<lb/> alters beschäftigte,*) versammelte sich an demselben Orte eine Art Convention,<lb/> bestehend aus Gutsbesitzern und deren Verwandten und Gesinnungsgenossen in<lb/> der Absicht, ihre Vorrechte zu vertheidigen. Diese Convention, von deren Mit¬<lb/> gliedern nicht wenige keinen Henkel an ihrem Namen (kein „von" vor demselben)<lb/> hatten, wurde vom Volke (richtiger wohl von Kammerrhetoren, Zeitungsschrei¬<lb/> bern und deren Nachtretern) das Junkerparlament getauft, und als der Streit<lb/> der Parteien sich erhitzte, nahm der Ausdruck mehr und mehr gehässigen Klang<lb/> an." Junkerthum war den Liberalen damaliger Zeit nichts mehr als Beschränkt¬<lb/> heit und Pochen auf bevorzugte Stellung. Mommsen nannte in seiner „Römi¬<lb/> schen Geschichte" „Engherzigkeit und Kurzsichtigkeit die eigentlichen und unver¬<lb/> lierbaren Privilegien alles echten Junkerthums."</p><lb/> <p xml:id="ID_1051"> „Bismarck ist," wie der in der Anmerkung erwähnte Artikel weiter sagt,<lb/> „einer Familie entsprungen, welche dem preußischen Heere viele Junker gegeben<lb/> hat, und als er ein junger Bursch war, hatten sich die obenbeschriebenen Eigen¬<lb/> schaften eines Junkers (Stolz und Uebermuth, noble Passion und Schneidigkeit)<lb/> in ihm vollständig entwickelt, aber mit entschiedenem Vorwiegen des bessern<lb/> Theiles derselben. Als Student war er mit der Zunge und dem Degen rasch<lb/> bei der Hand, und die Bürger Göttingens erinnern sich seiner Streiche noch<lb/> recht wohl. Nachdem er in den Staatsdienst getreten, wollte er sich nicht in<lb/> dessen pedantische Art und Weise fügen, gab seine Stellung mit der Erklärung<lb/> auf, daß er nicht so ledern wie seine Vorgesetzten zu werden Lust habe, und<lb/> zog sich aufs Land zurück, um fein Gut zu bewirthschaften." Wie wenig er<lb/> thatsächlich den Leuten des Junkerparlaments glich, mag eine kleine Anekdote<lb/> zeigen, die wir dem Korrespondenten abgekürzt nacherzählen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1052" next="#ID_1053"> Außer Schleswig-Holstein war durch die Verträge von 1815 das kleine<lb/> Herzogthum Lauenburg mit Dänemark vereinigt worden. Dieses wurde durch<lb/> deu Tod des Königs-Herzogs Friedrich VII. thatsächlich rss vullius, Niemands-<lb/> Land. Nicht einmal der Prinz von Augustenburg, sonst so erfinderisch in der<lb/> Fabrikation von Erbfolgeansprüchen, war im Stande, einen Anspruch auf Lauen¬<lb/> burg zu entdecken, der nicht das Lächeln seiner ergebensten Anhänger erweckt</p><lb/> <note xml:id="FID_29" place="foot"> *) Wir citieren hier die Darlegung der Sache, welche die Nsv-VorK Lridrms im<lb/> Oetober 186« von einem Correspondenten brachte, der die Verhältnisse genau kannte.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
schneidigen Wesen. Er enthielt Mißbilligung, aber keinen Vorwurf und bezog
sich nnr auf das gesellschaftliche Leben.
Erst von 1848 an wurde das Wort ein politischer Ausdruck und Junker-
thum der Name einer politischen Partei. „Während sich in Berlin eine National¬
versammlung, hervorgegangen aus dem allgemeinen Stimmrechte, mit der Zer¬
störung der ritterschaftlichen Privilegien und andrer Ueberbleibsel des Mittel¬
alters beschäftigte,*) versammelte sich an demselben Orte eine Art Convention,
bestehend aus Gutsbesitzern und deren Verwandten und Gesinnungsgenossen in
der Absicht, ihre Vorrechte zu vertheidigen. Diese Convention, von deren Mit¬
gliedern nicht wenige keinen Henkel an ihrem Namen (kein „von" vor demselben)
hatten, wurde vom Volke (richtiger wohl von Kammerrhetoren, Zeitungsschrei¬
bern und deren Nachtretern) das Junkerparlament getauft, und als der Streit
der Parteien sich erhitzte, nahm der Ausdruck mehr und mehr gehässigen Klang
an." Junkerthum war den Liberalen damaliger Zeit nichts mehr als Beschränkt¬
heit und Pochen auf bevorzugte Stellung. Mommsen nannte in seiner „Römi¬
schen Geschichte" „Engherzigkeit und Kurzsichtigkeit die eigentlichen und unver¬
lierbaren Privilegien alles echten Junkerthums."
„Bismarck ist," wie der in der Anmerkung erwähnte Artikel weiter sagt,
„einer Familie entsprungen, welche dem preußischen Heere viele Junker gegeben
hat, und als er ein junger Bursch war, hatten sich die obenbeschriebenen Eigen¬
schaften eines Junkers (Stolz und Uebermuth, noble Passion und Schneidigkeit)
in ihm vollständig entwickelt, aber mit entschiedenem Vorwiegen des bessern
Theiles derselben. Als Student war er mit der Zunge und dem Degen rasch
bei der Hand, und die Bürger Göttingens erinnern sich seiner Streiche noch
recht wohl. Nachdem er in den Staatsdienst getreten, wollte er sich nicht in
dessen pedantische Art und Weise fügen, gab seine Stellung mit der Erklärung
auf, daß er nicht so ledern wie seine Vorgesetzten zu werden Lust habe, und
zog sich aufs Land zurück, um fein Gut zu bewirthschaften." Wie wenig er
thatsächlich den Leuten des Junkerparlaments glich, mag eine kleine Anekdote
zeigen, die wir dem Korrespondenten abgekürzt nacherzählen.
Außer Schleswig-Holstein war durch die Verträge von 1815 das kleine
Herzogthum Lauenburg mit Dänemark vereinigt worden. Dieses wurde durch
deu Tod des Königs-Herzogs Friedrich VII. thatsächlich rss vullius, Niemands-
Land. Nicht einmal der Prinz von Augustenburg, sonst so erfinderisch in der
Fabrikation von Erbfolgeansprüchen, war im Stande, einen Anspruch auf Lauen¬
burg zu entdecken, der nicht das Lächeln seiner ergebensten Anhänger erweckt
*) Wir citieren hier die Darlegung der Sache, welche die Nsv-VorK Lridrms im
Oetober 186« von einem Correspondenten brachte, der die Verhältnisse genau kannte.
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