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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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gefriert und in schönen, klaren Eisblöcken oder Barren geschnitten werden kann.
Selbstverständlich darf man dabei die verwendeten Kälteerzeuger nicht verloren
gehen lassen, ihre Dämpfe werden also condensirt und die gewonnenen Flüssig¬
keiten von neuem benutzt. Wenn man nun für Kalthaltnng der Fleischräume
der überseeischen Transportschiffe Eismaschinen dieses Systems benutzen wollte,
so wäre die Herstellung von Eis gar nicht einmal erforderlich, es würde schon
genügen und dabei vortheilhafter sein, das Wasser oder die Luft, nachdem sie
ausreichend abgekühlt siud, direct in die erwähnten Zinkröhren oder in die
Fleischräume einzutreiben. Trotzdem sind Aether- und Ammoniak-Maschinen
für überseeischen Fleischtransport nicht anwendbar. Die Aether-Maschinen näm¬
lich erfordern sehr große Dimensionen und bewirken große Arbeitsverluste, weil
die Spannung der Aetherdämpfe bei niedriger Temperatur sehr gering ist. Die
Anwendung von Methyläther aber, dessen Dämpfe bei 30 ° einen Ueberbruck von
5,5 Atmosphären und bei -- 15 ° noch einen solchen von 1,5 Atmosphären haben,
erfordert für die Condensirung der Aetherdämpfe einen so starken Druck, daß
die Arbeitsverluste zu groß werden. Die Ammoniak-Maschine leidet an vier
Uebelständen: erstens daß der Ammoniaklösung sehr bedeutende Wärmemengen
zugeführt werden müssen, sodann daß der Apparat ebenso wie eine Dampf¬
maschine mit Volldruck, also sehr unvorteilhaft arbeitet im Verhältniß zu einer
Maschine mit Expansion, daß wegen der zweimaligen Condensation des Ammo¬
niaks eine bedeutende Kühlwassermenge verbraucht wird, und endlich, daß das
Ammoniak mit der Zeit zerstörend auf das Material der Maschinentheile ein¬
wirkt. Wenn die Maschinen dieses Systems aber auch alle eben erwähnten
Uebelstände nicht hätten, so würde doch der üble Geruch, die Feuergefährlichkeit
und Gesundheitsschädlichkeit der für ihren Betrieb erforderlichen Flüssigkeiten
sie zur Benutzung in Fleischtransport-Schiffen unbrauchbar machen.

Bei dem anderen System wird Luft in einem Metall-, gewöhnlich Stahl-
Cylinder durch einen Kolben comprimirt. Die durch Compression heiß gewor¬
dene Luft wird durch Kühlwasser abgekühlt, so daß man eine Lust erhält von
großer Dichtigkeit bei gewöhnlicher Temperatur. Läßt man diese Luft aus der
Compressionsbüchse frei austreten, so sinkt nach dem oben angeführten physikali¬
schen Gesetz ihre Temperatur in demselben Maße, in welchem sie vorher bei
der Compression gestiegen war. Diese Temperaturabnahme ist sehr bedeutend.
Schon bei einer Expansion von einer Atmosphäre Ueberbruck beträgt sie 60",
bei zwei Atmosphären gegen 90". Weil nun nach den Gesetzen der Wurme^
lehre zur Erzeugung eines bestimmten Kältegrades gleichviel mechanische Arbeit
erforderlich ist, möge der Abkühlungsapparat durch Aether, Ammoniak oder was
immer für einen Körper bedient werden, so besitzen die Luftexpansionsmaschinen
von vornherein einen sehr bedeutenden Vortheil vor allen anderen Eismaschinen.


gefriert und in schönen, klaren Eisblöcken oder Barren geschnitten werden kann.
Selbstverständlich darf man dabei die verwendeten Kälteerzeuger nicht verloren
gehen lassen, ihre Dämpfe werden also condensirt und die gewonnenen Flüssig¬
keiten von neuem benutzt. Wenn man nun für Kalthaltnng der Fleischräume
der überseeischen Transportschiffe Eismaschinen dieses Systems benutzen wollte,
so wäre die Herstellung von Eis gar nicht einmal erforderlich, es würde schon
genügen und dabei vortheilhafter sein, das Wasser oder die Luft, nachdem sie
ausreichend abgekühlt siud, direct in die erwähnten Zinkröhren oder in die
Fleischräume einzutreiben. Trotzdem sind Aether- und Ammoniak-Maschinen
für überseeischen Fleischtransport nicht anwendbar. Die Aether-Maschinen näm¬
lich erfordern sehr große Dimensionen und bewirken große Arbeitsverluste, weil
die Spannung der Aetherdämpfe bei niedriger Temperatur sehr gering ist. Die
Anwendung von Methyläther aber, dessen Dämpfe bei 30 ° einen Ueberbruck von
5,5 Atmosphären und bei — 15 ° noch einen solchen von 1,5 Atmosphären haben,
erfordert für die Condensirung der Aetherdämpfe einen so starken Druck, daß
die Arbeitsverluste zu groß werden. Die Ammoniak-Maschine leidet an vier
Uebelständen: erstens daß der Ammoniaklösung sehr bedeutende Wärmemengen
zugeführt werden müssen, sodann daß der Apparat ebenso wie eine Dampf¬
maschine mit Volldruck, also sehr unvorteilhaft arbeitet im Verhältniß zu einer
Maschine mit Expansion, daß wegen der zweimaligen Condensation des Ammo¬
niaks eine bedeutende Kühlwassermenge verbraucht wird, und endlich, daß das
Ammoniak mit der Zeit zerstörend auf das Material der Maschinentheile ein¬
wirkt. Wenn die Maschinen dieses Systems aber auch alle eben erwähnten
Uebelstände nicht hätten, so würde doch der üble Geruch, die Feuergefährlichkeit
und Gesundheitsschädlichkeit der für ihren Betrieb erforderlichen Flüssigkeiten
sie zur Benutzung in Fleischtransport-Schiffen unbrauchbar machen.

Bei dem anderen System wird Luft in einem Metall-, gewöhnlich Stahl-
Cylinder durch einen Kolben comprimirt. Die durch Compression heiß gewor¬
dene Luft wird durch Kühlwasser abgekühlt, so daß man eine Lust erhält von
großer Dichtigkeit bei gewöhnlicher Temperatur. Läßt man diese Luft aus der
Compressionsbüchse frei austreten, so sinkt nach dem oben angeführten physikali¬
schen Gesetz ihre Temperatur in demselben Maße, in welchem sie vorher bei
der Compression gestiegen war. Diese Temperaturabnahme ist sehr bedeutend.
Schon bei einer Expansion von einer Atmosphäre Ueberbruck beträgt sie 60",
bei zwei Atmosphären gegen 90". Weil nun nach den Gesetzen der Wurme^
lehre zur Erzeugung eines bestimmten Kältegrades gleichviel mechanische Arbeit
erforderlich ist, möge der Abkühlungsapparat durch Aether, Ammoniak oder was
immer für einen Körper bedient werden, so besitzen die Luftexpansionsmaschinen
von vornherein einen sehr bedeutenden Vortheil vor allen anderen Eismaschinen.


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[0493] gefriert und in schönen, klaren Eisblöcken oder Barren geschnitten werden kann. Selbstverständlich darf man dabei die verwendeten Kälteerzeuger nicht verloren gehen lassen, ihre Dämpfe werden also condensirt und die gewonnenen Flüssig¬ keiten von neuem benutzt. Wenn man nun für Kalthaltnng der Fleischräume der überseeischen Transportschiffe Eismaschinen dieses Systems benutzen wollte, so wäre die Herstellung von Eis gar nicht einmal erforderlich, es würde schon genügen und dabei vortheilhafter sein, das Wasser oder die Luft, nachdem sie ausreichend abgekühlt siud, direct in die erwähnten Zinkröhren oder in die Fleischräume einzutreiben. Trotzdem sind Aether- und Ammoniak-Maschinen für überseeischen Fleischtransport nicht anwendbar. Die Aether-Maschinen näm¬ lich erfordern sehr große Dimensionen und bewirken große Arbeitsverluste, weil die Spannung der Aetherdämpfe bei niedriger Temperatur sehr gering ist. Die Anwendung von Methyläther aber, dessen Dämpfe bei 30 ° einen Ueberbruck von 5,5 Atmosphären und bei — 15 ° noch einen solchen von 1,5 Atmosphären haben, erfordert für die Condensirung der Aetherdämpfe einen so starken Druck, daß die Arbeitsverluste zu groß werden. Die Ammoniak-Maschine leidet an vier Uebelständen: erstens daß der Ammoniaklösung sehr bedeutende Wärmemengen zugeführt werden müssen, sodann daß der Apparat ebenso wie eine Dampf¬ maschine mit Volldruck, also sehr unvorteilhaft arbeitet im Verhältniß zu einer Maschine mit Expansion, daß wegen der zweimaligen Condensation des Ammo¬ niaks eine bedeutende Kühlwassermenge verbraucht wird, und endlich, daß das Ammoniak mit der Zeit zerstörend auf das Material der Maschinentheile ein¬ wirkt. Wenn die Maschinen dieses Systems aber auch alle eben erwähnten Uebelstände nicht hätten, so würde doch der üble Geruch, die Feuergefährlichkeit und Gesundheitsschädlichkeit der für ihren Betrieb erforderlichen Flüssigkeiten sie zur Benutzung in Fleischtransport-Schiffen unbrauchbar machen. Bei dem anderen System wird Luft in einem Metall-, gewöhnlich Stahl- Cylinder durch einen Kolben comprimirt. Die durch Compression heiß gewor¬ dene Luft wird durch Kühlwasser abgekühlt, so daß man eine Lust erhält von großer Dichtigkeit bei gewöhnlicher Temperatur. Läßt man diese Luft aus der Compressionsbüchse frei austreten, so sinkt nach dem oben angeführten physikali¬ schen Gesetz ihre Temperatur in demselben Maße, in welchem sie vorher bei der Compression gestiegen war. Diese Temperaturabnahme ist sehr bedeutend. Schon bei einer Expansion von einer Atmosphäre Ueberbruck beträgt sie 60", bei zwei Atmosphären gegen 90". Weil nun nach den Gesetzen der Wurme^ lehre zur Erzeugung eines bestimmten Kältegrades gleichviel mechanische Arbeit erforderlich ist, möge der Abkühlungsapparat durch Aether, Ammoniak oder was immer für einen Körper bedient werden, so besitzen die Luftexpansionsmaschinen von vornherein einen sehr bedeutenden Vortheil vor allen anderen Eismaschinen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/493>, abgerufen am 23.07.2024.