Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

und Gefluter unter sich zusammenhängen und eine ununterbrochene, niedergehende
Reihe von Kraftreservoiren darstellen. Große künstliche Thalsperren aber zur
Ansammlung und Aufspeicherung der atmosphärischen Niederschläge, wie solche
in außerdeutschen Ländern in großartigsten Maße ausgeführt sind, kennt man
in Deutschland nicht. Im Elsaß sind in zwei Thälern Thalsperren hergestellt:
Im Münsterthale hat man einen See, welchen die Fechte durchströmt, etwa
4 Mir. hoch aufgestaut, und im Kaiserberger Thale sind für die den industriellen
Werken der Umgegend nothwendigen Wasserkräfte zwei große Wasserbehälter
geschaffen worden, der schwarze und der weiße See. In Frankreich dagegen ist
die Anzahl der ausgeführten Thalsperren eine sehr beträchtliche: bei Ferray
(Ardeche) hat die Thalsperre eine Höhe von 33 Mr., bei Samt - Chamont
(Loire) eine Höhe von 42 Mir., bei Samt - Etienne eine Höhe von 50 Mir.
Die Gesammtkosten der Anlage zu Samt-Chamont beliefen sich allerdings auf
964000 Mark, wovon der Staat 160000 Mark getragen hat. Ungeachtet ihrer
Größe werden diese Summen aber sehr bald amortisirt sein, denn schon im
Jahre 1875 wurde aus dem Verkauf des Wassers, nachdem der Bedarf der
Stadt bereits gedeckt war, eine Einnahme von 66400 Mark, also fast 7 Proc.
des Anlageeapitales erzielt. Die Thalsperre von Samt-Etienne verfolgt drei
Zwecke; sie soll die Stadt vor den periodischen Überschwemmungen durch den
Flnrens sichern, sie soll der Stadt das nöthige Wirthschaftswasser aufspeichern,
endlich soll sie in wasserreichen Monaten die großen Fluthwasser des Flnrens
festhalten, um sie in wasserarmen Monaten an die hydraulischen Motoren abgeben
zu können- Für die Erreichung dieser drei Zwecke besitzt die durch die Thal¬
sperre erzeugte Wasserfläche eine Ausdehnung von 2500 Hectaren und das
Wasserbecken einen Füllungsraum von 1600000 Kubikmetern, in welches jährlich
etwa 14000000 Kubikmeter Wasser eintreten können. Davon verbraucht die
Stadt 150 Liter in der Stunde, also 5000000 Kubikmeter im Jahre, so daß
9 000000 Kubikmeter zum Betrieb der hydraulischen Maschinen disponibel
bleiben. Diese Anlage hat 1828 000 Fras. oder 1272 000 Mark gekostet. Eine
noch gewaltigere Anlage der Art besitzt Belgien in dem großartigen Wasser¬
behälter von Gileppe bei Verviers mit einer Stauhöhe von 50 Mir. in Form
einer riesenhaften Mauer, welche zwei Berge verbindet, so daß das ganze hinter,
bez. vor ihr liegende Thal durch den Bach Gileppe in einen See verwandelt
Wird von 70 Heetaren Oberflüche bei 40 Mir. Tiefe in der Mitte und 40000000
Kubikmeter Fassungsraum.

Und in Deutschland? Es ist leider nur zu natürlich, wenn jene Länder
unsere Industrie überflügeln, weil sie die billigen Kräfte, welche die Natur ihnen
verschwenderisch darbietet, mit Weisheit benutzen, wir sie aber in thörichtem Besser¬
wissenwollen durch theure, künstliche Werke hindern und verdrängen. Wenn wir


und Gefluter unter sich zusammenhängen und eine ununterbrochene, niedergehende
Reihe von Kraftreservoiren darstellen. Große künstliche Thalsperren aber zur
Ansammlung und Aufspeicherung der atmosphärischen Niederschläge, wie solche
in außerdeutschen Ländern in großartigsten Maße ausgeführt sind, kennt man
in Deutschland nicht. Im Elsaß sind in zwei Thälern Thalsperren hergestellt:
Im Münsterthale hat man einen See, welchen die Fechte durchströmt, etwa
4 Mir. hoch aufgestaut, und im Kaiserberger Thale sind für die den industriellen
Werken der Umgegend nothwendigen Wasserkräfte zwei große Wasserbehälter
geschaffen worden, der schwarze und der weiße See. In Frankreich dagegen ist
die Anzahl der ausgeführten Thalsperren eine sehr beträchtliche: bei Ferray
(Ardeche) hat die Thalsperre eine Höhe von 33 Mr., bei Samt - Chamont
(Loire) eine Höhe von 42 Mir., bei Samt - Etienne eine Höhe von 50 Mir.
Die Gesammtkosten der Anlage zu Samt-Chamont beliefen sich allerdings auf
964000 Mark, wovon der Staat 160000 Mark getragen hat. Ungeachtet ihrer
Größe werden diese Summen aber sehr bald amortisirt sein, denn schon im
Jahre 1875 wurde aus dem Verkauf des Wassers, nachdem der Bedarf der
Stadt bereits gedeckt war, eine Einnahme von 66400 Mark, also fast 7 Proc.
des Anlageeapitales erzielt. Die Thalsperre von Samt-Etienne verfolgt drei
Zwecke; sie soll die Stadt vor den periodischen Überschwemmungen durch den
Flnrens sichern, sie soll der Stadt das nöthige Wirthschaftswasser aufspeichern,
endlich soll sie in wasserreichen Monaten die großen Fluthwasser des Flnrens
festhalten, um sie in wasserarmen Monaten an die hydraulischen Motoren abgeben
zu können- Für die Erreichung dieser drei Zwecke besitzt die durch die Thal¬
sperre erzeugte Wasserfläche eine Ausdehnung von 2500 Hectaren und das
Wasserbecken einen Füllungsraum von 1600000 Kubikmetern, in welches jährlich
etwa 14000000 Kubikmeter Wasser eintreten können. Davon verbraucht die
Stadt 150 Liter in der Stunde, also 5000000 Kubikmeter im Jahre, so daß
9 000000 Kubikmeter zum Betrieb der hydraulischen Maschinen disponibel
bleiben. Diese Anlage hat 1828 000 Fras. oder 1272 000 Mark gekostet. Eine
noch gewaltigere Anlage der Art besitzt Belgien in dem großartigen Wasser¬
behälter von Gileppe bei Verviers mit einer Stauhöhe von 50 Mir. in Form
einer riesenhaften Mauer, welche zwei Berge verbindet, so daß das ganze hinter,
bez. vor ihr liegende Thal durch den Bach Gileppe in einen See verwandelt
Wird von 70 Heetaren Oberflüche bei 40 Mir. Tiefe in der Mitte und 40000000
Kubikmeter Fassungsraum.

Und in Deutschland? Es ist leider nur zu natürlich, wenn jene Länder
unsere Industrie überflügeln, weil sie die billigen Kräfte, welche die Natur ihnen
verschwenderisch darbietet, mit Weisheit benutzen, wir sie aber in thörichtem Besser¬
wissenwollen durch theure, künstliche Werke hindern und verdrängen. Wenn wir


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0162" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147249"/>
            <p xml:id="ID_424" prev="#ID_423"> und Gefluter unter sich zusammenhängen und eine ununterbrochene, niedergehende<lb/>
Reihe von Kraftreservoiren darstellen. Große künstliche Thalsperren aber zur<lb/>
Ansammlung und Aufspeicherung der atmosphärischen Niederschläge, wie solche<lb/>
in außerdeutschen Ländern in großartigsten Maße ausgeführt sind, kennt man<lb/>
in Deutschland nicht. Im Elsaß sind in zwei Thälern Thalsperren hergestellt:<lb/>
Im Münsterthale hat man einen See, welchen die Fechte durchströmt, etwa<lb/>
4 Mir. hoch aufgestaut, und im Kaiserberger Thale sind für die den industriellen<lb/>
Werken der Umgegend nothwendigen Wasserkräfte zwei große Wasserbehälter<lb/>
geschaffen worden, der schwarze und der weiße See. In Frankreich dagegen ist<lb/>
die Anzahl der ausgeführten Thalsperren eine sehr beträchtliche: bei Ferray<lb/>
(Ardeche) hat die Thalsperre eine Höhe von 33 Mr., bei Samt - Chamont<lb/>
(Loire) eine Höhe von 42 Mir., bei Samt - Etienne eine Höhe von 50 Mir.<lb/>
Die Gesammtkosten der Anlage zu Samt-Chamont beliefen sich allerdings auf<lb/>
964000 Mark, wovon der Staat 160000 Mark getragen hat. Ungeachtet ihrer<lb/>
Größe werden diese Summen aber sehr bald amortisirt sein, denn schon im<lb/>
Jahre 1875 wurde aus dem Verkauf des Wassers, nachdem der Bedarf der<lb/>
Stadt bereits gedeckt war, eine Einnahme von 66400 Mark, also fast 7 Proc.<lb/>
des Anlageeapitales erzielt. Die Thalsperre von Samt-Etienne verfolgt drei<lb/>
Zwecke; sie soll die Stadt vor den periodischen Überschwemmungen durch den<lb/>
Flnrens sichern, sie soll der Stadt das nöthige Wirthschaftswasser aufspeichern,<lb/>
endlich soll sie in wasserreichen Monaten die großen Fluthwasser des Flnrens<lb/>
festhalten, um sie in wasserarmen Monaten an die hydraulischen Motoren abgeben<lb/>
zu können- Für die Erreichung dieser drei Zwecke besitzt die durch die Thal¬<lb/>
sperre erzeugte Wasserfläche eine Ausdehnung von 2500 Hectaren und das<lb/>
Wasserbecken einen Füllungsraum von 1600000 Kubikmetern, in welches jährlich<lb/>
etwa 14000000 Kubikmeter Wasser eintreten können. Davon verbraucht die<lb/>
Stadt 150 Liter in der Stunde, also 5000000 Kubikmeter im Jahre, so daß<lb/>
9 000000 Kubikmeter zum Betrieb der hydraulischen Maschinen disponibel<lb/>
bleiben. Diese Anlage hat 1828 000 Fras. oder 1272 000 Mark gekostet. Eine<lb/>
noch gewaltigere Anlage der Art besitzt Belgien in dem großartigen Wasser¬<lb/>
behälter von Gileppe bei Verviers mit einer Stauhöhe von 50 Mir. in Form<lb/>
einer riesenhaften Mauer, welche zwei Berge verbindet, so daß das ganze hinter,<lb/>
bez. vor ihr liegende Thal durch den Bach Gileppe in einen See verwandelt<lb/>
Wird von 70 Heetaren Oberflüche bei 40 Mir. Tiefe in der Mitte und 40000000<lb/>
Kubikmeter Fassungsraum.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_425" next="#ID_426"> Und in Deutschland? Es ist leider nur zu natürlich, wenn jene Länder<lb/>
unsere Industrie überflügeln, weil sie die billigen Kräfte, welche die Natur ihnen<lb/>
verschwenderisch darbietet, mit Weisheit benutzen, wir sie aber in thörichtem Besser¬<lb/>
wissenwollen durch theure, künstliche Werke hindern und verdrängen. Wenn wir</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0162] und Gefluter unter sich zusammenhängen und eine ununterbrochene, niedergehende Reihe von Kraftreservoiren darstellen. Große künstliche Thalsperren aber zur Ansammlung und Aufspeicherung der atmosphärischen Niederschläge, wie solche in außerdeutschen Ländern in großartigsten Maße ausgeführt sind, kennt man in Deutschland nicht. Im Elsaß sind in zwei Thälern Thalsperren hergestellt: Im Münsterthale hat man einen See, welchen die Fechte durchströmt, etwa 4 Mir. hoch aufgestaut, und im Kaiserberger Thale sind für die den industriellen Werken der Umgegend nothwendigen Wasserkräfte zwei große Wasserbehälter geschaffen worden, der schwarze und der weiße See. In Frankreich dagegen ist die Anzahl der ausgeführten Thalsperren eine sehr beträchtliche: bei Ferray (Ardeche) hat die Thalsperre eine Höhe von 33 Mr., bei Samt - Chamont (Loire) eine Höhe von 42 Mir., bei Samt - Etienne eine Höhe von 50 Mir. Die Gesammtkosten der Anlage zu Samt-Chamont beliefen sich allerdings auf 964000 Mark, wovon der Staat 160000 Mark getragen hat. Ungeachtet ihrer Größe werden diese Summen aber sehr bald amortisirt sein, denn schon im Jahre 1875 wurde aus dem Verkauf des Wassers, nachdem der Bedarf der Stadt bereits gedeckt war, eine Einnahme von 66400 Mark, also fast 7 Proc. des Anlageeapitales erzielt. Die Thalsperre von Samt-Etienne verfolgt drei Zwecke; sie soll die Stadt vor den periodischen Überschwemmungen durch den Flnrens sichern, sie soll der Stadt das nöthige Wirthschaftswasser aufspeichern, endlich soll sie in wasserreichen Monaten die großen Fluthwasser des Flnrens festhalten, um sie in wasserarmen Monaten an die hydraulischen Motoren abgeben zu können- Für die Erreichung dieser drei Zwecke besitzt die durch die Thal¬ sperre erzeugte Wasserfläche eine Ausdehnung von 2500 Hectaren und das Wasserbecken einen Füllungsraum von 1600000 Kubikmetern, in welches jährlich etwa 14000000 Kubikmeter Wasser eintreten können. Davon verbraucht die Stadt 150 Liter in der Stunde, also 5000000 Kubikmeter im Jahre, so daß 9 000000 Kubikmeter zum Betrieb der hydraulischen Maschinen disponibel bleiben. Diese Anlage hat 1828 000 Fras. oder 1272 000 Mark gekostet. Eine noch gewaltigere Anlage der Art besitzt Belgien in dem großartigen Wasser¬ behälter von Gileppe bei Verviers mit einer Stauhöhe von 50 Mir. in Form einer riesenhaften Mauer, welche zwei Berge verbindet, so daß das ganze hinter, bez. vor ihr liegende Thal durch den Bach Gileppe in einen See verwandelt Wird von 70 Heetaren Oberflüche bei 40 Mir. Tiefe in der Mitte und 40000000 Kubikmeter Fassungsraum. Und in Deutschland? Es ist leider nur zu natürlich, wenn jene Länder unsere Industrie überflügeln, weil sie die billigen Kräfte, welche die Natur ihnen verschwenderisch darbietet, mit Weisheit benutzen, wir sie aber in thörichtem Besser¬ wissenwollen durch theure, künstliche Werke hindern und verdrängen. Wenn wir

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/162
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/162>, abgerufen am 23.07.2024.