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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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eine Schüssel mit einem gesottenen Hummer emporhebt, ein Bild von einer
ganz ungewöhnlichen Feinheit in der Modellirnng und von größter Delicatesse
in der Farbengebung, ein erfreuliches Seitenstück zu der hübschen Dorfmaid,
welche sich im Besitz des Herrn A. Thiem in Berlin befindet.

Die übrigen Bilder des Künstlers sind meist in England, wo Gussow
früher Anerkennung, Freunde und, was die Hauptsache ist, auch Käufer fand,
als in seinem Vaterlande. Den oben geschilderten "Reservisten" besitzt die
Galerie in Gent.

Gussow steht jetzt im rüstigsten Mannesalter, auf der Höhe seiner Kraft.
Im Vollbesitz aller technischen Mittel, welche die heutige Malerei einem Künst¬
ler gewähren kann, wird er voraussichtlich noch durch manche originelle Mani¬
festation seines seltenen Talents seine Zeitgenossen überraschen.


Adolf Rosenberg.


Hie Wagner! hie Schumann!

Wenn irgend etwas geeignet war, die zahlreichen Verehrer der Muse Robert
Schumanns zu einer lebhafteren Kundgebung ihrer Neigung zu veranlassen, als
die Sinnigkeit und poetische Innigkeit Schumannscher Musik sie sonst zu erzeugen
pflegt, so war es das vor einigen Monaten von Bayreuth aus in die Welt
gesandte Pamphlet, das den Namen Joseph Rubinsteins als Verfasser trug,
allgemein aber als eine von der Wagner-Partei überhaupt ausgehende Achtser¬
klärung gegen die Schumannsche Musik aufgefaßt wurde. Mit welchem Rechte
diese Auffassung besteht, wollen wir nicht näher untersuchen; Thatsache ist es,
daß die "Bayreuther Blätter", welche im Juni den famosen Aufsatz brachten,
..unter Mitwirkung Richard Wagners" von Hans v. Wolzogen herausgegeben
werden, daß die Redaction sich nicht bewogen gefunden hat, den fraglichen Artikel
mit etwaigen Notizen unterm Strich zu versehen, welche ihre abweichende Ansicht
in der betreffenden Frage ausdrückten oder auch nur leise Zweifel durchblicken
ließen, und daß auch sollst keiner der "Wagnerianer durch Dick und Dünn" das
Wort ergriffen hat, um die Partei -- denn als solche, ja als eine wahrhaftige
Gemeinde fühlen sich die rechten Jünger des Meisters -- vor dem nur allzu¬
begründeten Vorwurfe zu bewahren, daß sie kein Mittel scheue, das ihrem Zwecke
dienen könnte, Wagner aus dem Chorus der Zeitgenossen heraus zu den Sternen
W erheben.


eine Schüssel mit einem gesottenen Hummer emporhebt, ein Bild von einer
ganz ungewöhnlichen Feinheit in der Modellirnng und von größter Delicatesse
in der Farbengebung, ein erfreuliches Seitenstück zu der hübschen Dorfmaid,
welche sich im Besitz des Herrn A. Thiem in Berlin befindet.

Die übrigen Bilder des Künstlers sind meist in England, wo Gussow
früher Anerkennung, Freunde und, was die Hauptsache ist, auch Käufer fand,
als in seinem Vaterlande. Den oben geschilderten „Reservisten" besitzt die
Galerie in Gent.

Gussow steht jetzt im rüstigsten Mannesalter, auf der Höhe seiner Kraft.
Im Vollbesitz aller technischen Mittel, welche die heutige Malerei einem Künst¬
ler gewähren kann, wird er voraussichtlich noch durch manche originelle Mani¬
festation seines seltenen Talents seine Zeitgenossen überraschen.


Adolf Rosenberg.


Hie Wagner! hie Schumann!

Wenn irgend etwas geeignet war, die zahlreichen Verehrer der Muse Robert
Schumanns zu einer lebhafteren Kundgebung ihrer Neigung zu veranlassen, als
die Sinnigkeit und poetische Innigkeit Schumannscher Musik sie sonst zu erzeugen
pflegt, so war es das vor einigen Monaten von Bayreuth aus in die Welt
gesandte Pamphlet, das den Namen Joseph Rubinsteins als Verfasser trug,
allgemein aber als eine von der Wagner-Partei überhaupt ausgehende Achtser¬
klärung gegen die Schumannsche Musik aufgefaßt wurde. Mit welchem Rechte
diese Auffassung besteht, wollen wir nicht näher untersuchen; Thatsache ist es,
daß die „Bayreuther Blätter", welche im Juni den famosen Aufsatz brachten,
..unter Mitwirkung Richard Wagners" von Hans v. Wolzogen herausgegeben
werden, daß die Redaction sich nicht bewogen gefunden hat, den fraglichen Artikel
mit etwaigen Notizen unterm Strich zu versehen, welche ihre abweichende Ansicht
in der betreffenden Frage ausdrückten oder auch nur leise Zweifel durchblicken
ließen, und daß auch sollst keiner der „Wagnerianer durch Dick und Dünn" das
Wort ergriffen hat, um die Partei — denn als solche, ja als eine wahrhaftige
Gemeinde fühlen sich die rechten Jünger des Meisters — vor dem nur allzu¬
begründeten Vorwurfe zu bewahren, daß sie kein Mittel scheue, das ihrem Zwecke
dienen könnte, Wagner aus dem Chorus der Zeitgenossen heraus zu den Sternen
W erheben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/43>, abgerufen am 03.07.2024.