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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Königlichen Oberamte dieser Fürstentümer erhalten hatte, und nach welcher ihm
aufgetragen wurde, unter anderen die zwei Mitschkischen Söhne, den Friedrich
Streubeln, den Georg Herrmann, die Maria Seidel, Barbara Vogt und die
Krummerm dem Probst und ErzPriester zu Falkenberg zum Unterricht zu ver¬
schaffen, wird über die genannten Personen folgendes angeführt: Die Mitschki¬
schen Söhne, 30 und 24 Jahr alt, die "schon vor 11 Jahren des Glaubens
wegen wären angefertigt" worden, seien entwichen. Niemand wisse, wo sie sich
aufhalten. Der 30 Jahr alte Friedrich Streubel, in Schedlau ansässig, sei dem
Probst von Falkenberg sogar auf die Stube, uicht bloß auf den Probsthof ge¬
stellt worden. Nach Schedlau zurückgebracht, sei er in gefänglichen Verhaft ge¬
kommen. Aus diesen: habe ihn der Pfarrer ohne Vorwissen der Grund- und
Gerichtsherrschaft befreit, worauf der Mann mit seiner Frau in aller Stille
auf und davon gegangen sei, wohin, wisse Niemand. Georg Herrmann gab
dem Probst zu Falkenberg an, sein Vater sei zwar katholisch gewesen, aber da
seine Schwester wider den Willen ihrer evangelischen Mutter mit Gewalt katho¬
lisch erzogen worden sei, so habe seine Mutter ihn dafür in ihrer Religion auf¬
erzogen, von welcher sich zu trennen er eidlich für unmöglich erklärte. Maria
Seidel war zwar von einer katholischen Mutter geboren, allein von ihrem evan¬
gelischen Vater evangelisch erzogen worden und bis dahin der evangelischen
Lehre treu geblieben. Jetzt zur Bekehrung dem Probst von Falkenberg gefäng-
lich eingebracht, entwich sie durch das Fenster, sogar mit Zurücklassung ihres
noch säugenden Kindes. Desgleichen entfloh heimlich mit ihrem Manne und
ihren Kindern Barbara Vogt, 23 Jahr alt, nachdem sie von ihrem Nachbar,
der eben katholisch geworden war, gehört, wie man mit den gestellten Personen
verfahre. Der Nachbar hatte ihr erzählt: Sie würden ohne irgendwelche
Information oder Glaubensinstrnction ans den Gerichten der Grund-Obrigkeit
zu Schedlau in 14wöchentlichen Arreste gehalten, wenn das nicht genüge, sie
zum Uebertritt zu bewegen, beim Herrn Probst zu Falkenberg 10 Wochen lang
in Eisen und Banden, in Hunger und Frost, zwischen den Thüren der Gefäng¬
nisse gehalten; auch müßten sie etliche Wochen lang im Thurme ohne Stroh an
den Dielen angeschmiedet liegen, bis sie sich zur katholischen Religion bequemet.
Was endlich die Krummerm anlangt, so war dieselbe dem Probst wiederholt
gestellt worden, ebenso oft aber wieder entwichen.

Wie es diesen Leuten möglich war, ungehindert zu entkommen, darüber giebt
uns Graf Pückler Ausschluß. Der Falkenberger Probst nämlich verfuhr durchaus
Nicht nach den von Sr. Majestät (Lauenburg 3. Juni 1709, 30. April 1717
und 2. Mai 1718) erlassenen Rescripten "sug,öl raoäo, mit erforderlicher Be¬
scheidenheit und Äcllübitis xuris L.xv8toll<zi3 rkmoÄiis," sondern mit der größten
Schärfe und äußerstem Gefängnißzwange, um Protestanten zur Annahme der


Königlichen Oberamte dieser Fürstentümer erhalten hatte, und nach welcher ihm
aufgetragen wurde, unter anderen die zwei Mitschkischen Söhne, den Friedrich
Streubeln, den Georg Herrmann, die Maria Seidel, Barbara Vogt und die
Krummerm dem Probst und ErzPriester zu Falkenberg zum Unterricht zu ver¬
schaffen, wird über die genannten Personen folgendes angeführt: Die Mitschki¬
schen Söhne, 30 und 24 Jahr alt, die „schon vor 11 Jahren des Glaubens
wegen wären angefertigt" worden, seien entwichen. Niemand wisse, wo sie sich
aufhalten. Der 30 Jahr alte Friedrich Streubel, in Schedlau ansässig, sei dem
Probst von Falkenberg sogar auf die Stube, uicht bloß auf den Probsthof ge¬
stellt worden. Nach Schedlau zurückgebracht, sei er in gefänglichen Verhaft ge¬
kommen. Aus diesen: habe ihn der Pfarrer ohne Vorwissen der Grund- und
Gerichtsherrschaft befreit, worauf der Mann mit seiner Frau in aller Stille
auf und davon gegangen sei, wohin, wisse Niemand. Georg Herrmann gab
dem Probst zu Falkenberg an, sein Vater sei zwar katholisch gewesen, aber da
seine Schwester wider den Willen ihrer evangelischen Mutter mit Gewalt katho¬
lisch erzogen worden sei, so habe seine Mutter ihn dafür in ihrer Religion auf¬
erzogen, von welcher sich zu trennen er eidlich für unmöglich erklärte. Maria
Seidel war zwar von einer katholischen Mutter geboren, allein von ihrem evan¬
gelischen Vater evangelisch erzogen worden und bis dahin der evangelischen
Lehre treu geblieben. Jetzt zur Bekehrung dem Probst von Falkenberg gefäng-
lich eingebracht, entwich sie durch das Fenster, sogar mit Zurücklassung ihres
noch säugenden Kindes. Desgleichen entfloh heimlich mit ihrem Manne und
ihren Kindern Barbara Vogt, 23 Jahr alt, nachdem sie von ihrem Nachbar,
der eben katholisch geworden war, gehört, wie man mit den gestellten Personen
verfahre. Der Nachbar hatte ihr erzählt: Sie würden ohne irgendwelche
Information oder Glaubensinstrnction ans den Gerichten der Grund-Obrigkeit
zu Schedlau in 14wöchentlichen Arreste gehalten, wenn das nicht genüge, sie
zum Uebertritt zu bewegen, beim Herrn Probst zu Falkenberg 10 Wochen lang
in Eisen und Banden, in Hunger und Frost, zwischen den Thüren der Gefäng¬
nisse gehalten; auch müßten sie etliche Wochen lang im Thurme ohne Stroh an
den Dielen angeschmiedet liegen, bis sie sich zur katholischen Religion bequemet.
Was endlich die Krummerm anlangt, so war dieselbe dem Probst wiederholt
gestellt worden, ebenso oft aber wieder entwichen.

Wie es diesen Leuten möglich war, ungehindert zu entkommen, darüber giebt
uns Graf Pückler Ausschluß. Der Falkenberger Probst nämlich verfuhr durchaus
Nicht nach den von Sr. Majestät (Lauenburg 3. Juni 1709, 30. April 1717
und 2. Mai 1718) erlassenen Rescripten „sug,öl raoäo, mit erforderlicher Be¬
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[0219] Königlichen Oberamte dieser Fürstentümer erhalten hatte, und nach welcher ihm aufgetragen wurde, unter anderen die zwei Mitschkischen Söhne, den Friedrich Streubeln, den Georg Herrmann, die Maria Seidel, Barbara Vogt und die Krummerm dem Probst und ErzPriester zu Falkenberg zum Unterricht zu ver¬ schaffen, wird über die genannten Personen folgendes angeführt: Die Mitschki¬ schen Söhne, 30 und 24 Jahr alt, die „schon vor 11 Jahren des Glaubens wegen wären angefertigt" worden, seien entwichen. Niemand wisse, wo sie sich aufhalten. Der 30 Jahr alte Friedrich Streubel, in Schedlau ansässig, sei dem Probst von Falkenberg sogar auf die Stube, uicht bloß auf den Probsthof ge¬ stellt worden. Nach Schedlau zurückgebracht, sei er in gefänglichen Verhaft ge¬ kommen. Aus diesen: habe ihn der Pfarrer ohne Vorwissen der Grund- und Gerichtsherrschaft befreit, worauf der Mann mit seiner Frau in aller Stille auf und davon gegangen sei, wohin, wisse Niemand. Georg Herrmann gab dem Probst zu Falkenberg an, sein Vater sei zwar katholisch gewesen, aber da seine Schwester wider den Willen ihrer evangelischen Mutter mit Gewalt katho¬ lisch erzogen worden sei, so habe seine Mutter ihn dafür in ihrer Religion auf¬ erzogen, von welcher sich zu trennen er eidlich für unmöglich erklärte. Maria Seidel war zwar von einer katholischen Mutter geboren, allein von ihrem evan¬ gelischen Vater evangelisch erzogen worden und bis dahin der evangelischen Lehre treu geblieben. Jetzt zur Bekehrung dem Probst von Falkenberg gefäng- lich eingebracht, entwich sie durch das Fenster, sogar mit Zurücklassung ihres noch säugenden Kindes. Desgleichen entfloh heimlich mit ihrem Manne und ihren Kindern Barbara Vogt, 23 Jahr alt, nachdem sie von ihrem Nachbar, der eben katholisch geworden war, gehört, wie man mit den gestellten Personen verfahre. Der Nachbar hatte ihr erzählt: Sie würden ohne irgendwelche Information oder Glaubensinstrnction ans den Gerichten der Grund-Obrigkeit zu Schedlau in 14wöchentlichen Arreste gehalten, wenn das nicht genüge, sie zum Uebertritt zu bewegen, beim Herrn Probst zu Falkenberg 10 Wochen lang in Eisen und Banden, in Hunger und Frost, zwischen den Thüren der Gefäng¬ nisse gehalten; auch müßten sie etliche Wochen lang im Thurme ohne Stroh an den Dielen angeschmiedet liegen, bis sie sich zur katholischen Religion bequemet. Was endlich die Krummerm anlangt, so war dieselbe dem Probst wiederholt gestellt worden, ebenso oft aber wieder entwichen. Wie es diesen Leuten möglich war, ungehindert zu entkommen, darüber giebt uns Graf Pückler Ausschluß. Der Falkenberger Probst nämlich verfuhr durchaus Nicht nach den von Sr. Majestät (Lauenburg 3. Juni 1709, 30. April 1717 und 2. Mai 1718) erlassenen Rescripten „sug,öl raoäo, mit erforderlicher Be¬ scheidenheit und Äcllübitis xuris L.xv8toll<zi3 rkmoÄiis," sondern mit der größten Schärfe und äußerstem Gefängnißzwange, um Protestanten zur Annahme der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/219>, abgerufen am 23.07.2024.