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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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bleiben solle, scheiterte das Vereinigungswerk dennoch und zwar an dem Finanz¬
punkte. Die Franzosen verlangten zur Bestreitung der Verlagskvsten nicht nur
Ueberlassung sämmtlicher französischer Subseriptiousbeiträge, die Bunsen zu ge¬
währen bereit war, sondern die Hälfte der für Rom festgesetzten Herstellungs¬
kosten. Da die Direktion dies unmöglich gewähren konnte, so erfolgte am 14.
Juli 1836 durch Luynes die Erklärung, daß das französische Comite nunmehr
eigene Publikationen unter dem Titel Nouvsllss ^mialss xuvllvss xsr 1a ssotion
tria^also as 1'Institut ^.roK6oIog'i^r>,s veranstalten werde.

Somit war das Schisma eine vollendete Thatsache. Vielleicht wäre es
vermieden worden, wenn nicht -- was auch Luynes als einen der Gründe für
den Abbruch der Verhandlungen bezeichnet hatte -- zwischen den römischen und
den Berliner Mitgliedern ernste Meinungsverschiedenheiten geherrscht hätten, die
Bunsen ebenso wie die Pariser Differenzen allzu optimistisch beurtheilte. In
einem vom 24. Februar 1836 datirten ^.vis xMiwir^irs zum Lullsttwo kündigte
er an, daß das Institut fortan sein Centrum allein in Rom habe, daß Panofka im
Mai nach Rom kommen und neben Braun als redigirender Seeretür eintreten
werde, und daß Gerhard als "Ehrenseeretär" sich auf die Mitarbeiterschaft an
den Annalen und die Leitung der deutschen Section beschränken werde.

Sowohl Gerhard als Panofka kam diese Ankündigung unerwartet, und sie
erhoben lebhaften Protest gegen die Eigenmächtigkeit, mit der dieser Beschluß
formulirt sei, ohne alle Directionsmitglieder zu befragen, und ohne ihre eigenen
früher gestellten Bedingungen der pecuniären Abwicklung und der Wahl ihnen
genehmer Nachfolger 'zu erfüllen. Die römische Direction, damals auch mit
Paris in den unerquicklichsten Verhandlungen, rechtfertigte sich durch eine Denk¬
schrift vom 6. Juni. Gerhards Zorn wurde besänftigt, und Bunsen lud ihn
ein, nach Rom zu kommen, um selbst das Generalseeretariat zu übernehmen.
Die Freunde verständigten sich bei persönlichem Meinungsaustausch sehr schnell
und gingen gemeinsam an die beiden wichtigsten Aufgaben: die Jnstitutsverhält-
nisse endgiltig zu regeln und mit den Franzosen, die inzwischen schon einen
Prospect ausgegeben hatten, eine Vereinigung zu Stande zu bringen.

Gerhard richtete an Luynes unter Appellirung an ihre gemeinsame Anhäng¬
lichkeit an das Institut, das sie gegründet, den Vorschlag, "daß künftig den regel¬
mäßig erscheinenden zwei römischen Lieferungen oder Halbbänden eine dritte in
Paris erscheinende Lieferung sich anschließen solle"; zugleich aber protestirte er
gegen den Titel der französischen Publikation, als nicht vereinbar mit der völlig
getrennten Stellung des jetzigen französischen Comites. De Witte antwortete
in durchaus versöhnlichem, Luynes wenigstens in nicht ablehnendem Sinne. Als
jedoch die erwartete Erklärung des Comites ausblieb, mußte die römische Direc¬
tion, um keine Unklarheit über das Verhältniß aufkommen zu lassen, bei der


bleiben solle, scheiterte das Vereinigungswerk dennoch und zwar an dem Finanz¬
punkte. Die Franzosen verlangten zur Bestreitung der Verlagskvsten nicht nur
Ueberlassung sämmtlicher französischer Subseriptiousbeiträge, die Bunsen zu ge¬
währen bereit war, sondern die Hälfte der für Rom festgesetzten Herstellungs¬
kosten. Da die Direktion dies unmöglich gewähren konnte, so erfolgte am 14.
Juli 1836 durch Luynes die Erklärung, daß das französische Comite nunmehr
eigene Publikationen unter dem Titel Nouvsllss ^mialss xuvllvss xsr 1a ssotion
tria^also as 1'Institut ^.roK6oIog'i^r>,s veranstalten werde.

Somit war das Schisma eine vollendete Thatsache. Vielleicht wäre es
vermieden worden, wenn nicht — was auch Luynes als einen der Gründe für
den Abbruch der Verhandlungen bezeichnet hatte — zwischen den römischen und
den Berliner Mitgliedern ernste Meinungsverschiedenheiten geherrscht hätten, die
Bunsen ebenso wie die Pariser Differenzen allzu optimistisch beurtheilte. In
einem vom 24. Februar 1836 datirten ^.vis xMiwir^irs zum Lullsttwo kündigte
er an, daß das Institut fortan sein Centrum allein in Rom habe, daß Panofka im
Mai nach Rom kommen und neben Braun als redigirender Seeretür eintreten
werde, und daß Gerhard als „Ehrenseeretär" sich auf die Mitarbeiterschaft an
den Annalen und die Leitung der deutschen Section beschränken werde.

Sowohl Gerhard als Panofka kam diese Ankündigung unerwartet, und sie
erhoben lebhaften Protest gegen die Eigenmächtigkeit, mit der dieser Beschluß
formulirt sei, ohne alle Directionsmitglieder zu befragen, und ohne ihre eigenen
früher gestellten Bedingungen der pecuniären Abwicklung und der Wahl ihnen
genehmer Nachfolger 'zu erfüllen. Die römische Direction, damals auch mit
Paris in den unerquicklichsten Verhandlungen, rechtfertigte sich durch eine Denk¬
schrift vom 6. Juni. Gerhards Zorn wurde besänftigt, und Bunsen lud ihn
ein, nach Rom zu kommen, um selbst das Generalseeretariat zu übernehmen.
Die Freunde verständigten sich bei persönlichem Meinungsaustausch sehr schnell
und gingen gemeinsam an die beiden wichtigsten Aufgaben: die Jnstitutsverhält-
nisse endgiltig zu regeln und mit den Franzosen, die inzwischen schon einen
Prospect ausgegeben hatten, eine Vereinigung zu Stande zu bringen.

Gerhard richtete an Luynes unter Appellirung an ihre gemeinsame Anhäng¬
lichkeit an das Institut, das sie gegründet, den Vorschlag, „daß künftig den regel¬
mäßig erscheinenden zwei römischen Lieferungen oder Halbbänden eine dritte in
Paris erscheinende Lieferung sich anschließen solle"; zugleich aber protestirte er
gegen den Titel der französischen Publikation, als nicht vereinbar mit der völlig
getrennten Stellung des jetzigen französischen Comites. De Witte antwortete
in durchaus versöhnlichem, Luynes wenigstens in nicht ablehnendem Sinne. Als
jedoch die erwartete Erklärung des Comites ausblieb, mußte die römische Direc¬
tion, um keine Unklarheit über das Verhältniß aufkommen zu lassen, bei der


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[0428] bleiben solle, scheiterte das Vereinigungswerk dennoch und zwar an dem Finanz¬ punkte. Die Franzosen verlangten zur Bestreitung der Verlagskvsten nicht nur Ueberlassung sämmtlicher französischer Subseriptiousbeiträge, die Bunsen zu ge¬ währen bereit war, sondern die Hälfte der für Rom festgesetzten Herstellungs¬ kosten. Da die Direktion dies unmöglich gewähren konnte, so erfolgte am 14. Juli 1836 durch Luynes die Erklärung, daß das französische Comite nunmehr eigene Publikationen unter dem Titel Nouvsllss ^mialss xuvllvss xsr 1a ssotion tria^also as 1'Institut ^.roK6oIog'i^r>,s veranstalten werde. Somit war das Schisma eine vollendete Thatsache. Vielleicht wäre es vermieden worden, wenn nicht — was auch Luynes als einen der Gründe für den Abbruch der Verhandlungen bezeichnet hatte — zwischen den römischen und den Berliner Mitgliedern ernste Meinungsverschiedenheiten geherrscht hätten, die Bunsen ebenso wie die Pariser Differenzen allzu optimistisch beurtheilte. In einem vom 24. Februar 1836 datirten ^.vis xMiwir^irs zum Lullsttwo kündigte er an, daß das Institut fortan sein Centrum allein in Rom habe, daß Panofka im Mai nach Rom kommen und neben Braun als redigirender Seeretür eintreten werde, und daß Gerhard als „Ehrenseeretär" sich auf die Mitarbeiterschaft an den Annalen und die Leitung der deutschen Section beschränken werde. Sowohl Gerhard als Panofka kam diese Ankündigung unerwartet, und sie erhoben lebhaften Protest gegen die Eigenmächtigkeit, mit der dieser Beschluß formulirt sei, ohne alle Directionsmitglieder zu befragen, und ohne ihre eigenen früher gestellten Bedingungen der pecuniären Abwicklung und der Wahl ihnen genehmer Nachfolger 'zu erfüllen. Die römische Direction, damals auch mit Paris in den unerquicklichsten Verhandlungen, rechtfertigte sich durch eine Denk¬ schrift vom 6. Juni. Gerhards Zorn wurde besänftigt, und Bunsen lud ihn ein, nach Rom zu kommen, um selbst das Generalseeretariat zu übernehmen. Die Freunde verständigten sich bei persönlichem Meinungsaustausch sehr schnell und gingen gemeinsam an die beiden wichtigsten Aufgaben: die Jnstitutsverhält- nisse endgiltig zu regeln und mit den Franzosen, die inzwischen schon einen Prospect ausgegeben hatten, eine Vereinigung zu Stande zu bringen. Gerhard richtete an Luynes unter Appellirung an ihre gemeinsame Anhäng¬ lichkeit an das Institut, das sie gegründet, den Vorschlag, „daß künftig den regel¬ mäßig erscheinenden zwei römischen Lieferungen oder Halbbänden eine dritte in Paris erscheinende Lieferung sich anschließen solle"; zugleich aber protestirte er gegen den Titel der französischen Publikation, als nicht vereinbar mit der völlig getrennten Stellung des jetzigen französischen Comites. De Witte antwortete in durchaus versöhnlichem, Luynes wenigstens in nicht ablehnendem Sinne. Als jedoch die erwartete Erklärung des Comites ausblieb, mußte die römische Direc¬ tion, um keine Unklarheit über das Verhältniß aufkommen zu lassen, bei der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/428>, abgerufen am 23.07.2024.