Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.danken der Stadt als ein Freund der Franzosen zu erscheinen. Auch hier Apoll und Euterpe lieben aber nicht die Finsterniß, sondern das Licht, und Eine geraume Zeit hatte ich mich in dieser meiner so freundlich gestalteten Grenzboten III. 1880. 62
danken der Stadt als ein Freund der Franzosen zu erscheinen. Auch hier Apoll und Euterpe lieben aber nicht die Finsterniß, sondern das Licht, und Eine geraume Zeit hatte ich mich in dieser meiner so freundlich gestalteten Grenzboten III. 1880. 62
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danken der Stadt als ein Freund der Franzosen zu erscheinen. Auch hier
erntete unsere Abendmusik Beifall und Geschenke.
Apoll und Euterpe lieben aber nicht die Finsterniß, sondern das Licht, und
nur beim hellen Scheine der Kerzen spenden sie willig und reichlich ihre Ohr
und Herz erheiternden Gaben. Darum sannen wir auf ein Mittel, uns zu
unseren abendlichen musikalischen Uebungen und Unterhaltungen Licht zu ver¬
schaffen, und es war bald gesunden. Freilich ließen wir uns bei Anwendung
desselben, da es uns an Gelde fehlte, von dem Übeln Grundsatze leiten, daß
der Zweck das Mittel heilige, doch unter den damaligen Umständen mochte
wohl die Anwendung dieses Grundsatzes einige Entschuldigung verdienen. Ich
hatte in den Kirchen zu Pleskow bemerkt, daß bei den daselbst stattfindenden
Todtenfeiern unter diejenigen, welche, vor einem Schutzpatrone stehend, für die
Seele des Verstorbenen beteten, geweihte Wachslichter vertheilt wurden. Das
hatte ich mir gemerkt, und unsere Italiener wußten den in unserem Dorfe hör¬
baren Ruf der Glocken zu einer Todtenfeier von jedem anderen Geläute zu
unterscheiden. So oft ich von ihnen darauf aufmerksam gemacht wurde, ging
ich mit ihnen in die betreffende Kirche, stellte mich oder kniete gewöhnlich vor
die nicht weit von der Thür entfernte Nische des heiligen Nepomuk, betete mit
für die arme Seele, welcher die gegenwärtige Todtenmesse galt, und empfing
jedesmal von dem Kirchendiener ein Licht. Was ich von demselben übrig be¬
hielt, oder wohl auch das ganze Licht, mit dem ich, nachdem ich es gleich an¬
fangs unbemerkt ausgelöscht hatte, entwischte, nahm ich mit auf mein Dorf zurück
und erleuchtete damit das kleine Local, in welchem wir unsere Concerte einübten.
Eine geraume Zeit hatte ich mich in dieser meiner so freundlich gestalteten
Lage recht glücklich gefühlt, als der Befehl erfolgte, daß die Sachsen ihre Frei¬
heit erhalten sollten. Es war im Sommer, als der entzückende Ruf: „Die
Sachsen sind frei!" in unser Ohr und Herz tönte. Durch die freundliche Für¬
sorge der russischen Behörde mit Pferden und Wagen versehen, fuhren wir am
Peipnssee vorüber nach Liefland, und zwar auf der Straße über Wolmar nach
Riga. Dort angelangt, wurden wir vor dem Palais des Gouverneurs Mar¬
quis Paulicci aufgestellt, und diese unbedeutend scheinende Fügung der Vorsehung
mußte dazu dienen, durch eine» neuen Strahl der Freude die lange Trübsals¬
nacht, in welcher ich unterzugehen zuweilen gefürchtet, zuweilen gewünscht hatte,
zu vergüten. Während wir, in alte russische Mäntel gehüllt, vor dem Gou¬
vernementshause standen und auf die Kunde warteten, was weiter mit uns
werden sollte, hörte ich zu meiner Betrübniß, daß nur die königlich sächsischen
Militärs frei seien, keineswegs aber sich die Freilassung auch auf die herzoglich
sächsischen erstrecke, und daß zwar die Offiziere der letzteren in Riga bleiben,
die übrigen Soldaten aber vom Feldwebel abwärts nach Esthland zurückgebracht
Grenzboten III. 1880. 62
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