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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Im Gemüth aber, der Stätte des Gewissens, erfährt der Fromme das
Bewußtsein der Einheit seines Willens mit dem Willen Gottes und damit
Frieden, aber zugleich auch den Widerspruch seines Willens mit dem Willen
Gottes und damit Unfrieden. Und wieder liegt es in der Hand der Freiheit,
dieser Erfahrung sich zu entziehen und so das Eintreten derselben zu verhindern;
Gewissenhaftigkeit und Gewissenlosigkeit sind beide das Werk der Freiheit.

So entsteht und besteht die unsichtbare Welt, welche die Religion in der
menschlichen Seele erbaut, durch die That der Freiheit.


H. Jacoby.


Gustav Adolf und der Brand von Magdeburg.
(Schluß.)

Auf die Person Bates und auf das Werk, in welchem sich sein Zeugniß
über die Magdeburger Katastrophe findet, wird weiter unten noch etwas näher ein¬
zugehen sein; hier handelt es sich zunächst darum, dieses Zeugniß selbst vorzu¬
führen und nach seiner Glaubwürdigkeit zu prüfen." Bake knüpft seine Bemerkung
an die Erklärung der Stelle Psalm 74, Vers 7, welche in der Lutherschen
Uebersetzung lautet: "Sie verbrennen Dein Heiligthum, sie entweihen die Woh¬
nung Deines Namens zu Boden." Hierzu bemerkt er: "Luther übersetzt richtig:
zu Boden, denn wer ein Feuer anzündet, der hat die Flamme nicht in seiner
Hand; darum greift sie weiter um sich und verzehrt alles von Grund aus."
Und zu dieser in lateinischer Sprache gegebenen Erläuterung fügt er nun nach
seiner Gewohnheit deutsch hinzu: "Wie gern hett Tylli gesehen, daß man unser
Magdeburgisches Feuer, welches Pappenheim anzünden heissen, hätte leschen
mögen, aber es wolt nicht sein, alles must zu Boden gehen."

Aus dem Zusammenhange geht hervor, daß hier nicht die Rede ist von
absichtlicher Brandlegung; denn bei dieser ist ja die Einäscherung beabsichtigt,
wahrend es sich hier um achtlos angezündetes Feuer handelt, welches dann so
schnell um sich greift, daß ein Löschen desselben unmöglich ist. Eine absichtliche
Brandstiftung von Seiten Pappenheims ist auch schon um deswillen ausge-


thum von den Maoris verwüstet wurde, in sein Vaterland zurückgekehrt ist. Er bekleidet
jetzt das Amt eines Bischofs von Lollcmd und Fenster. Die genannte Schrift ist die reife
Frucht eines schwer geprüften Menschenlebens.

Im Gemüth aber, der Stätte des Gewissens, erfährt der Fromme das
Bewußtsein der Einheit seines Willens mit dem Willen Gottes und damit
Frieden, aber zugleich auch den Widerspruch seines Willens mit dem Willen
Gottes und damit Unfrieden. Und wieder liegt es in der Hand der Freiheit,
dieser Erfahrung sich zu entziehen und so das Eintreten derselben zu verhindern;
Gewissenhaftigkeit und Gewissenlosigkeit sind beide das Werk der Freiheit.

So entsteht und besteht die unsichtbare Welt, welche die Religion in der
menschlichen Seele erbaut, durch die That der Freiheit.


H. Jacoby.


Gustav Adolf und der Brand von Magdeburg.
(Schluß.)

Auf die Person Bates und auf das Werk, in welchem sich sein Zeugniß
über die Magdeburger Katastrophe findet, wird weiter unten noch etwas näher ein¬
zugehen sein; hier handelt es sich zunächst darum, dieses Zeugniß selbst vorzu¬
führen und nach seiner Glaubwürdigkeit zu prüfen." Bake knüpft seine Bemerkung
an die Erklärung der Stelle Psalm 74, Vers 7, welche in der Lutherschen
Uebersetzung lautet: „Sie verbrennen Dein Heiligthum, sie entweihen die Woh¬
nung Deines Namens zu Boden." Hierzu bemerkt er: „Luther übersetzt richtig:
zu Boden, denn wer ein Feuer anzündet, der hat die Flamme nicht in seiner
Hand; darum greift sie weiter um sich und verzehrt alles von Grund aus."
Und zu dieser in lateinischer Sprache gegebenen Erläuterung fügt er nun nach
seiner Gewohnheit deutsch hinzu: „Wie gern hett Tylli gesehen, daß man unser
Magdeburgisches Feuer, welches Pappenheim anzünden heissen, hätte leschen
mögen, aber es wolt nicht sein, alles must zu Boden gehen."

Aus dem Zusammenhange geht hervor, daß hier nicht die Rede ist von
absichtlicher Brandlegung; denn bei dieser ist ja die Einäscherung beabsichtigt,
wahrend es sich hier um achtlos angezündetes Feuer handelt, welches dann so
schnell um sich greift, daß ein Löschen desselben unmöglich ist. Eine absichtliche
Brandstiftung von Seiten Pappenheims ist auch schon um deswillen ausge-


thum von den Maoris verwüstet wurde, in sein Vaterland zurückgekehrt ist. Er bekleidet
jetzt das Amt eines Bischofs von Lollcmd und Fenster. Die genannte Schrift ist die reife
Frucht eines schwer geprüften Menschenlebens.
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[0546] Im Gemüth aber, der Stätte des Gewissens, erfährt der Fromme das Bewußtsein der Einheit seines Willens mit dem Willen Gottes und damit Frieden, aber zugleich auch den Widerspruch seines Willens mit dem Willen Gottes und damit Unfrieden. Und wieder liegt es in der Hand der Freiheit, dieser Erfahrung sich zu entziehen und so das Eintreten derselben zu verhindern; Gewissenhaftigkeit und Gewissenlosigkeit sind beide das Werk der Freiheit. So entsteht und besteht die unsichtbare Welt, welche die Religion in der menschlichen Seele erbaut, durch die That der Freiheit. H. Jacoby. Gustav Adolf und der Brand von Magdeburg. (Schluß.) Auf die Person Bates und auf das Werk, in welchem sich sein Zeugniß über die Magdeburger Katastrophe findet, wird weiter unten noch etwas näher ein¬ zugehen sein; hier handelt es sich zunächst darum, dieses Zeugniß selbst vorzu¬ führen und nach seiner Glaubwürdigkeit zu prüfen." Bake knüpft seine Bemerkung an die Erklärung der Stelle Psalm 74, Vers 7, welche in der Lutherschen Uebersetzung lautet: „Sie verbrennen Dein Heiligthum, sie entweihen die Woh¬ nung Deines Namens zu Boden." Hierzu bemerkt er: „Luther übersetzt richtig: zu Boden, denn wer ein Feuer anzündet, der hat die Flamme nicht in seiner Hand; darum greift sie weiter um sich und verzehrt alles von Grund aus." Und zu dieser in lateinischer Sprache gegebenen Erläuterung fügt er nun nach seiner Gewohnheit deutsch hinzu: „Wie gern hett Tylli gesehen, daß man unser Magdeburgisches Feuer, welches Pappenheim anzünden heissen, hätte leschen mögen, aber es wolt nicht sein, alles must zu Boden gehen." Aus dem Zusammenhange geht hervor, daß hier nicht die Rede ist von absichtlicher Brandlegung; denn bei dieser ist ja die Einäscherung beabsichtigt, wahrend es sich hier um achtlos angezündetes Feuer handelt, welches dann so schnell um sich greift, daß ein Löschen desselben unmöglich ist. Eine absichtliche Brandstiftung von Seiten Pappenheims ist auch schon um deswillen ausge- thum von den Maoris verwüstet wurde, in sein Vaterland zurückgekehrt ist. Er bekleidet jetzt das Amt eines Bischofs von Lollcmd und Fenster. Die genannte Schrift ist die reife Frucht eines schwer geprüften Menschenlebens.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/546>, abgerufen am 22.07.2024.