Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.etwaige, jedenfalls aber kleine Schuld schrecklich. Aber wenn auch die genannten etwaige, jedenfalls aber kleine Schuld schrecklich. Aber wenn auch die genannten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0336" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146265"/> <p xml:id="ID_966" prev="#ID_965" next="#ID_967"> etwaige, jedenfalls aber kleine Schuld schrecklich. Aber wenn auch die genannten<lb/> flohen: sie alle hatten ja zu Krause in nächster Beziehung gestanden, und Krause<lb/> war ja geblieben. Nun war er bekannt wegen seiner Armuth. Plötzlich bekam<lb/> er in dieser Zeit bedeutende Geldsendungen, was sonst selten oder nie vorge¬<lb/> kommen war. Woher sollte dies Geld anders kommen als von dem Pariser<lb/> Revolutionscomite? So glaubten die Staatslenker von Hannover. In Wahr¬<lb/> heit waren es Teilzahlungen der auf 10000 Thlr. sich belaufende» Erbschaft,<lb/> welche seine Frau nach dem Tode ihrer im Herbst 1830 verstorbenen Mutter<lb/> von Eisenberg aus bekam, und welche Krause von jetzt an eine wenigstens einiger¬<lb/> maßen behagliche Existenz ermöglichten. Krause erklärte zwar, Gehorsam gegen<lb/> die Obrigkeit zu leisten und Böses mit Gutem zu vergelten, gehöre zu den ober¬<lb/> sten Menschheitgeboten. Auch sah der ganze Mann nicht aus wie ein Revolu¬<lb/> tionär; eher hätte man ihn für einen Herold des Friedens ansehen mögen. Und<lb/> doch sprach vieles gegen ihn. Seine Schüler waren factisch gravirt, es waren<lb/> unruhige Köpfe; gravirender vielleicht noch war es für sie, daß sie mit so<lb/> schwärmerischer Verehrung an ihrem Meister hingen; denn alles schwärmerische<lb/> taugt nicht. Kurz, man nahm Krause in Criminaluntersuchung. Natürlich<lb/> konnte man nichts auf ihn bringen; er erklärte, nichts liege ihm ferner als<lb/> Aufreizung; ohnehin gedenke er nicht in Göttingen zu bleiben. In der That<lb/> dachte er seit Jahren an München; schon 1829 hatte ihn sein Sohn Karl auf¬<lb/> gefordert, dahin zu kommen und sich dem hochsinnigen König Ludwig vorzu¬<lb/> stellen. Das war ein Ausweg. Man war ja edeldenkend; man wollte nicht<lb/> sein Verderben. Wenn er also freiwillig ginge? Man wurde ihn auf diese<lb/> Weise am einfachsten los. Man lud ihn also am 11. April 1831 abermals vor<lb/> die Universitätsgerichts-Deputation und fragte ihn, ob er nicht vorziehe, im Wege<lb/> der Güte über seine Abreise eine bestimmte Erklärung abzugeben. Er erklärte,<lb/> wenn er rücksichtlich seiner Gesundheit und durch Arraugirung seiner pecuniären<lb/> Angelegenheiten sich im Stande befinden werde, seine Abreise von Göttingen<lb/> vorzunehmen, er seine bedingt gegebene Zusage vom 9. März zu erfüllen bereit<lb/> sei. Uebrigens werde ihm vielleicht noch ein etwas längerer Aufenthalt in Göt¬<lb/> tingen um so eher vergönnt werden, als er seines Wissens durch kein Vergehen<lb/> seiner gesetzmäßig hier erworbenen Rechte verlustig geworden und er sich bereits<lb/> seit längerer Zeit von allem Umgange, namentlich mit Studenten, ganz zurück¬<lb/> gezogen und die Fortsetzung seiner Vorlesungen unterlassen habe. Aber der<lb/> Untersuchungscommissar erwiederte ihm: daß die Universitütsgerichts-Deputation<lb/> seine am 9. März abgegebene Erklärung (wenn möglich, Göttingen freiwillig<lb/> zu verlassen) als ein unbedingtes Versprechen betrachte, und daß es demgemäß<lb/> dessen Befolgung zu Pfingsten desselben Jahres, das heißt, der Abreise des<lb/> Comparenten nebst dessen Frau und der in seiner Gewalt befindlichen Kinder</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0336]
etwaige, jedenfalls aber kleine Schuld schrecklich. Aber wenn auch die genannten
flohen: sie alle hatten ja zu Krause in nächster Beziehung gestanden, und Krause
war ja geblieben. Nun war er bekannt wegen seiner Armuth. Plötzlich bekam
er in dieser Zeit bedeutende Geldsendungen, was sonst selten oder nie vorge¬
kommen war. Woher sollte dies Geld anders kommen als von dem Pariser
Revolutionscomite? So glaubten die Staatslenker von Hannover. In Wahr¬
heit waren es Teilzahlungen der auf 10000 Thlr. sich belaufende» Erbschaft,
welche seine Frau nach dem Tode ihrer im Herbst 1830 verstorbenen Mutter
von Eisenberg aus bekam, und welche Krause von jetzt an eine wenigstens einiger¬
maßen behagliche Existenz ermöglichten. Krause erklärte zwar, Gehorsam gegen
die Obrigkeit zu leisten und Böses mit Gutem zu vergelten, gehöre zu den ober¬
sten Menschheitgeboten. Auch sah der ganze Mann nicht aus wie ein Revolu¬
tionär; eher hätte man ihn für einen Herold des Friedens ansehen mögen. Und
doch sprach vieles gegen ihn. Seine Schüler waren factisch gravirt, es waren
unruhige Köpfe; gravirender vielleicht noch war es für sie, daß sie mit so
schwärmerischer Verehrung an ihrem Meister hingen; denn alles schwärmerische
taugt nicht. Kurz, man nahm Krause in Criminaluntersuchung. Natürlich
konnte man nichts auf ihn bringen; er erklärte, nichts liege ihm ferner als
Aufreizung; ohnehin gedenke er nicht in Göttingen zu bleiben. In der That
dachte er seit Jahren an München; schon 1829 hatte ihn sein Sohn Karl auf¬
gefordert, dahin zu kommen und sich dem hochsinnigen König Ludwig vorzu¬
stellen. Das war ein Ausweg. Man war ja edeldenkend; man wollte nicht
sein Verderben. Wenn er also freiwillig ginge? Man wurde ihn auf diese
Weise am einfachsten los. Man lud ihn also am 11. April 1831 abermals vor
die Universitätsgerichts-Deputation und fragte ihn, ob er nicht vorziehe, im Wege
der Güte über seine Abreise eine bestimmte Erklärung abzugeben. Er erklärte,
wenn er rücksichtlich seiner Gesundheit und durch Arraugirung seiner pecuniären
Angelegenheiten sich im Stande befinden werde, seine Abreise von Göttingen
vorzunehmen, er seine bedingt gegebene Zusage vom 9. März zu erfüllen bereit
sei. Uebrigens werde ihm vielleicht noch ein etwas längerer Aufenthalt in Göt¬
tingen um so eher vergönnt werden, als er seines Wissens durch kein Vergehen
seiner gesetzmäßig hier erworbenen Rechte verlustig geworden und er sich bereits
seit längerer Zeit von allem Umgange, namentlich mit Studenten, ganz zurück¬
gezogen und die Fortsetzung seiner Vorlesungen unterlassen habe. Aber der
Untersuchungscommissar erwiederte ihm: daß die Universitütsgerichts-Deputation
seine am 9. März abgegebene Erklärung (wenn möglich, Göttingen freiwillig
zu verlassen) als ein unbedingtes Versprechen betrachte, und daß es demgemäß
dessen Befolgung zu Pfingsten desselben Jahres, das heißt, der Abreise des
Comparenten nebst dessen Frau und der in seiner Gewalt befindlichen Kinder
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