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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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mehr anfechten läßt. Es hat das seinen Grund auch darin, daß für den See¬
handel Borbereitungen zu treffen sind, welche sich nicht leicht herstellen lassen,
und daß sich Capital und Credit leichter dein Handel auf gewohnten als dem
auf neuem Wege zuwenden. Wollte überdies ein deutscher Kaufmann auf Java,
seinem Vortheil folgend, seinen Tabak oder Kaffee nach Deutschland, wo er
consumirt wird, statt nach Holland, wo man ihn wieder ausführt, schicken, so
winde er dieses Verfahren vor den Anfechtungen des holländischen National¬
geistes bald wieder aufgeben müssen. Erschwert dagegen Deutschland die
indirecte Einfuhr von Tabak, Kaffee, Gewürzen u. a. aus den ostasiatischen
Colonien der Niederlande durch einen Unterscheidungszoll, so werden jene
Producte ihren Weg so gut direct nach Deutschland finden, wie sie in Folge der
zehnprocentigen äisorirmnating- aut^ den directen Weg nach den Vereinigten
Staaten gefunden haben. "Die Holländer, deren Colonial--Producte sonst nur
in Holland selbst auctionsweise verkauft wurden, haben diese Versteigerungen
den amerikanischen 10 Procent gegenüber auch in Padang und andern Orten
eingerichtet, um der amerikanischen Kundschaft entgegenzukommen; sie wissen eben
jede Kundschaft zu schätzen und ihr Rechnung zu tragen."

Frankreich hat ein ganzes System von Unterscheidungszöllcn (snrtaxW
<l'ontrvM), mit denen es sowohl die directe Einfuhr von außereuropäischen
als die von europäischen Producten bevorzugt, und es begegnet damit nicht nur
der englischen und der belgischen Concurrenz, die es früher in Betreff einer
langen Reihe vou Producten versorgten, sondern hat dadurch seine Haupt¬
seehandelsplätze Marseille und Havre sehr gehoben, so daß von letzterem aus
den Hansestädten im Innern Deutschlands mit Erfolg Concurrenz gemacht
wird nud Hamburg und Bremen sogar manche außereuropäische Producte von
Havre beziehe". Von Frankreich wurden im Jahre 1878 in Hamburg außer¬
europäische Waaren im Gewicht vou 272961 Centnern und im Werthe von
16 738 702 Mark eingeführt, während das Gewicht der von Hamburg nach
Frankreich ausgeführten Producte der genannten Art nur 72073, und deren
Werth um 5416 527 Mark betrug. "Das demnach mehr als dreimal größere
Quantum, welches Hamburg von Frankreich bezog, stammt zum weitaus größten
Theile aus Havre, welches nicht Freihafen ist, wohl aber die erforderlichen
liberalen Entrepöt - Vergünstigungen genießt. Es ergiebt sich daraus, daß es
der Freihafenstellung zur Betreibung eines ausgedehnten internationalen Zwischen¬
handels keineswegs bedarf. Da aber diese Ausfuhr nach Hamburg ebenso wie
die noch weit größere Ausfuhr Havres nach dem deutschen Zollgebiet sich erst
entwickelt hat, seitdem auf Havres Handel die Ziirtaxs et'entroxöt ihre wohl¬
thätige Wirkung ausübt, so wird dadurch weiter unumstößlich bewiesen, daß
der Zwischenhandel oder internationale Handel, den die Hansestädte durch ihren


mehr anfechten läßt. Es hat das seinen Grund auch darin, daß für den See¬
handel Borbereitungen zu treffen sind, welche sich nicht leicht herstellen lassen,
und daß sich Capital und Credit leichter dein Handel auf gewohnten als dem
auf neuem Wege zuwenden. Wollte überdies ein deutscher Kaufmann auf Java,
seinem Vortheil folgend, seinen Tabak oder Kaffee nach Deutschland, wo er
consumirt wird, statt nach Holland, wo man ihn wieder ausführt, schicken, so
winde er dieses Verfahren vor den Anfechtungen des holländischen National¬
geistes bald wieder aufgeben müssen. Erschwert dagegen Deutschland die
indirecte Einfuhr von Tabak, Kaffee, Gewürzen u. a. aus den ostasiatischen
Colonien der Niederlande durch einen Unterscheidungszoll, so werden jene
Producte ihren Weg so gut direct nach Deutschland finden, wie sie in Folge der
zehnprocentigen äisorirmnating- aut^ den directen Weg nach den Vereinigten
Staaten gefunden haben. „Die Holländer, deren Colonial--Producte sonst nur
in Holland selbst auctionsweise verkauft wurden, haben diese Versteigerungen
den amerikanischen 10 Procent gegenüber auch in Padang und andern Orten
eingerichtet, um der amerikanischen Kundschaft entgegenzukommen; sie wissen eben
jede Kundschaft zu schätzen und ihr Rechnung zu tragen."

Frankreich hat ein ganzes System von Unterscheidungszöllcn (snrtaxW
<l'ontrvM), mit denen es sowohl die directe Einfuhr von außereuropäischen
als die von europäischen Producten bevorzugt, und es begegnet damit nicht nur
der englischen und der belgischen Concurrenz, die es früher in Betreff einer
langen Reihe vou Producten versorgten, sondern hat dadurch seine Haupt¬
seehandelsplätze Marseille und Havre sehr gehoben, so daß von letzterem aus
den Hansestädten im Innern Deutschlands mit Erfolg Concurrenz gemacht
wird nud Hamburg und Bremen sogar manche außereuropäische Producte von
Havre beziehe«. Von Frankreich wurden im Jahre 1878 in Hamburg außer¬
europäische Waaren im Gewicht vou 272961 Centnern und im Werthe von
16 738 702 Mark eingeführt, während das Gewicht der von Hamburg nach
Frankreich ausgeführten Producte der genannten Art nur 72073, und deren
Werth um 5416 527 Mark betrug. „Das demnach mehr als dreimal größere
Quantum, welches Hamburg von Frankreich bezog, stammt zum weitaus größten
Theile aus Havre, welches nicht Freihafen ist, wohl aber die erforderlichen
liberalen Entrepöt - Vergünstigungen genießt. Es ergiebt sich daraus, daß es
der Freihafenstellung zur Betreibung eines ausgedehnten internationalen Zwischen¬
handels keineswegs bedarf. Da aber diese Ausfuhr nach Hamburg ebenso wie
die noch weit größere Ausfuhr Havres nach dem deutschen Zollgebiet sich erst
entwickelt hat, seitdem auf Havres Handel die Ziirtaxs et'entroxöt ihre wohl¬
thätige Wirkung ausübt, so wird dadurch weiter unumstößlich bewiesen, daß
der Zwischenhandel oder internationale Handel, den die Hansestädte durch ihren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/308>, abgerufen am 23.07.2024.