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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Opus iüöximärmum" vorführt, sind die Muster von anderen rheinischen Bau¬
werken entlehnt worden. Die Altäre sind mit den herrlichsten Meßgeräthen,
mit Reliquenschreinen und -Büsten, mit emaillirter Antependien, mit Meßbüchern
und Sacramentsgefäßen ausgestattet, welche aus den Domen und Kirchen von
Trier, Minden, Fritzlar, Emmerich, Herford, Siegburg, Cöln und aus verschie¬
denen Museen lind Privatsammlungen hier vereinigt sind. Unter den reichsten
Privatsammlungen kirchlicher Alterthümer steht die des Domvicars Schuütgen
in Cöln oben an. Ihr zunächst kommt die anch an profanen Kunstwerken über¬
aus reiche Sammlung von spitzer in Paris, der mit größter Bereitwilligkeit
eine Fülle von Objecten nach Düsseldorf geschickt hat. An den Seitenwänden
der Kapelle ist eine interessante Collection von Meßgewändern aufgehängt, welche
die künstlerische Ausstattung der Casnla vom 11. Jahrhundert an illustriren.
Sonst ist die Textilindustrie in Düsseldorf bei weitem nicht so stark vertreten
wie 1876 in Cöln, wo Domviear Schuütgeu seine in ihrer Art einzige, aus
773 Nummern bestehende Sammlung von Geweben und Stickereien aufgestellt
hatte, welche die Entwicklung der textilen Kunst vom 16. bis zum 17. Jahr¬
hundert fast vollständig zur Anschauung brachte. Wenn mau vou den die Kuppel
schmückenden Gobelins meist französischer Herkunft und den Tapeten, Gobelins
und Stickereien in den fünf Nebenräumen absieht, beläuft sich die Zahl der in
Düsseldorf ausgestellten Meßgewänder, Dalmatiken, Stolen und Processions-
fahneu ans nur 44, unter denen sich allerdings Prachtstücke ersten Ranges, wie
das Pallium mit reicher Seidenstickerei aus der Mitte des 15. Jahrhunderts
(Se. Petrikirche zu Fritzlar) und das Meßgewand von Lyoneser gold- und
silberdurchwirktem Damast mit eingestickten Scenen aus dem Marienleben (Ende
des 16. Jahrhunderts, Lambertikirche zu Düsseldorf) und Raritäten wie ein
Aermel von der Grabalba des Hi. Ludgerus (f 809) befinden, dessen Ursprung
dnrch eine angeheftete Schrift auf Pergament aus dem 13. Jahrhundert attestirt
ist. Unter die textilen Arbeiten ist auch eine höchst merkwürdige Pyxis (eine
Büchse, in welcher man die Weihbrode aufbewahrte) aus dem Besitze des Dom¬
vicars Schuütgen einrangirt worden. Der hölzerne Körper dieser Pyxis ist
nämlich mit perlengestickten Ueberzügen versehen, welche aus blauem, von Gold-
Perlen unterbrochenem Grunde verschiedene ornamentale und figürliche Dar>
Stellungen zeigen. Man vermuthet mit großer Wahrscheinlichkeit, daß diese mit
Perlen überzogene Pyxis einen Ersatz für eine emaillirte bilden sollte, die man
sich in dem Nonnenkloster, in welchem diese subtile und sinnreiche Arbeit erdacht
wurde, nicht beschaffen konte. Da solche emaillirte Büchsen in Limoges vielfach
im Anfange des 13. Jahrhunderts hergestellt wurden, mag auch die Perlenarbeit
uoch in dieses Jahrhundert fallen.

Das zweite der "Culturbilder" -- so nennt der für den augenblicklichen


Opus iüöximärmum" vorführt, sind die Muster von anderen rheinischen Bau¬
werken entlehnt worden. Die Altäre sind mit den herrlichsten Meßgeräthen,
mit Reliquenschreinen und -Büsten, mit emaillirter Antependien, mit Meßbüchern
und Sacramentsgefäßen ausgestattet, welche aus den Domen und Kirchen von
Trier, Minden, Fritzlar, Emmerich, Herford, Siegburg, Cöln und aus verschie¬
denen Museen lind Privatsammlungen hier vereinigt sind. Unter den reichsten
Privatsammlungen kirchlicher Alterthümer steht die des Domvicars Schuütgen
in Cöln oben an. Ihr zunächst kommt die anch an profanen Kunstwerken über¬
aus reiche Sammlung von spitzer in Paris, der mit größter Bereitwilligkeit
eine Fülle von Objecten nach Düsseldorf geschickt hat. An den Seitenwänden
der Kapelle ist eine interessante Collection von Meßgewändern aufgehängt, welche
die künstlerische Ausstattung der Casnla vom 11. Jahrhundert an illustriren.
Sonst ist die Textilindustrie in Düsseldorf bei weitem nicht so stark vertreten
wie 1876 in Cöln, wo Domviear Schuütgeu seine in ihrer Art einzige, aus
773 Nummern bestehende Sammlung von Geweben und Stickereien aufgestellt
hatte, welche die Entwicklung der textilen Kunst vom 16. bis zum 17. Jahr¬
hundert fast vollständig zur Anschauung brachte. Wenn mau vou den die Kuppel
schmückenden Gobelins meist französischer Herkunft und den Tapeten, Gobelins
und Stickereien in den fünf Nebenräumen absieht, beläuft sich die Zahl der in
Düsseldorf ausgestellten Meßgewänder, Dalmatiken, Stolen und Processions-
fahneu ans nur 44, unter denen sich allerdings Prachtstücke ersten Ranges, wie
das Pallium mit reicher Seidenstickerei aus der Mitte des 15. Jahrhunderts
(Se. Petrikirche zu Fritzlar) und das Meßgewand von Lyoneser gold- und
silberdurchwirktem Damast mit eingestickten Scenen aus dem Marienleben (Ende
des 16. Jahrhunderts, Lambertikirche zu Düsseldorf) und Raritäten wie ein
Aermel von der Grabalba des Hi. Ludgerus (f 809) befinden, dessen Ursprung
dnrch eine angeheftete Schrift auf Pergament aus dem 13. Jahrhundert attestirt
ist. Unter die textilen Arbeiten ist auch eine höchst merkwürdige Pyxis (eine
Büchse, in welcher man die Weihbrode aufbewahrte) aus dem Besitze des Dom¬
vicars Schuütgen einrangirt worden. Der hölzerne Körper dieser Pyxis ist
nämlich mit perlengestickten Ueberzügen versehen, welche aus blauem, von Gold-
Perlen unterbrochenem Grunde verschiedene ornamentale und figürliche Dar>
Stellungen zeigen. Man vermuthet mit großer Wahrscheinlichkeit, daß diese mit
Perlen überzogene Pyxis einen Ersatz für eine emaillirte bilden sollte, die man
sich in dem Nonnenkloster, in welchem diese subtile und sinnreiche Arbeit erdacht
wurde, nicht beschaffen konte. Da solche emaillirte Büchsen in Limoges vielfach
im Anfange des 13. Jahrhunderts hergestellt wurden, mag auch die Perlenarbeit
uoch in dieses Jahrhundert fallen.

Das zweite der „Culturbilder" — so nennt der für den augenblicklichen


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[0456] Opus iüöximärmum" vorführt, sind die Muster von anderen rheinischen Bau¬ werken entlehnt worden. Die Altäre sind mit den herrlichsten Meßgeräthen, mit Reliquenschreinen und -Büsten, mit emaillirter Antependien, mit Meßbüchern und Sacramentsgefäßen ausgestattet, welche aus den Domen und Kirchen von Trier, Minden, Fritzlar, Emmerich, Herford, Siegburg, Cöln und aus verschie¬ denen Museen lind Privatsammlungen hier vereinigt sind. Unter den reichsten Privatsammlungen kirchlicher Alterthümer steht die des Domvicars Schuütgen in Cöln oben an. Ihr zunächst kommt die anch an profanen Kunstwerken über¬ aus reiche Sammlung von spitzer in Paris, der mit größter Bereitwilligkeit eine Fülle von Objecten nach Düsseldorf geschickt hat. An den Seitenwänden der Kapelle ist eine interessante Collection von Meßgewändern aufgehängt, welche die künstlerische Ausstattung der Casnla vom 11. Jahrhundert an illustriren. Sonst ist die Textilindustrie in Düsseldorf bei weitem nicht so stark vertreten wie 1876 in Cöln, wo Domviear Schuütgeu seine in ihrer Art einzige, aus 773 Nummern bestehende Sammlung von Geweben und Stickereien aufgestellt hatte, welche die Entwicklung der textilen Kunst vom 16. bis zum 17. Jahr¬ hundert fast vollständig zur Anschauung brachte. Wenn mau vou den die Kuppel schmückenden Gobelins meist französischer Herkunft und den Tapeten, Gobelins und Stickereien in den fünf Nebenräumen absieht, beläuft sich die Zahl der in Düsseldorf ausgestellten Meßgewänder, Dalmatiken, Stolen und Processions- fahneu ans nur 44, unter denen sich allerdings Prachtstücke ersten Ranges, wie das Pallium mit reicher Seidenstickerei aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (Se. Petrikirche zu Fritzlar) und das Meßgewand von Lyoneser gold- und silberdurchwirktem Damast mit eingestickten Scenen aus dem Marienleben (Ende des 16. Jahrhunderts, Lambertikirche zu Düsseldorf) und Raritäten wie ein Aermel von der Grabalba des Hi. Ludgerus (f 809) befinden, dessen Ursprung dnrch eine angeheftete Schrift auf Pergament aus dem 13. Jahrhundert attestirt ist. Unter die textilen Arbeiten ist auch eine höchst merkwürdige Pyxis (eine Büchse, in welcher man die Weihbrode aufbewahrte) aus dem Besitze des Dom¬ vicars Schuütgen einrangirt worden. Der hölzerne Körper dieser Pyxis ist nämlich mit perlengestickten Ueberzügen versehen, welche aus blauem, von Gold- Perlen unterbrochenem Grunde verschiedene ornamentale und figürliche Dar> Stellungen zeigen. Man vermuthet mit großer Wahrscheinlichkeit, daß diese mit Perlen überzogene Pyxis einen Ersatz für eine emaillirte bilden sollte, die man sich in dem Nonnenkloster, in welchem diese subtile und sinnreiche Arbeit erdacht wurde, nicht beschaffen konte. Da solche emaillirte Büchsen in Limoges vielfach im Anfange des 13. Jahrhunderts hergestellt wurden, mag auch die Perlenarbeit uoch in dieses Jahrhundert fallen. Das zweite der „Culturbilder" — so nennt der für den augenblicklichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/456>, abgerufen am 23.07.2024.