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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Volkes, so muß sie ganz durchgeführt werden, und nicht eher darf der starke
Kämpfer das mächtige Schwert seines Geistes niederlegen, als bis er auch in
handelspolitischer Hinsicht unsere nationale Einheit verwirklicht hat. Und nicht
eher wird der Wille, der dieses Schwert führt, ruhen. Der große Kampf
des nationalen Geistes gegen die antinationalen Mächte und das Zwerggeschlecht
der Particularisten wird fortgesetzt werden! Dafür bürgt das verfassungs¬
mäßige Vorgehen des Kanzlers gegen die Fr el Hafen se el tun g der Hanse-
stadt e.

In des Tages Brand- und Schlachtlärm ist diese Frage so verdunkelt
worden, bei dem Hasse, der die Brust der Mauchestermänner nach ihrer großen
Niederlage in der Zolltariffrage gegen den Fürsten Bismarck erfüllt, ist das
öffentliche Urtheil so bestochen und gefälscht worden, daß eine Aufklärung darüber
dringend vou Nöthen ist.

Niemand darf glauben, daß die Wortführer in den Hansestädten schwer¬
wiegende sachliche Bedenken gegen die wirthschaftliche Reichseinheit geltend
zu machen im Stande wären; niemand darf ihnen die Meinung impntiren, als
hielten sie die maßgebenden Interessen Deutschlands für unverträglich mit dieser
Einheit. Daß die Herstellung einer Zolleinheit dem Reiche schade, glaubt auch
nicht der eingebildetste Hansesohn. Niemandem aber auch möchte es gelingen,
gute, vollwichtige, unumstößliche Gründe dafür beizubringen, daß die Freihafen¬
stellung für den Welthandel der Hansestädte nothwendig sei. Aber wäre sie
es auch, wäre auch erwiesen, daß der Handel Hamburgs und Bremens durch
deu Einschluß in die allgemeine Zolllinie Schaden nähme, und wäre andererseits
der Beweis geführt, daß das Interesse des Reiches diesen Einschluß erheische,
so müßte dieser Einschluß dennoch unbedingt und sobald als möglich vollzogen
werden, denn sonst würde das partikulare Interesse zweier Reichsstädte höher ge¬
stellt als das Interesse des ganzen Reiches. So aber steht die Frage nicht. Denn
wenn es wahr ist, wie man in der Presse dieser Städte, in den Reden und
Staatsschriften ihrer Politiker früher und jetzt so oft gelesen hat, daß diese
Freihafen die Seehandelsthore Deutschlands seien und Deutschlands Wohlfahrt
auch ihre Wohlfahrt bedinge, so müßte ja das Interesse Deutschlands mit dem In¬
teresse der Hansestädte zusammenfallen. Nun fallen aber die Interessen beider in der
Hauptsache wirklich zusammen, ebenso wie die Interessen der größten Handelsstädte
anderer Länder auch die Interessen des Reichs sind, dem sie angehören. London
und Liverpool, Havre und Antwerpen, New York und San Francisco haben sich
auf ihre Höhe emporgearbeitet, obgleich sie, oder vielmehr weil sie in die gemein¬
schaftliche Zollgrenze ihres Landes eingeschlossen sind. Warum sollen die Einrich¬
tungen, welche in der ganzen übrigen Welt die höchste Blüthe und die reifste Frucht


Volkes, so muß sie ganz durchgeführt werden, und nicht eher darf der starke
Kämpfer das mächtige Schwert seines Geistes niederlegen, als bis er auch in
handelspolitischer Hinsicht unsere nationale Einheit verwirklicht hat. Und nicht
eher wird der Wille, der dieses Schwert führt, ruhen. Der große Kampf
des nationalen Geistes gegen die antinationalen Mächte und das Zwerggeschlecht
der Particularisten wird fortgesetzt werden! Dafür bürgt das verfassungs¬
mäßige Vorgehen des Kanzlers gegen die Fr el Hafen se el tun g der Hanse-
stadt e.

In des Tages Brand- und Schlachtlärm ist diese Frage so verdunkelt
worden, bei dem Hasse, der die Brust der Mauchestermänner nach ihrer großen
Niederlage in der Zolltariffrage gegen den Fürsten Bismarck erfüllt, ist das
öffentliche Urtheil so bestochen und gefälscht worden, daß eine Aufklärung darüber
dringend vou Nöthen ist.

Niemand darf glauben, daß die Wortführer in den Hansestädten schwer¬
wiegende sachliche Bedenken gegen die wirthschaftliche Reichseinheit geltend
zu machen im Stande wären; niemand darf ihnen die Meinung impntiren, als
hielten sie die maßgebenden Interessen Deutschlands für unverträglich mit dieser
Einheit. Daß die Herstellung einer Zolleinheit dem Reiche schade, glaubt auch
nicht der eingebildetste Hansesohn. Niemandem aber auch möchte es gelingen,
gute, vollwichtige, unumstößliche Gründe dafür beizubringen, daß die Freihafen¬
stellung für den Welthandel der Hansestädte nothwendig sei. Aber wäre sie
es auch, wäre auch erwiesen, daß der Handel Hamburgs und Bremens durch
deu Einschluß in die allgemeine Zolllinie Schaden nähme, und wäre andererseits
der Beweis geführt, daß das Interesse des Reiches diesen Einschluß erheische,
so müßte dieser Einschluß dennoch unbedingt und sobald als möglich vollzogen
werden, denn sonst würde das partikulare Interesse zweier Reichsstädte höher ge¬
stellt als das Interesse des ganzen Reiches. So aber steht die Frage nicht. Denn
wenn es wahr ist, wie man in der Presse dieser Städte, in den Reden und
Staatsschriften ihrer Politiker früher und jetzt so oft gelesen hat, daß diese
Freihafen die Seehandelsthore Deutschlands seien und Deutschlands Wohlfahrt
auch ihre Wohlfahrt bedinge, so müßte ja das Interesse Deutschlands mit dem In¬
teresse der Hansestädte zusammenfallen. Nun fallen aber die Interessen beider in der
Hauptsache wirklich zusammen, ebenso wie die Interessen der größten Handelsstädte
anderer Länder auch die Interessen des Reichs sind, dem sie angehören. London
und Liverpool, Havre und Antwerpen, New York und San Francisco haben sich
auf ihre Höhe emporgearbeitet, obgleich sie, oder vielmehr weil sie in die gemein¬
schaftliche Zollgrenze ihres Landes eingeschlossen sind. Warum sollen die Einrich¬
tungen, welche in der ganzen übrigen Welt die höchste Blüthe und die reifste Frucht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/59>, abgerufen am 23.07.2024.