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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Stackelberg, Panofka, Welcker, Avellino, Zannoni, Lenvrmant, Letronne, Luynes,
Raoul-Rochette, Millingen u. v. A. lieferten Beiträge. Zugleich begann der
Boden Italiens, gleichsam als Angebinde zum Wiegenfeste, eine Fülle neuer
Schätze ans Licht zu senden. Die Vasenfunde in Süd-Etrurien waren von er¬
staunlichem Reichthum. Gerhard und Kestner waren Monate lang auf den
Gütern des Prinzen Lucian Bonaparte und Feoli's beschäftigt, mit den Besitzern
die gefundenen Vasen zu ordnen, die zerbrochenen zusammenzusetzen und den
massenhaften Stoff zu mythologischen und kunstgeschichtlichen Studien zu ver¬
wenden. Ein ähnliches Interesse galt den etruskischen Grabgemälden und den
sogenannten cyklopischen Bauten. Borghesi bereicherte die Publikationen mit
seinen epigraphischen Belehrungen, Boeckh mit Beiträgen über griechische In¬
schriften. Der Stoff floß so reichlich, daß Gerhard die Publikationen durch zwang¬
lose Hefte vou Usnwris zu erweitern begann, was aber der Kosten wegen zu seinem
großen Schmerze eingestellt werden mußte. 1831 wurde die erste Serie von
geschnittenen Steinen, deren in Rom zahllose zum Vorschein kommen, nach Catch'
Reproductionen veröffentlicht. Im December desselben Jahres wurden behufs
engerer persönlicher Beziehungen wöchentliche Zusammenkünfte der Mitglieder u. A.
eingerichtet, in denen antike Denkmäler vorgelegt und zwanglos besprochen wurden.
Diese aäv.o.lui26 fände" und finden an jedem Freitage statt, und zwar bildete
sich der Brauch aus, sie am Todestage Winckelmanns, am 9. December, zu er¬
öffnen und am 21. April zu schließen.

Zu einer Bibliothek, deren Mangel bei dem sast vollständigen Fehlen
neuerer und ausländischer Literatur in Rom schmerzlich empfunden werden
mußte, wurde durch die Liberalität eines deutschen Verlegers der Grundstock
gelegt. Es war Hermann Härtel aus Leipzig, auf dessen Verwendung eine
große Zahl von Firmen geeignete Geschenke machten. Eigentlich archäologische
Literatur existirte noch nicht; dagegen gewann das Institut auf diese Weise eine
Sammlung der Classiker und der wichtigsten historischen und philologischen
Hilfsmittel, behufs deren Unterbringung auch zu eiuer Erweiterung der Räume
geschritten wurde.

Neue Schwierigkeiten stellten sich beim Druck der Jnstitutsschriften heraus.
Die römischen Druckereien leisteten so wenig und zeigten sich namentlich den
griechischen Inschriften gegenüber so unfähig, daß man sich entschließen mußte,
wenigstens die ^.nnali und die Tafeln in Paris herstellen zu lassen, wo
Panofka's Aufenthalt dafür benutzt und so zugleich Gerhards Schultern etwas
entlastet werden konnten -- eine Spaltung der Redaction, die allerdings auch
ihre Nachtheile hatte. Die Divergenz der Ansichten brachte es so weit, daß die
Pariser Mitglieder, Panofka und Luynes an der Spitze, über den überwiegenden
Antheil Gerhards an den Aufsätzen und über bereu große Gelehrsamkeit die


Stackelberg, Panofka, Welcker, Avellino, Zannoni, Lenvrmant, Letronne, Luynes,
Raoul-Rochette, Millingen u. v. A. lieferten Beiträge. Zugleich begann der
Boden Italiens, gleichsam als Angebinde zum Wiegenfeste, eine Fülle neuer
Schätze ans Licht zu senden. Die Vasenfunde in Süd-Etrurien waren von er¬
staunlichem Reichthum. Gerhard und Kestner waren Monate lang auf den
Gütern des Prinzen Lucian Bonaparte und Feoli's beschäftigt, mit den Besitzern
die gefundenen Vasen zu ordnen, die zerbrochenen zusammenzusetzen und den
massenhaften Stoff zu mythologischen und kunstgeschichtlichen Studien zu ver¬
wenden. Ein ähnliches Interesse galt den etruskischen Grabgemälden und den
sogenannten cyklopischen Bauten. Borghesi bereicherte die Publikationen mit
seinen epigraphischen Belehrungen, Boeckh mit Beiträgen über griechische In¬
schriften. Der Stoff floß so reichlich, daß Gerhard die Publikationen durch zwang¬
lose Hefte vou Usnwris zu erweitern begann, was aber der Kosten wegen zu seinem
großen Schmerze eingestellt werden mußte. 1831 wurde die erste Serie von
geschnittenen Steinen, deren in Rom zahllose zum Vorschein kommen, nach Catch'
Reproductionen veröffentlicht. Im December desselben Jahres wurden behufs
engerer persönlicher Beziehungen wöchentliche Zusammenkünfte der Mitglieder u. A.
eingerichtet, in denen antike Denkmäler vorgelegt und zwanglos besprochen wurden.
Diese aäv.o.lui26 fände» und finden an jedem Freitage statt, und zwar bildete
sich der Brauch aus, sie am Todestage Winckelmanns, am 9. December, zu er¬
öffnen und am 21. April zu schließen.

Zu einer Bibliothek, deren Mangel bei dem sast vollständigen Fehlen
neuerer und ausländischer Literatur in Rom schmerzlich empfunden werden
mußte, wurde durch die Liberalität eines deutschen Verlegers der Grundstock
gelegt. Es war Hermann Härtel aus Leipzig, auf dessen Verwendung eine
große Zahl von Firmen geeignete Geschenke machten. Eigentlich archäologische
Literatur existirte noch nicht; dagegen gewann das Institut auf diese Weise eine
Sammlung der Classiker und der wichtigsten historischen und philologischen
Hilfsmittel, behufs deren Unterbringung auch zu eiuer Erweiterung der Räume
geschritten wurde.

Neue Schwierigkeiten stellten sich beim Druck der Jnstitutsschriften heraus.
Die römischen Druckereien leisteten so wenig und zeigten sich namentlich den
griechischen Inschriften gegenüber so unfähig, daß man sich entschließen mußte,
wenigstens die ^.nnali und die Tafeln in Paris herstellen zu lassen, wo
Panofka's Aufenthalt dafür benutzt und so zugleich Gerhards Schultern etwas
entlastet werden konnten — eine Spaltung der Redaction, die allerdings auch
ihre Nachtheile hatte. Die Divergenz der Ansichten brachte es so weit, daß die
Pariser Mitglieder, Panofka und Luynes an der Spitze, über den überwiegenden
Antheil Gerhards an den Aufsätzen und über bereu große Gelehrsamkeit die


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[0423] Stackelberg, Panofka, Welcker, Avellino, Zannoni, Lenvrmant, Letronne, Luynes, Raoul-Rochette, Millingen u. v. A. lieferten Beiträge. Zugleich begann der Boden Italiens, gleichsam als Angebinde zum Wiegenfeste, eine Fülle neuer Schätze ans Licht zu senden. Die Vasenfunde in Süd-Etrurien waren von er¬ staunlichem Reichthum. Gerhard und Kestner waren Monate lang auf den Gütern des Prinzen Lucian Bonaparte und Feoli's beschäftigt, mit den Besitzern die gefundenen Vasen zu ordnen, die zerbrochenen zusammenzusetzen und den massenhaften Stoff zu mythologischen und kunstgeschichtlichen Studien zu ver¬ wenden. Ein ähnliches Interesse galt den etruskischen Grabgemälden und den sogenannten cyklopischen Bauten. Borghesi bereicherte die Publikationen mit seinen epigraphischen Belehrungen, Boeckh mit Beiträgen über griechische In¬ schriften. Der Stoff floß so reichlich, daß Gerhard die Publikationen durch zwang¬ lose Hefte vou Usnwris zu erweitern begann, was aber der Kosten wegen zu seinem großen Schmerze eingestellt werden mußte. 1831 wurde die erste Serie von geschnittenen Steinen, deren in Rom zahllose zum Vorschein kommen, nach Catch' Reproductionen veröffentlicht. Im December desselben Jahres wurden behufs engerer persönlicher Beziehungen wöchentliche Zusammenkünfte der Mitglieder u. A. eingerichtet, in denen antike Denkmäler vorgelegt und zwanglos besprochen wurden. Diese aäv.o.lui26 fände» und finden an jedem Freitage statt, und zwar bildete sich der Brauch aus, sie am Todestage Winckelmanns, am 9. December, zu er¬ öffnen und am 21. April zu schließen. Zu einer Bibliothek, deren Mangel bei dem sast vollständigen Fehlen neuerer und ausländischer Literatur in Rom schmerzlich empfunden werden mußte, wurde durch die Liberalität eines deutschen Verlegers der Grundstock gelegt. Es war Hermann Härtel aus Leipzig, auf dessen Verwendung eine große Zahl von Firmen geeignete Geschenke machten. Eigentlich archäologische Literatur existirte noch nicht; dagegen gewann das Institut auf diese Weise eine Sammlung der Classiker und der wichtigsten historischen und philologischen Hilfsmittel, behufs deren Unterbringung auch zu eiuer Erweiterung der Räume geschritten wurde. Neue Schwierigkeiten stellten sich beim Druck der Jnstitutsschriften heraus. Die römischen Druckereien leisteten so wenig und zeigten sich namentlich den griechischen Inschriften gegenüber so unfähig, daß man sich entschließen mußte, wenigstens die ^.nnali und die Tafeln in Paris herstellen zu lassen, wo Panofka's Aufenthalt dafür benutzt und so zugleich Gerhards Schultern etwas entlastet werden konnten — eine Spaltung der Redaction, die allerdings auch ihre Nachtheile hatte. Die Divergenz der Ansichten brachte es so weit, daß die Pariser Mitglieder, Panofka und Luynes an der Spitze, über den überwiegenden Antheil Gerhards an den Aufsätzen und über bereu große Gelehrsamkeit die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/423>, abgerufen am 23.07.2024.