Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.und Schrift, sowie der christlichen Zeitrechnung bedienen. Endlich enthielt das Aehnliches stellte das weimarische Judengesetz fest, welches 1833 zu Staude und Schrift, sowie der christlichen Zeitrechnung bedienen. Endlich enthielt das Aehnliches stellte das weimarische Judengesetz fest, welches 1833 zu Staude <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0558" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146487"/> <p xml:id="ID_1633" prev="#ID_1632"> und Schrift, sowie der christlichen Zeitrechnung bedienen. Endlich enthielt das<lb/> Gesetz eine starke Einschränkung der Einwanderung fremder Juden. Solche, die<lb/> den Schacher betrieben, waren ganz ausgeschlossen, aber auch andere sollten nur<lb/> Zulaß finden, wenn eine Gemeinde sie zu Ortsbürgern aufzunehmen gewillt<lb/> wäre. Ferner sollte ein eingewanderter Jude niemals eine Uebersiedelung aus<lb/> einer Gemeinde in die andere erzwingen können, und schließlich war selbst der<lb/> bloß vorübergehende Aufenthalt im Lande auswärtigen Israeliten nur uuter<lb/> gewissen Bedingungen gestattet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1634" next="#ID_1635"> Aehnliches stellte das weimarische Judengesetz fest, welches 1833 zu Staude<lb/> kam, und nach welchem die Juden ebenfalls das Staats- und Gemeindebürger¬<lb/> recht besaßen. Es heißt darin u. a>: Laudtagsabgeordnete können sie nicht<lb/> werden, wohl aber Staats- und Gemeindebeamte. Der Militärpflicht unter¬<lb/> liegen sie wie die Christen. Fremde Juden sollen in der Regel nicht auf¬<lb/> genommen werden, und die inländischen sind auf ihren oder ihrer Eltern<lb/> dermaligen Wohnort beschränkt. Wo ihnen ein eigener Bezirk dieses Ortes<lb/> angewiesen ist (die „Judengasse"), soll es dabei verbleiben. Veränderung des<lb/> Wohnsitzes ist ihnen nur mit Erlaubniß der Negierung und unter Beibriuguug<lb/> eines förmlichen, von zwei Dritteln sämmtlicher stimmfähiger Einwohner gefaßten<lb/> Gemeindebeschlusses gestattet. Zinsen und Zehnten, die nicht zu Grundstücken<lb/> gehören, sowie Güter, mit denen das Recht zur Landstaudschaft oder andere<lb/> grundherrliche Rechte verbunden sind, dürfen sie nicht erwerben. Andere Grund¬<lb/> stücke an ihrem Wohnorte können sie pachten und besitzen, Feldgüter jedoch nur<lb/> mit jüdischem Gesinde bewirthschaften. Der Gewerbebetrieb steht ihnen frei,<lb/> nur dürfen sie nicht Brauer, Bäcker, Metzger oder Wirthe sein. Zur Schließung<lb/> einer Ehe ist die staatliche Genehmigung erforderlich. Von mehreren Söhnen<lb/> eines Juden, die sich dem Handelsstande widmen, darf nnr einer heirathen, ein<lb/> zweiter, dritter u. s. w. nur dann, wenn er auf den Betrieb kaufmännischer<lb/> Geschäfte verzichtet. Misch-Ehen zwischen Juden und Christen sind giltig, doch<lb/> müssen die Kinder in der christlichen Religion erzogen werden. Unbeschränkt<lb/> vertragsfähig sind jüdische Kaufleute, die in Weimar oder Eisenach größere<lb/> Handels- oder Wechselgeschäfte betreiben oder als Jnnungsverwandte einen<lb/> offenen Laden halten. Im ganzen Großherzogthum unbeschränkt sind serner<lb/> die Verträge, welche „aus einem regelmäßig erlernten Handwerke über Waaren,<lb/> die zur Zunftberechtigung gehören, geschloffen worden sind, desgleichen die Ver¬<lb/> träge mit Schriftsässigen oder wechselfähigen Personen. Endlich sind an keine<lb/> Förmlichkeiten gebunden: Verträge zwischen Juden, sogleich erfüllte und solche,<lb/> nach welchen nur der Christ Gläubiger oder nicht über fünf Thaler Schuldner<lb/> wird. Dagegen sind Verträge in Betreff einer zehn Thaler übersteigenden Schuld<lb/> eines Christen nur giltig, wenn sie im Inlande und von der ordentlichen Ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0558]
und Schrift, sowie der christlichen Zeitrechnung bedienen. Endlich enthielt das
Gesetz eine starke Einschränkung der Einwanderung fremder Juden. Solche, die
den Schacher betrieben, waren ganz ausgeschlossen, aber auch andere sollten nur
Zulaß finden, wenn eine Gemeinde sie zu Ortsbürgern aufzunehmen gewillt
wäre. Ferner sollte ein eingewanderter Jude niemals eine Uebersiedelung aus
einer Gemeinde in die andere erzwingen können, und schließlich war selbst der
bloß vorübergehende Aufenthalt im Lande auswärtigen Israeliten nur uuter
gewissen Bedingungen gestattet.
Aehnliches stellte das weimarische Judengesetz fest, welches 1833 zu Staude
kam, und nach welchem die Juden ebenfalls das Staats- und Gemeindebürger¬
recht besaßen. Es heißt darin u. a>: Laudtagsabgeordnete können sie nicht
werden, wohl aber Staats- und Gemeindebeamte. Der Militärpflicht unter¬
liegen sie wie die Christen. Fremde Juden sollen in der Regel nicht auf¬
genommen werden, und die inländischen sind auf ihren oder ihrer Eltern
dermaligen Wohnort beschränkt. Wo ihnen ein eigener Bezirk dieses Ortes
angewiesen ist (die „Judengasse"), soll es dabei verbleiben. Veränderung des
Wohnsitzes ist ihnen nur mit Erlaubniß der Negierung und unter Beibriuguug
eines förmlichen, von zwei Dritteln sämmtlicher stimmfähiger Einwohner gefaßten
Gemeindebeschlusses gestattet. Zinsen und Zehnten, die nicht zu Grundstücken
gehören, sowie Güter, mit denen das Recht zur Landstaudschaft oder andere
grundherrliche Rechte verbunden sind, dürfen sie nicht erwerben. Andere Grund¬
stücke an ihrem Wohnorte können sie pachten und besitzen, Feldgüter jedoch nur
mit jüdischem Gesinde bewirthschaften. Der Gewerbebetrieb steht ihnen frei,
nur dürfen sie nicht Brauer, Bäcker, Metzger oder Wirthe sein. Zur Schließung
einer Ehe ist die staatliche Genehmigung erforderlich. Von mehreren Söhnen
eines Juden, die sich dem Handelsstande widmen, darf nnr einer heirathen, ein
zweiter, dritter u. s. w. nur dann, wenn er auf den Betrieb kaufmännischer
Geschäfte verzichtet. Misch-Ehen zwischen Juden und Christen sind giltig, doch
müssen die Kinder in der christlichen Religion erzogen werden. Unbeschränkt
vertragsfähig sind jüdische Kaufleute, die in Weimar oder Eisenach größere
Handels- oder Wechselgeschäfte betreiben oder als Jnnungsverwandte einen
offenen Laden halten. Im ganzen Großherzogthum unbeschränkt sind serner
die Verträge, welche „aus einem regelmäßig erlernten Handwerke über Waaren,
die zur Zunftberechtigung gehören, geschloffen worden sind, desgleichen die Ver¬
träge mit Schriftsässigen oder wechselfähigen Personen. Endlich sind an keine
Förmlichkeiten gebunden: Verträge zwischen Juden, sogleich erfüllte und solche,
nach welchen nur der Christ Gläubiger oder nicht über fünf Thaler Schuldner
wird. Dagegen sind Verträge in Betreff einer zehn Thaler übersteigenden Schuld
eines Christen nur giltig, wenn sie im Inlande und von der ordentlichen Ge-
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