Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.allein aber hatte Wellington nicht die gehoffte Hilfe gebracht, Die gleichzeitigen Nach einem solchen Siege mußten auch bei Gneisenau wieder die Wünsche allein aber hatte Wellington nicht die gehoffte Hilfe gebracht, Die gleichzeitigen Nach einem solchen Siege mußten auch bei Gneisenau wieder die Wünsche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0104" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147751"/> <p xml:id="ID_297" prev="#ID_296"> allein aber hatte Wellington nicht die gehoffte Hilfe gebracht, Die gleichzeitigen<lb/> Briefe Gneisenans behandeln die Schlacht nur kurz. Ob Wellington nicht kom¬<lb/> men konnte oder wollte, diese wichtige Frage wird nicht berührt. Die unmit-<lb/> telbar folgende Katastrophe mußte die Erinnerung an die Niederlage verwischen.<lb/> Am 18. Juni war Napoleon bei Belle Alliance vernichtet. Welchen Antheil<lb/> die Preußen an dem Siege gehabt haben, ist bekannt. Lassen wir Gneisenau<lb/> selbst sprechen. Die Proclamation Blüchers, welche der Generalstabschef abfaßte,<lb/> durchklingt der helle Jubelruf des Glücks über deu frisch erkämpften Sieg. „Ihr<lb/> habt Euch" — ruft er seinen Waffengefährten zu — „einen großen Namen ge¬<lb/> macht. So lange es Geschichte giebt, wird sie Euer gedenken. Auf Euch, Ihr<lb/> unerschütterliche» Säulen der preußischen Monarchie, ruht mit Sicherheit das<lb/> Glück Eures Königs und seines Hauses. Nie wird Preußen untergehen, wenn<lb/> Eure Sohne und Enkel Euch gleichen." Nicht genug kann Greisen«« in den<lb/> Briefen an seine Vertrauten schildern, wie herrlich das Schauspiel gewesen sei,<lb/> als die Preußen mit Trommelklang und fliegenden Fahnen aus dem Gehölz,<lb/> das sie bis dahin gedeckt hatte, heraustraten und mit ihren Colonnen Wellington<lb/> Hilfe und damit die Entscheidung der denkwürdigen Schlacht brachten. Nach<lb/> dem Kampfe stellte sich Gneisenau wieder an die Spitze der verfolgenden Truppen.<lb/> „Ich hatte" — schreibt er seiner Gattin — „nur wenige Mann Ccwallerie und<lb/> einige Mann Infanterie bei mir. Ich ließ trommeln, schreien, Trompeten blasen,<lb/> mit einigen Kanonen von Zeit zu Zeit feuern. Die Franzosen wollten nach so<lb/> vielen Anstrengungen von Zeit zu Zeit lagern, wir ließen ihnen aber keine<lb/> Ruhe und jagten ihre Biwaks stets auf .... Ich habe uicht gerastet, als bis<lb/> der Tag angebrochen war und meine Leute vor Ermüdung nicht mehr fort<lb/> konnten." An Frau von Clausewitz schreibt er: „Es war die herrlichste Nacht<lb/> meines Lebens. Der Mond beleuchtete die schöne Seene, das Wetter war mild."</p><lb/> <p xml:id="ID_298" next="#ID_299"> Nach einem solchen Siege mußten auch bei Gneisenau wieder die Wünsche<lb/> laut werden, die in Wien keine Erfüllung gefunden hatten. In einem Briefe<lb/> an Boyen vom 22. Juni verlangt er als Siegespreis für Deutschland Elsaß-<lb/> Lothringen. Als Beuteantheil sür Preußen nimmt er Mainz, Luxemburg, Nassau,<lb/> Ansbach und Baireuth in Anspruch. Gegenüber dem Fürsten Hardenberg be¬<lb/> gründete er diese Forderungen noch besonders. Drohend schreibt er: „Wird<lb/> nach anderen Grundsätzen verfahren, und sichert man nicht Deutschland gegen<lb/> ein schlechtes, unruhiges, aber fähiges und tapferes Volk, so steigert sich die<lb/> Indignation der Völker gegen ihre Regierungen und ihre Diplomaten und es<lb/> ist nicht abzusehen, welche Folgen daraus entstehe« mögen. Eine Regierung,<lb/> die in Verachtung versinkt, ist nicht gut vom Untergang zu retten, und wird sie<lb/> auch durch das Schwert gerettet, so kann sie Gutes nur schwer wirken, indem<lb/> ihr das Vertrauen fehlt." „Die diplomatische Sippschaft" — heißt es an an-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0104]
allein aber hatte Wellington nicht die gehoffte Hilfe gebracht, Die gleichzeitigen
Briefe Gneisenans behandeln die Schlacht nur kurz. Ob Wellington nicht kom¬
men konnte oder wollte, diese wichtige Frage wird nicht berührt. Die unmit-
telbar folgende Katastrophe mußte die Erinnerung an die Niederlage verwischen.
Am 18. Juni war Napoleon bei Belle Alliance vernichtet. Welchen Antheil
die Preußen an dem Siege gehabt haben, ist bekannt. Lassen wir Gneisenau
selbst sprechen. Die Proclamation Blüchers, welche der Generalstabschef abfaßte,
durchklingt der helle Jubelruf des Glücks über deu frisch erkämpften Sieg. „Ihr
habt Euch" — ruft er seinen Waffengefährten zu — „einen großen Namen ge¬
macht. So lange es Geschichte giebt, wird sie Euer gedenken. Auf Euch, Ihr
unerschütterliche» Säulen der preußischen Monarchie, ruht mit Sicherheit das
Glück Eures Königs und seines Hauses. Nie wird Preußen untergehen, wenn
Eure Sohne und Enkel Euch gleichen." Nicht genug kann Greisen«« in den
Briefen an seine Vertrauten schildern, wie herrlich das Schauspiel gewesen sei,
als die Preußen mit Trommelklang und fliegenden Fahnen aus dem Gehölz,
das sie bis dahin gedeckt hatte, heraustraten und mit ihren Colonnen Wellington
Hilfe und damit die Entscheidung der denkwürdigen Schlacht brachten. Nach
dem Kampfe stellte sich Gneisenau wieder an die Spitze der verfolgenden Truppen.
„Ich hatte" — schreibt er seiner Gattin — „nur wenige Mann Ccwallerie und
einige Mann Infanterie bei mir. Ich ließ trommeln, schreien, Trompeten blasen,
mit einigen Kanonen von Zeit zu Zeit feuern. Die Franzosen wollten nach so
vielen Anstrengungen von Zeit zu Zeit lagern, wir ließen ihnen aber keine
Ruhe und jagten ihre Biwaks stets auf .... Ich habe uicht gerastet, als bis
der Tag angebrochen war und meine Leute vor Ermüdung nicht mehr fort
konnten." An Frau von Clausewitz schreibt er: „Es war die herrlichste Nacht
meines Lebens. Der Mond beleuchtete die schöne Seene, das Wetter war mild."
Nach einem solchen Siege mußten auch bei Gneisenau wieder die Wünsche
laut werden, die in Wien keine Erfüllung gefunden hatten. In einem Briefe
an Boyen vom 22. Juni verlangt er als Siegespreis für Deutschland Elsaß-
Lothringen. Als Beuteantheil sür Preußen nimmt er Mainz, Luxemburg, Nassau,
Ansbach und Baireuth in Anspruch. Gegenüber dem Fürsten Hardenberg be¬
gründete er diese Forderungen noch besonders. Drohend schreibt er: „Wird
nach anderen Grundsätzen verfahren, und sichert man nicht Deutschland gegen
ein schlechtes, unruhiges, aber fähiges und tapferes Volk, so steigert sich die
Indignation der Völker gegen ihre Regierungen und ihre Diplomaten und es
ist nicht abzusehen, welche Folgen daraus entstehe« mögen. Eine Regierung,
die in Verachtung versinkt, ist nicht gut vom Untergang zu retten, und wird sie
auch durch das Schwert gerettet, so kann sie Gutes nur schwer wirken, indem
ihr das Vertrauen fehlt." „Die diplomatische Sippschaft" — heißt es an an-
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