Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei einer Umschau unter deu übrigen Landschaftsmalern können wir con-
statiren, daß die meisten, welche sich in einer begrenzten Sphäre zu einer ge¬
schätzten Specialität emporgearbeitet haben, dem Sturmlauf unserer Ausstellungen
noch in so weit zu folgen vermögen, daß sie wenigstens noch nicht den Athem
verloren haben. Und mit einem solchen Ergebniß kann man unter den gegen¬
wärtigen Verhältnissen zufrieden sein. Wir fürchten nur, daß über kurz oder
lang doch der Fall eintreten wird, daß die hastige Production auf die Jahres¬
ausstellungen hin zum Bankerott führt. Es ist schlechterdings unmöglich, daß
eine so glänzende und zahlreiche Cohorte von Landschaftsmalern, wie sie in diesem
Jahre auf unserer Ausstellung vertreten ist, alljährlich in gleicher Stärke
erscheinen kann. Und zeigt sich einmal eine Decadence, so ist man nur zu sehr
geneigt, den Personen zur Last zu legen, was eine Folge der Verhältnisse ist.
Hat man die Absicht gehabt, dnrch die alljährliche Wiederkehr der akademischen
Kunstausstellungen ein Zeugniß von dem Wachsthum und der Blüthe der
Akademie seit ihrer Reorganisation abzulegen, so darf man schon jetzt behaupten,
daß diese Absicht nicht erreicht worden ist. Bis jetzt haben sich die jüngeren
Akademieschüler auf den Ausstellungen nur sehr unvorteilhaft bemerkbar gemacht.
Von ihnen ist also vor der Hand kein Heil zu erwarten. Ein frischerer Zug
ist nur durch die jüngeren Düsseldorfer Maler in unsere Ausstellung hinein¬
gekommen, während diejenigen Meister, welche den alten Ruhm der Berliner
Malerschule während der letzten Zeit aufrecht erhielten, mit der Akademie wenig
oder gar nichts zu thun hatten.

Ein Ueberblick über die Landschaften aber, verbunden mit der Versicherung,
daß die Genannten ohne Ausnahme den erworbenen Namen würdig vertreten,
mag zugleich beweisen, wie reich die deutsche Landschaftsmalerei an ausgezeich¬
neten Specialitäten ist. Den Reigen mögen die Romantiker der italienischen
Landschaft beginnen: Flaum, A. Leu, E. v. Lichtenfels, Lindemann-
Fromm el, A. Lutteroth. Flink el (Berlin) huldigt als Colorist der mo¬
dernsten realistischen Richtung. Dann die Romantiker der Gebirgslandschaft:
Metzener, O. v. Kameele, Josef Jansen, C. Ludwig, die Meister der
Flach-, Haide- und Strandlaudschaft: Eugen Bracht, C. Jrmer, Jettel,
Bernewitz v. Loefen, C. Scherres, H. Raetzer, Max Schmidt, W.
Schund, Malchin, Kühling, denen sich in diesem Jahr als Komo novus
unser trefflicher Maler des Sports, der jüngst zum Director der Kunstakademie
nach Königsberg berufene Steffeck, mit einem fein empfundenen "Ostseestrand"
anreiht, die Orientmaler E. Körner und E. Berninger, der Maler des
südamerikanischen Urwalds F. Bellermann, die Marinemaler E. Ducker,
H. Eschke, F. Sturm und A. Nordgren. Kanoldt in Karlsruhe, der
Vertreter der historischen Landschaft, und Konrad Lessing, welcher sich die


Bei einer Umschau unter deu übrigen Landschaftsmalern können wir con-
statiren, daß die meisten, welche sich in einer begrenzten Sphäre zu einer ge¬
schätzten Specialität emporgearbeitet haben, dem Sturmlauf unserer Ausstellungen
noch in so weit zu folgen vermögen, daß sie wenigstens noch nicht den Athem
verloren haben. Und mit einem solchen Ergebniß kann man unter den gegen¬
wärtigen Verhältnissen zufrieden sein. Wir fürchten nur, daß über kurz oder
lang doch der Fall eintreten wird, daß die hastige Production auf die Jahres¬
ausstellungen hin zum Bankerott führt. Es ist schlechterdings unmöglich, daß
eine so glänzende und zahlreiche Cohorte von Landschaftsmalern, wie sie in diesem
Jahre auf unserer Ausstellung vertreten ist, alljährlich in gleicher Stärke
erscheinen kann. Und zeigt sich einmal eine Decadence, so ist man nur zu sehr
geneigt, den Personen zur Last zu legen, was eine Folge der Verhältnisse ist.
Hat man die Absicht gehabt, dnrch die alljährliche Wiederkehr der akademischen
Kunstausstellungen ein Zeugniß von dem Wachsthum und der Blüthe der
Akademie seit ihrer Reorganisation abzulegen, so darf man schon jetzt behaupten,
daß diese Absicht nicht erreicht worden ist. Bis jetzt haben sich die jüngeren
Akademieschüler auf den Ausstellungen nur sehr unvorteilhaft bemerkbar gemacht.
Von ihnen ist also vor der Hand kein Heil zu erwarten. Ein frischerer Zug
ist nur durch die jüngeren Düsseldorfer Maler in unsere Ausstellung hinein¬
gekommen, während diejenigen Meister, welche den alten Ruhm der Berliner
Malerschule während der letzten Zeit aufrecht erhielten, mit der Akademie wenig
oder gar nichts zu thun hatten.

Ein Ueberblick über die Landschaften aber, verbunden mit der Versicherung,
daß die Genannten ohne Ausnahme den erworbenen Namen würdig vertreten,
mag zugleich beweisen, wie reich die deutsche Landschaftsmalerei an ausgezeich¬
neten Specialitäten ist. Den Reigen mögen die Romantiker der italienischen
Landschaft beginnen: Flaum, A. Leu, E. v. Lichtenfels, Lindemann-
Fromm el, A. Lutteroth. Flink el (Berlin) huldigt als Colorist der mo¬
dernsten realistischen Richtung. Dann die Romantiker der Gebirgslandschaft:
Metzener, O. v. Kameele, Josef Jansen, C. Ludwig, die Meister der
Flach-, Haide- und Strandlaudschaft: Eugen Bracht, C. Jrmer, Jettel,
Bernewitz v. Loefen, C. Scherres, H. Raetzer, Max Schmidt, W.
Schund, Malchin, Kühling, denen sich in diesem Jahr als Komo novus
unser trefflicher Maler des Sports, der jüngst zum Director der Kunstakademie
nach Königsberg berufene Steffeck, mit einem fein empfundenen „Ostseestrand"
anreiht, die Orientmaler E. Körner und E. Berninger, der Maler des
südamerikanischen Urwalds F. Bellermann, die Marinemaler E. Ducker,
H. Eschke, F. Sturm und A. Nordgren. Kanoldt in Karlsruhe, der
Vertreter der historischen Landschaft, und Konrad Lessing, welcher sich die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0542" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147636"/>
          <p xml:id="ID_1483"> Bei einer Umschau unter deu übrigen Landschaftsmalern können wir con-<lb/>
statiren, daß die meisten, welche sich in einer begrenzten Sphäre zu einer ge¬<lb/>
schätzten Specialität emporgearbeitet haben, dem Sturmlauf unserer Ausstellungen<lb/>
noch in so weit zu folgen vermögen, daß sie wenigstens noch nicht den Athem<lb/>
verloren haben. Und mit einem solchen Ergebniß kann man unter den gegen¬<lb/>
wärtigen Verhältnissen zufrieden sein. Wir fürchten nur, daß über kurz oder<lb/>
lang doch der Fall eintreten wird, daß die hastige Production auf die Jahres¬<lb/>
ausstellungen hin zum Bankerott führt. Es ist schlechterdings unmöglich, daß<lb/>
eine so glänzende und zahlreiche Cohorte von Landschaftsmalern, wie sie in diesem<lb/>
Jahre auf unserer Ausstellung vertreten ist, alljährlich in gleicher Stärke<lb/>
erscheinen kann. Und zeigt sich einmal eine Decadence, so ist man nur zu sehr<lb/>
geneigt, den Personen zur Last zu legen, was eine Folge der Verhältnisse ist.<lb/>
Hat man die Absicht gehabt, dnrch die alljährliche Wiederkehr der akademischen<lb/>
Kunstausstellungen ein Zeugniß von dem Wachsthum und der Blüthe der<lb/>
Akademie seit ihrer Reorganisation abzulegen, so darf man schon jetzt behaupten,<lb/>
daß diese Absicht nicht erreicht worden ist. Bis jetzt haben sich die jüngeren<lb/>
Akademieschüler auf den Ausstellungen nur sehr unvorteilhaft bemerkbar gemacht.<lb/>
Von ihnen ist also vor der Hand kein Heil zu erwarten. Ein frischerer Zug<lb/>
ist nur durch die jüngeren Düsseldorfer Maler in unsere Ausstellung hinein¬<lb/>
gekommen, während diejenigen Meister, welche den alten Ruhm der Berliner<lb/>
Malerschule während der letzten Zeit aufrecht erhielten, mit der Akademie wenig<lb/>
oder gar nichts zu thun hatten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1484" next="#ID_1485"> Ein Ueberblick über die Landschaften aber, verbunden mit der Versicherung,<lb/>
daß die Genannten ohne Ausnahme den erworbenen Namen würdig vertreten,<lb/>
mag zugleich beweisen, wie reich die deutsche Landschaftsmalerei an ausgezeich¬<lb/>
neten Specialitäten ist. Den Reigen mögen die Romantiker der italienischen<lb/>
Landschaft beginnen: Flaum, A. Leu, E. v. Lichtenfels, Lindemann-<lb/>
Fromm el, A. Lutteroth. Flink el (Berlin) huldigt als Colorist der mo¬<lb/>
dernsten realistischen Richtung. Dann die Romantiker der Gebirgslandschaft:<lb/>
Metzener, O. v. Kameele, Josef Jansen, C. Ludwig, die Meister der<lb/>
Flach-, Haide- und Strandlaudschaft: Eugen Bracht, C. Jrmer, Jettel,<lb/>
Bernewitz v. Loefen, C. Scherres, H. Raetzer, Max Schmidt, W.<lb/>
Schund, Malchin, Kühling, denen sich in diesem Jahr als Komo novus<lb/>
unser trefflicher Maler des Sports, der jüngst zum Director der Kunstakademie<lb/>
nach Königsberg berufene Steffeck, mit einem fein empfundenen &#x201E;Ostseestrand"<lb/>
anreiht, die Orientmaler E. Körner und E. Berninger, der Maler des<lb/>
südamerikanischen Urwalds F. Bellermann, die Marinemaler E. Ducker,<lb/>
H. Eschke, F. Sturm und A. Nordgren. Kanoldt in Karlsruhe, der<lb/>
Vertreter der historischen Landschaft, und Konrad Lessing, welcher sich die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0542] Bei einer Umschau unter deu übrigen Landschaftsmalern können wir con- statiren, daß die meisten, welche sich in einer begrenzten Sphäre zu einer ge¬ schätzten Specialität emporgearbeitet haben, dem Sturmlauf unserer Ausstellungen noch in so weit zu folgen vermögen, daß sie wenigstens noch nicht den Athem verloren haben. Und mit einem solchen Ergebniß kann man unter den gegen¬ wärtigen Verhältnissen zufrieden sein. Wir fürchten nur, daß über kurz oder lang doch der Fall eintreten wird, daß die hastige Production auf die Jahres¬ ausstellungen hin zum Bankerott führt. Es ist schlechterdings unmöglich, daß eine so glänzende und zahlreiche Cohorte von Landschaftsmalern, wie sie in diesem Jahre auf unserer Ausstellung vertreten ist, alljährlich in gleicher Stärke erscheinen kann. Und zeigt sich einmal eine Decadence, so ist man nur zu sehr geneigt, den Personen zur Last zu legen, was eine Folge der Verhältnisse ist. Hat man die Absicht gehabt, dnrch die alljährliche Wiederkehr der akademischen Kunstausstellungen ein Zeugniß von dem Wachsthum und der Blüthe der Akademie seit ihrer Reorganisation abzulegen, so darf man schon jetzt behaupten, daß diese Absicht nicht erreicht worden ist. Bis jetzt haben sich die jüngeren Akademieschüler auf den Ausstellungen nur sehr unvorteilhaft bemerkbar gemacht. Von ihnen ist also vor der Hand kein Heil zu erwarten. Ein frischerer Zug ist nur durch die jüngeren Düsseldorfer Maler in unsere Ausstellung hinein¬ gekommen, während diejenigen Meister, welche den alten Ruhm der Berliner Malerschule während der letzten Zeit aufrecht erhielten, mit der Akademie wenig oder gar nichts zu thun hatten. Ein Ueberblick über die Landschaften aber, verbunden mit der Versicherung, daß die Genannten ohne Ausnahme den erworbenen Namen würdig vertreten, mag zugleich beweisen, wie reich die deutsche Landschaftsmalerei an ausgezeich¬ neten Specialitäten ist. Den Reigen mögen die Romantiker der italienischen Landschaft beginnen: Flaum, A. Leu, E. v. Lichtenfels, Lindemann- Fromm el, A. Lutteroth. Flink el (Berlin) huldigt als Colorist der mo¬ dernsten realistischen Richtung. Dann die Romantiker der Gebirgslandschaft: Metzener, O. v. Kameele, Josef Jansen, C. Ludwig, die Meister der Flach-, Haide- und Strandlaudschaft: Eugen Bracht, C. Jrmer, Jettel, Bernewitz v. Loefen, C. Scherres, H. Raetzer, Max Schmidt, W. Schund, Malchin, Kühling, denen sich in diesem Jahr als Komo novus unser trefflicher Maler des Sports, der jüngst zum Director der Kunstakademie nach Königsberg berufene Steffeck, mit einem fein empfundenen „Ostseestrand" anreiht, die Orientmaler E. Körner und E. Berninger, der Maler des südamerikanischen Urwalds F. Bellermann, die Marinemaler E. Ducker, H. Eschke, F. Sturm und A. Nordgren. Kanoldt in Karlsruhe, der Vertreter der historischen Landschaft, und Konrad Lessing, welcher sich die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/542
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/542>, abgerufen am 23.07.2024.