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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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polnische Jude wird jene Werke überhaupt nicht lesen, einmal weil er nicht ge¬
bildet genug dazu ist, dann weil er dieselben für Werke der Gottlosigkeit hält-
Und endlich: was hat es für einen Sinn, deutsche Werke ins Hebräische zu
übersetzen für Juden, denen das Hebräische eine fremde, das Deutsche die Mutter¬
sprache ist? Ist es nicht verkehrt, daß der Jude, der mit Deutsch auswächst,
Hebräisch mühsam lernt, um dann in dieser Sprache Uebersetzungen aus seiner
deutschen Muttersprache zu lesen? Was würde man sagen, wenn in unsern
Schulen die deutschen Klassiker in der ^MÄuiiti? MitivQ eingeführt würden?
Ich kann mir dieses Unternehmen kaum anders als aus dem Eifer erklären,
die heilige Sprache Israels um keinen Preis untergehen zu lassen, selbst um
den Preis des Ausschlusses aus der modernen Bildung nicht. Es tritt mir
darin wieder ein Ausdruck des gewaltigen Hochmuthes, der Abschließung des
Volkes Gottes von den andern Völkern entgegen.

Diese innere Feindschaft des Judenthums gegen die Cultur
unsrer Zeit muß nothwendig bei einem Culturvolke wie dem deutschen immer
deutlicher zum Bewußtsein und Ausdruck gelangen. Deshalb sagte ich, die
Judenfrage sei für die Slawen, welche niedriger in der Cultur stehen, minder
brennend als für uns Deutsche. Wird sich das deutsche Volk auch nicht der
Ursache klar bewußt, so empfindet es doch die Wirkungen in der wachsenden
Menge und dem Einflüsse des andrängenden Judenthums mit dem ihm eignen, ans
jener düstern, trüben Quelle fließenden Geiste und Charakter. Der von Osten
einwandernde Jude, das ist unsere Judenfrage. Und bei aller freisinnigen Denkweise
halte ich es für ein Recht und eine Pflicht der deutschen Staatsleitung,
gegen diese unbeschränkte Einwanderung gewaltsam vorzugehen. Man
fragt jeden Einwandrer in Deutschland nach den Mitteln seines Lebens. Weshalb
gestattet man aber den russischen Juden, schaarenweise ohne genügende Legitima¬
tion, Geld oder sonstige Habe über die Grenze zu kommen und sich in Deutschland
niederzulassen nach der Weise meines Mauschel? Das Manöver, vor der drohenden
Wehrpflicht, wenn sie nicht anders zu vermeiden ist, über die preußische Grenze
M gehen, ist in Rußland dem Juden so geläufig, wie etwa ins Haus zu.gehen,
wenn ihn draußen friert. Der Handel mit falschen deutschen Pässen, welche in
Deutschland angefertigt werden, oder mit ächten, aber fremden Pässen, die ballen¬
weise nach Rußland hinübergebracht werden, ist bekannt. Diese deutschen Pässe,
in denen das Geburtsjahr des Inhabers stets die verhängnißvolle Jahreszahl
der einberufenen Altersklasse vermeidet, sind ein regelmäßiger Handelsartikel mit
Marktpreis geworden. Der Schaden aber, welcher dadurch Rußlands Wehr¬
kraft angethan wird, ist vielleicht weniger groß, als der, welcher Deutschland
durch diese Einwanderung zugefügt wird. Und ich habe nicht gehört, daß die
deutsche Grenzwache etwas dagegen gehabt hätte, die Leute einzulassen. Mit


polnische Jude wird jene Werke überhaupt nicht lesen, einmal weil er nicht ge¬
bildet genug dazu ist, dann weil er dieselben für Werke der Gottlosigkeit hält-
Und endlich: was hat es für einen Sinn, deutsche Werke ins Hebräische zu
übersetzen für Juden, denen das Hebräische eine fremde, das Deutsche die Mutter¬
sprache ist? Ist es nicht verkehrt, daß der Jude, der mit Deutsch auswächst,
Hebräisch mühsam lernt, um dann in dieser Sprache Uebersetzungen aus seiner
deutschen Muttersprache zu lesen? Was würde man sagen, wenn in unsern
Schulen die deutschen Klassiker in der ^MÄuiiti? MitivQ eingeführt würden?
Ich kann mir dieses Unternehmen kaum anders als aus dem Eifer erklären,
die heilige Sprache Israels um keinen Preis untergehen zu lassen, selbst um
den Preis des Ausschlusses aus der modernen Bildung nicht. Es tritt mir
darin wieder ein Ausdruck des gewaltigen Hochmuthes, der Abschließung des
Volkes Gottes von den andern Völkern entgegen.

Diese innere Feindschaft des Judenthums gegen die Cultur
unsrer Zeit muß nothwendig bei einem Culturvolke wie dem deutschen immer
deutlicher zum Bewußtsein und Ausdruck gelangen. Deshalb sagte ich, die
Judenfrage sei für die Slawen, welche niedriger in der Cultur stehen, minder
brennend als für uns Deutsche. Wird sich das deutsche Volk auch nicht der
Ursache klar bewußt, so empfindet es doch die Wirkungen in der wachsenden
Menge und dem Einflüsse des andrängenden Judenthums mit dem ihm eignen, ans
jener düstern, trüben Quelle fließenden Geiste und Charakter. Der von Osten
einwandernde Jude, das ist unsere Judenfrage. Und bei aller freisinnigen Denkweise
halte ich es für ein Recht und eine Pflicht der deutschen Staatsleitung,
gegen diese unbeschränkte Einwanderung gewaltsam vorzugehen. Man
fragt jeden Einwandrer in Deutschland nach den Mitteln seines Lebens. Weshalb
gestattet man aber den russischen Juden, schaarenweise ohne genügende Legitima¬
tion, Geld oder sonstige Habe über die Grenze zu kommen und sich in Deutschland
niederzulassen nach der Weise meines Mauschel? Das Manöver, vor der drohenden
Wehrpflicht, wenn sie nicht anders zu vermeiden ist, über die preußische Grenze
M gehen, ist in Rußland dem Juden so geläufig, wie etwa ins Haus zu.gehen,
wenn ihn draußen friert. Der Handel mit falschen deutschen Pässen, welche in
Deutschland angefertigt werden, oder mit ächten, aber fremden Pässen, die ballen¬
weise nach Rußland hinübergebracht werden, ist bekannt. Diese deutschen Pässe,
in denen das Geburtsjahr des Inhabers stets die verhängnißvolle Jahreszahl
der einberufenen Altersklasse vermeidet, sind ein regelmäßiger Handelsartikel mit
Marktpreis geworden. Der Schaden aber, welcher dadurch Rußlands Wehr¬
kraft angethan wird, ist vielleicht weniger groß, als der, welcher Deutschland
durch diese Einwanderung zugefügt wird. Und ich habe nicht gehört, daß die
deutsche Grenzwache etwas dagegen gehabt hätte, die Leute einzulassen. Mit


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[0311] polnische Jude wird jene Werke überhaupt nicht lesen, einmal weil er nicht ge¬ bildet genug dazu ist, dann weil er dieselben für Werke der Gottlosigkeit hält- Und endlich: was hat es für einen Sinn, deutsche Werke ins Hebräische zu übersetzen für Juden, denen das Hebräische eine fremde, das Deutsche die Mutter¬ sprache ist? Ist es nicht verkehrt, daß der Jude, der mit Deutsch auswächst, Hebräisch mühsam lernt, um dann in dieser Sprache Uebersetzungen aus seiner deutschen Muttersprache zu lesen? Was würde man sagen, wenn in unsern Schulen die deutschen Klassiker in der ^MÄuiiti? MitivQ eingeführt würden? Ich kann mir dieses Unternehmen kaum anders als aus dem Eifer erklären, die heilige Sprache Israels um keinen Preis untergehen zu lassen, selbst um den Preis des Ausschlusses aus der modernen Bildung nicht. Es tritt mir darin wieder ein Ausdruck des gewaltigen Hochmuthes, der Abschließung des Volkes Gottes von den andern Völkern entgegen. Diese innere Feindschaft des Judenthums gegen die Cultur unsrer Zeit muß nothwendig bei einem Culturvolke wie dem deutschen immer deutlicher zum Bewußtsein und Ausdruck gelangen. Deshalb sagte ich, die Judenfrage sei für die Slawen, welche niedriger in der Cultur stehen, minder brennend als für uns Deutsche. Wird sich das deutsche Volk auch nicht der Ursache klar bewußt, so empfindet es doch die Wirkungen in der wachsenden Menge und dem Einflüsse des andrängenden Judenthums mit dem ihm eignen, ans jener düstern, trüben Quelle fließenden Geiste und Charakter. Der von Osten einwandernde Jude, das ist unsere Judenfrage. Und bei aller freisinnigen Denkweise halte ich es für ein Recht und eine Pflicht der deutschen Staatsleitung, gegen diese unbeschränkte Einwanderung gewaltsam vorzugehen. Man fragt jeden Einwandrer in Deutschland nach den Mitteln seines Lebens. Weshalb gestattet man aber den russischen Juden, schaarenweise ohne genügende Legitima¬ tion, Geld oder sonstige Habe über die Grenze zu kommen und sich in Deutschland niederzulassen nach der Weise meines Mauschel? Das Manöver, vor der drohenden Wehrpflicht, wenn sie nicht anders zu vermeiden ist, über die preußische Grenze M gehen, ist in Rußland dem Juden so geläufig, wie etwa ins Haus zu.gehen, wenn ihn draußen friert. Der Handel mit falschen deutschen Pässen, welche in Deutschland angefertigt werden, oder mit ächten, aber fremden Pässen, die ballen¬ weise nach Rußland hinübergebracht werden, ist bekannt. Diese deutschen Pässe, in denen das Geburtsjahr des Inhabers stets die verhängnißvolle Jahreszahl der einberufenen Altersklasse vermeidet, sind ein regelmäßiger Handelsartikel mit Marktpreis geworden. Der Schaden aber, welcher dadurch Rußlands Wehr¬ kraft angethan wird, ist vielleicht weniger groß, als der, welcher Deutschland durch diese Einwanderung zugefügt wird. Und ich habe nicht gehört, daß die deutsche Grenzwache etwas dagegen gehabt hätte, die Leute einzulassen. Mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/311>, abgerufen am 10.01.2025.