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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Glauben angehörenden Schialla und Schochi im Gebirge östlich von Skutari,
die Retschi und Lobo auf dein Biskassi-Gebirge neben dem Gebiete der Castratti,
die katholischen Nioli, ebenfalls Nachbarn der Castratti, die Grisia und Grue-
nuva am Westabhange des Berges Priwas, die zur einen Hälfte christlichen,
zur anderen muhammedanischen Kopliku, die den Maranay-Berg bewohnen, die
Busa Huld (Christen) am Skutari-See, die neben den Klementi hausenden Streu
(zu zwei Dritteln Katholiken, der Rest muhammedcmisch), die Puka und die
Halias, die am linken Ufer der Drina ihre Wohnsitze haben und zur einen
Hälfte dem Christenthume, zur anderen dem Islam zugethan sind. Der größte
Stamm, die im Gebirge von Orosch sich ausbreitenden oft genannten Miri-
diten theilen sich in fünf Bayraks: Orosch, Taili, Spatschi, Kusnin und Dibri
und sind durchgehends katholische Christen. Ebenfalls mit geringen Ausnahmen
Katholiken sind die zwischen den Miriditen und dem Meere angesiedelten Schela,
Seil, Skatsch und Lura. Endlich sind noch zu nennen die Bratonesi, die Buza-
wui, die Bardi im Thale des Drinassi, die Leporosei im Norden davon und in
demselben Thale die Grnemir, die Bukemir, die Mattia und die Dibre. Weiter
im Osten, im Vilajet Kossowo nennt Ami Boue noch die Kutsch in Suharuka,
die Gathas in Mitrowitza und die Banialutzi in Bagniska. Ein Zweig der
Miriditen, die Fandese, haben sich zwischen Jpek und Diakvwa im alten Rascien
niedergelassen.

Der Albanese unterscheidet sich vom Hellenen durch plattes Gesicht, großen
Mund, rohen Blick, breite Schultern und derbe Fäuste, er ist, wie Mendels-
sohn-Bartholdy *) sagt, "Alles in Allem eine Erscheinung, der die Geduld im
Ertragen physischer Anstrengungen, körperliche Arbeitskraft und geistige Unbe-
weglichkeit gleichsam ans die Stirn geschrieben ist. Schon von weitem kann
man dagegen die Hellenen an Haltung und Gang erkennen. Ihr Wuchs schlank,
jede Bewegung leicht und doch gemessen. Die Schläfe eingedrückt, mehr Nerven
als Muskeln, mehr geistige Überlegenheit als körperliche Kraft. Im Auge
funkeln Entschlossenheit und List, Bewegung und Leben spielen um den feinge¬
schnittenen Mund. So deutet Alles auf eine Aristokratie der Intelligenz und
Virtuosität des geistigen Genießens." Raub und stolz, besonders Fremden
gegenüber, kriegerisch und gastfrei, zeichnen sich die Malisori vor allen Stämmen
der Balkanhalbinsel durch einen stark ausgeprägten und bei jeder Gelegenheit
hervortretenden Unabhängigkeitssinn aus. Das Weib gilt bei ihnen wenig,
verheirathet hat es die Last und Arbeit der Wirthschaft fast allein zu tragen.
Die Tracht der Frauen besteht gewöhnlich aus grobem Baumwollenstoffe, wohl¬
habende tragen ein sehr weites und faltenreiches Wollenkleid, die jungen Mädchen



*) Geschichte Griechenlands, 1. Theil S. 37.

Glauben angehörenden Schialla und Schochi im Gebirge östlich von Skutari,
die Retschi und Lobo auf dein Biskassi-Gebirge neben dem Gebiete der Castratti,
die katholischen Nioli, ebenfalls Nachbarn der Castratti, die Grisia und Grue-
nuva am Westabhange des Berges Priwas, die zur einen Hälfte christlichen,
zur anderen muhammedanischen Kopliku, die den Maranay-Berg bewohnen, die
Busa Huld (Christen) am Skutari-See, die neben den Klementi hausenden Streu
(zu zwei Dritteln Katholiken, der Rest muhammedcmisch), die Puka und die
Halias, die am linken Ufer der Drina ihre Wohnsitze haben und zur einen
Hälfte dem Christenthume, zur anderen dem Islam zugethan sind. Der größte
Stamm, die im Gebirge von Orosch sich ausbreitenden oft genannten Miri-
diten theilen sich in fünf Bayraks: Orosch, Taili, Spatschi, Kusnin und Dibri
und sind durchgehends katholische Christen. Ebenfalls mit geringen Ausnahmen
Katholiken sind die zwischen den Miriditen und dem Meere angesiedelten Schela,
Seil, Skatsch und Lura. Endlich sind noch zu nennen die Bratonesi, die Buza-
wui, die Bardi im Thale des Drinassi, die Leporosei im Norden davon und in
demselben Thale die Grnemir, die Bukemir, die Mattia und die Dibre. Weiter
im Osten, im Vilajet Kossowo nennt Ami Boue noch die Kutsch in Suharuka,
die Gathas in Mitrowitza und die Banialutzi in Bagniska. Ein Zweig der
Miriditen, die Fandese, haben sich zwischen Jpek und Diakvwa im alten Rascien
niedergelassen.

Der Albanese unterscheidet sich vom Hellenen durch plattes Gesicht, großen
Mund, rohen Blick, breite Schultern und derbe Fäuste, er ist, wie Mendels-
sohn-Bartholdy *) sagt, „Alles in Allem eine Erscheinung, der die Geduld im
Ertragen physischer Anstrengungen, körperliche Arbeitskraft und geistige Unbe-
weglichkeit gleichsam ans die Stirn geschrieben ist. Schon von weitem kann
man dagegen die Hellenen an Haltung und Gang erkennen. Ihr Wuchs schlank,
jede Bewegung leicht und doch gemessen. Die Schläfe eingedrückt, mehr Nerven
als Muskeln, mehr geistige Überlegenheit als körperliche Kraft. Im Auge
funkeln Entschlossenheit und List, Bewegung und Leben spielen um den feinge¬
schnittenen Mund. So deutet Alles auf eine Aristokratie der Intelligenz und
Virtuosität des geistigen Genießens." Raub und stolz, besonders Fremden
gegenüber, kriegerisch und gastfrei, zeichnen sich die Malisori vor allen Stämmen
der Balkanhalbinsel durch einen stark ausgeprägten und bei jeder Gelegenheit
hervortretenden Unabhängigkeitssinn aus. Das Weib gilt bei ihnen wenig,
verheirathet hat es die Last und Arbeit der Wirthschaft fast allein zu tragen.
Die Tracht der Frauen besteht gewöhnlich aus grobem Baumwollenstoffe, wohl¬
habende tragen ein sehr weites und faltenreiches Wollenkleid, die jungen Mädchen



*) Geschichte Griechenlands, 1. Theil S. 37.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/11>, abgerufen am 23.07.2024.