Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.der, die seinen Ruf begründen sollten: "Das Begräbniß zu Omans" und die der, die seinen Ruf begründen sollten: „Das Begräbniß zu Omans" und die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0035" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/145964"/> <p xml:id="ID_81" prev="#ID_80" next="#ID_82"> der, die seinen Ruf begründen sollten: „Das Begräbniß zu Omans" und die<lb/> „Steinklopfer", und so gewaltig und so energievoll war die Kraft seiner Dar¬<lb/> stellung, daß selbst die schärfsten Gegner seiner brutalen Anschauungs- und Auf-<lb/> fassungsweise seinen technischen Fähigkeiten ihre Bewunderung nicht versagen konnten.<lb/> Wie der ideale Stil den Künstler zum Schaffen überlebensgroßer Gestalten führt,<lb/> die schon durch ihre Dimensionen den Beschauer mit Ehrfurcht und heiliger<lb/> Scheu erfüllen, so hält der Naturalist an der natürlichen Größe der Objecte<lb/> fest. So hat sie die Natur geschaffen, und so, mit allen ihren Zufälligkeiten<lb/> und Unebenheiten, aber auch mit der ganzen Kraft und Intensität ihres äußeren<lb/> Scheins, hat sie die Kunst wiederzugeben. In der zweiten Hälfte dieses Pro¬<lb/> gramms liegt sein versöhnendes Element, liegt die Berechtigung seiner Existenz,<lb/> die auch der Aesthetiker anerkennen muß. Ohne dieses Element würde der<lb/> Aesthetiker, dem die Verkörperung des Schönen das höchste, das Endziel aller<lb/> Kunst ist, mit Recht den Stab über den Naturalismus brechen können und<lb/> die Auseinandersetzung mit ihm dem Historiker überlassen müssen, der auch<lb/> über die Krankheiten der Zeit zu berichten hat. Indessen hat sich der Na¬<lb/> turalismus sogleich durch seinen erstell Vertreter die Berechtigung zur Existenz<lb/> mit vollstem Nachdruck gesichert. Um das Proletariat, welches sein Haupt aus<lb/> der Sturmfluth von 1848 so kühn emporgehoben hatte, ebenso brüsk, mit eben<lb/> solchem Eclat in die Kunst einzuführen, wie es sich selbst in die Politik einge¬<lb/> führt hatte, bedürfte Courbet eines neuen Ausdrucksmittels. Mit der Stimmungs-<lb/> wehmuth und den auf den Contrast zugespitzten Beleuchtungseffecten der Ro¬<lb/> mantiker wußte er nichts anzufangen. Ein phmltastischer Soilllenulltergaug<lb/> würde sich neben den armseligen, fast stumpfsinnigen Steinklopfern auf der<lb/> trostlosen Landstraße wunderlich genug ausgenommen haben. Er hielt sich also<lb/> auch in der Behandlung des landschaftlichen Elements, in der Wiedergabe von<lb/> Luft und Licht stricte an die Natur und drang bald so tief in ihr Wesen ein,<lb/> daß die malerische Haltung seiner Gemälde eine unübertreffliche Wahrheit er¬<lb/> reichte. Julius Meyer hat in seiner meisterhaften „Geschichte der modernen<lb/> französischen Malerei" Courbets technische Procedur so vortrefflich geschildert,<lb/> daß wir seiner Schilderung nichts besseres an die Seite zu setzen wissen. „In<lb/> seiner malerischen Anschauung", sagt er von Courbet, „ist ein neues Element, ein<lb/> solches wenigstens, das vor ihm nicht ausgebildet worden. Es ist eben jene<lb/> Naturwahrheit des Tons, welche Courbet erreicht durch die Kraft seiner<lb/> einfach und voll hingesetzten Farbe, die reine und geschlossene Einheit der<lb/> Beleuchtung und die wirklich bewundernswerthe Sicherheit des Vortrags. Da<lb/> ist kein Tasten, kein Aufwand von Kunstgriffen, voll kleinen Mitteln, von<lb/> ,Frottirungen° und Lasuren. Ton neben Ton setzt er mit breitem Pinsel<lb/> von der Palette gleich so, wie er ihn haben will, auf die Leinwand, voll und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
der, die seinen Ruf begründen sollten: „Das Begräbniß zu Omans" und die
„Steinklopfer", und so gewaltig und so energievoll war die Kraft seiner Dar¬
stellung, daß selbst die schärfsten Gegner seiner brutalen Anschauungs- und Auf-
fassungsweise seinen technischen Fähigkeiten ihre Bewunderung nicht versagen konnten.
Wie der ideale Stil den Künstler zum Schaffen überlebensgroßer Gestalten führt,
die schon durch ihre Dimensionen den Beschauer mit Ehrfurcht und heiliger
Scheu erfüllen, so hält der Naturalist an der natürlichen Größe der Objecte
fest. So hat sie die Natur geschaffen, und so, mit allen ihren Zufälligkeiten
und Unebenheiten, aber auch mit der ganzen Kraft und Intensität ihres äußeren
Scheins, hat sie die Kunst wiederzugeben. In der zweiten Hälfte dieses Pro¬
gramms liegt sein versöhnendes Element, liegt die Berechtigung seiner Existenz,
die auch der Aesthetiker anerkennen muß. Ohne dieses Element würde der
Aesthetiker, dem die Verkörperung des Schönen das höchste, das Endziel aller
Kunst ist, mit Recht den Stab über den Naturalismus brechen können und
die Auseinandersetzung mit ihm dem Historiker überlassen müssen, der auch
über die Krankheiten der Zeit zu berichten hat. Indessen hat sich der Na¬
turalismus sogleich durch seinen erstell Vertreter die Berechtigung zur Existenz
mit vollstem Nachdruck gesichert. Um das Proletariat, welches sein Haupt aus
der Sturmfluth von 1848 so kühn emporgehoben hatte, ebenso brüsk, mit eben
solchem Eclat in die Kunst einzuführen, wie es sich selbst in die Politik einge¬
führt hatte, bedürfte Courbet eines neuen Ausdrucksmittels. Mit der Stimmungs-
wehmuth und den auf den Contrast zugespitzten Beleuchtungseffecten der Ro¬
mantiker wußte er nichts anzufangen. Ein phmltastischer Soilllenulltergaug
würde sich neben den armseligen, fast stumpfsinnigen Steinklopfern auf der
trostlosen Landstraße wunderlich genug ausgenommen haben. Er hielt sich also
auch in der Behandlung des landschaftlichen Elements, in der Wiedergabe von
Luft und Licht stricte an die Natur und drang bald so tief in ihr Wesen ein,
daß die malerische Haltung seiner Gemälde eine unübertreffliche Wahrheit er¬
reichte. Julius Meyer hat in seiner meisterhaften „Geschichte der modernen
französischen Malerei" Courbets technische Procedur so vortrefflich geschildert,
daß wir seiner Schilderung nichts besseres an die Seite zu setzen wissen. „In
seiner malerischen Anschauung", sagt er von Courbet, „ist ein neues Element, ein
solches wenigstens, das vor ihm nicht ausgebildet worden. Es ist eben jene
Naturwahrheit des Tons, welche Courbet erreicht durch die Kraft seiner
einfach und voll hingesetzten Farbe, die reine und geschlossene Einheit der
Beleuchtung und die wirklich bewundernswerthe Sicherheit des Vortrags. Da
ist kein Tasten, kein Aufwand von Kunstgriffen, voll kleinen Mitteln, von
,Frottirungen° und Lasuren. Ton neben Ton setzt er mit breitem Pinsel
von der Palette gleich so, wie er ihn haben will, auf die Leinwand, voll und
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