Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.ßer, die zu einem kürzern Verfahren rathen, welches besser zu wirken verspricht, Sollten die Processe gegen die Hetzer der Laudliga aber auch zu keiner Diese Beispiele zeigen durchaus nicht, daß die Jrländer Feiglinge sind? ßer, die zu einem kürzern Verfahren rathen, welches besser zu wirken verspricht, Sollten die Processe gegen die Hetzer der Laudliga aber auch zu keiner Diese Beispiele zeigen durchaus nicht, daß die Jrländer Feiglinge sind? <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0260" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147907"/> <p xml:id="ID_708" prev="#ID_707"> ßer, die zu einem kürzern Verfahren rathen, welches besser zu wirken verspricht,<lb/> d. h. zu einem Antrage beim Parlamente, der Regierung Vollmacht zu außer¬<lb/> ordentlichen Maßregeln zu ertheilen. Schon eine Kundgebung nach dieser Rich¬<lb/> tung hin würde wahrscheinlich heilsame Folgen haben, sie würde die rechtschaffen<lb/> gesinnten Leute in Irland ermuthigen und den Eifer der Demagogen dämpfen.<lb/> Uebrigens ist es keineswegs ganz sicher, daß ein Proceß nach den gewöhnlichen<lb/> Regeln an der Unzuverlässigkeit der Geschwornen scheitern müßte, zumal wenn<lb/> er in Dublin stattfände, dessen Geschäftswelt von dem durch Pachtgelderverluste<lb/> herbeigeführten Unvermögen ihrer besten Kunden, der Gutsherren, wie früher<lb/> reichliche Einkäufe zu machen, bereits schwer zu leiden haben, sodaß unter diesen<lb/> Industriellen und Kaufleuten der gesinnungstüchtige irische Geschworne, der<lb/> „lieber seine Stiefel aufißt als irgend jemand verurtheilt, der den Namen eines<lb/> Patrioten trägt", wohl nicht häufig mehr anzutreffen sein wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_709"> Sollten die Processe gegen die Hetzer der Laudliga aber auch zu keiner<lb/> Verurtheilung führen, so würde das Vorgehen der Regierung doch nicht ohne<lb/> gute Früchte bleiben. Es ist bezeichnend für die irischen Agitationen, daß eine<lb/> ihnen feindliche Politik der obersten Behörden immer zum Zusammenbruche der<lb/> Bestrebungen der Führer führte. Derselbe ließ bisweilen auf sich warten, trat<lb/> aber stets zuletzt ein. Als O'Connell 1843 verhaftet werden sollte, schien die<lb/> Repecil - Bewegung ein paar Monate zu einem großen Brande auflodern zu<lb/> wollen, aber als sich die Pforten des Gefängnisses irr Richmond hinter dem Agi¬<lb/> tator schlössen, wurde es rasch stiller. Man ließ ihn nach kurzer Zeit frei, aber<lb/> er und seine Stellvertreter machten hinfort mit den großthuerischeu Redensarten,<lb/> die sie zu brauchen gewohnt waren, keine Geschäfte mehr, da die „acht Millionen<lb/> Jrlcinder", auf die man sich so oft als Hilfsarmee berufen hatte, der Einsper-<lb/> rung ihres Führers zugesehen hatten, ohne zu seiner Befreiung eine Hand zu<lb/> rühren. Die Regierung hatte Muth gezeigt, das Volk hatte bewiesen, daß es<lb/> vorsichtig war. Dasselbe Ergebniß hatte das Auftreten der Behörden im Jahre<lb/> 1848. Vor dem Mitchelschen Processe hatte die flammende Sprache der natio¬<lb/> nalen Blätter vielen Beobachtern den Glauben eingeflößt, daß Tausende von<lb/> Jrländern kampfbereit wären, und siehe da, als jener die Strafe der Verban¬<lb/> nung antreten mußte, gab es nicht einmal eine Demonstration, und man machte<lb/> die Entdeckung, daß der Heldensinn Jung Irlands nur in Zeituugsredactionen<lb/> wohnte und nur mit Druckerschwärze operierte. 1866 endlich brach die Orga¬<lb/> nisation der Feiner, die manchem überaus gefährlich erschienen war, vor dem<lb/> kraftvollen Vorgehen der Executive in wenigen Tagen kläglich zusammen.</p><lb/> <p xml:id="ID_710" next="#ID_711"> Diese Beispiele zeigen durchaus nicht, daß die Jrländer Feiglinge sind?<lb/> denn auf gar manchem Schlachtfelde, sowie in den Reihen der irischen Polizei-<lb/> mannschaft der Königin haben sie das Gegentheil bewiesen. Aber wie alle</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0260]
ßer, die zu einem kürzern Verfahren rathen, welches besser zu wirken verspricht,
d. h. zu einem Antrage beim Parlamente, der Regierung Vollmacht zu außer¬
ordentlichen Maßregeln zu ertheilen. Schon eine Kundgebung nach dieser Rich¬
tung hin würde wahrscheinlich heilsame Folgen haben, sie würde die rechtschaffen
gesinnten Leute in Irland ermuthigen und den Eifer der Demagogen dämpfen.
Uebrigens ist es keineswegs ganz sicher, daß ein Proceß nach den gewöhnlichen
Regeln an der Unzuverlässigkeit der Geschwornen scheitern müßte, zumal wenn
er in Dublin stattfände, dessen Geschäftswelt von dem durch Pachtgelderverluste
herbeigeführten Unvermögen ihrer besten Kunden, der Gutsherren, wie früher
reichliche Einkäufe zu machen, bereits schwer zu leiden haben, sodaß unter diesen
Industriellen und Kaufleuten der gesinnungstüchtige irische Geschworne, der
„lieber seine Stiefel aufißt als irgend jemand verurtheilt, der den Namen eines
Patrioten trägt", wohl nicht häufig mehr anzutreffen sein wird.
Sollten die Processe gegen die Hetzer der Laudliga aber auch zu keiner
Verurtheilung führen, so würde das Vorgehen der Regierung doch nicht ohne
gute Früchte bleiben. Es ist bezeichnend für die irischen Agitationen, daß eine
ihnen feindliche Politik der obersten Behörden immer zum Zusammenbruche der
Bestrebungen der Führer führte. Derselbe ließ bisweilen auf sich warten, trat
aber stets zuletzt ein. Als O'Connell 1843 verhaftet werden sollte, schien die
Repecil - Bewegung ein paar Monate zu einem großen Brande auflodern zu
wollen, aber als sich die Pforten des Gefängnisses irr Richmond hinter dem Agi¬
tator schlössen, wurde es rasch stiller. Man ließ ihn nach kurzer Zeit frei, aber
er und seine Stellvertreter machten hinfort mit den großthuerischeu Redensarten,
die sie zu brauchen gewohnt waren, keine Geschäfte mehr, da die „acht Millionen
Jrlcinder", auf die man sich so oft als Hilfsarmee berufen hatte, der Einsper-
rung ihres Führers zugesehen hatten, ohne zu seiner Befreiung eine Hand zu
rühren. Die Regierung hatte Muth gezeigt, das Volk hatte bewiesen, daß es
vorsichtig war. Dasselbe Ergebniß hatte das Auftreten der Behörden im Jahre
1848. Vor dem Mitchelschen Processe hatte die flammende Sprache der natio¬
nalen Blätter vielen Beobachtern den Glauben eingeflößt, daß Tausende von
Jrländern kampfbereit wären, und siehe da, als jener die Strafe der Verban¬
nung antreten mußte, gab es nicht einmal eine Demonstration, und man machte
die Entdeckung, daß der Heldensinn Jung Irlands nur in Zeituugsredactionen
wohnte und nur mit Druckerschwärze operierte. 1866 endlich brach die Orga¬
nisation der Feiner, die manchem überaus gefährlich erschienen war, vor dem
kraftvollen Vorgehen der Executive in wenigen Tagen kläglich zusammen.
Diese Beispiele zeigen durchaus nicht, daß die Jrländer Feiglinge sind?
denn auf gar manchem Schlachtfelde, sowie in den Reihen der irischen Polizei-
mannschaft der Königin haben sie das Gegentheil bewiesen. Aber wie alle
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