Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.in der Wissenschaft ist freier Forschgeist belebt, wie noch nie, und in der Kunst, Diese Gedanken waren freilich für die große Menge zu abstract und zu in der Wissenschaft ist freier Forschgeist belebt, wie noch nie, und in der Kunst, Diese Gedanken waren freilich für die große Menge zu abstract und zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0285" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146214"/> <p xml:id="ID_792" prev="#ID_791"> in der Wissenschaft ist freier Forschgeist belebt, wie noch nie, und in der Kunst,<lb/> der schönen und der nützlichen, regt sich ein jugendliches Streben. Dies Alles<lb/> fordert uns auf und verpflichtet uns, eine Zeitschrift des Menschheitlebens inner¬<lb/> halb der Schranken dieses Zeitalters und in der eigenthümlichen Gestalt desselben,<lb/> jetzt zu unternehmen, damit diese wesentliche Idee in schönerer Zukunft durch ge¬<lb/> selligen Fleiß schöner und umfassender wirklich werde." Dann beginnt die erste<lb/> Nummer der Zeitschrift mit dem „Glauben an die Menschheit": „Ich glaube an<lb/> Eine Menschheit des Weltalls, die ursprünglich und ewig in Gott ist; in Ver¬<lb/> nunft und Natur bestehend, die Einheit beider in Gott; von Gott geliebt, Gott<lb/> liebend; das innigste Wesen Gottes; in Wechselleben mit Gott, mit Vernunft<lb/> und Natur als Ein Ganzes und in allen Sonnenbauen eigenthümlich, vollendet."<lb/> Hierauf folgt der Glaube „an die Menschheit der Erde, an den Einzelmenschen<lb/> und seine UnVollkommenheit; an die Befreiung dieser Erdenmenschheit von allem<lb/> Unmenschlichen, allem Uebel, Jrrsal und Laster; an die Vereinigung aller Menschen<lb/> dieser Erde in Einen Gottinnigkeitsbund, in Einen Tugendbund, Einen Rechtbund<lb/> und Einen Schönheitbund; Wissenschaftbund, Kunstbund und Selbbildungsbund;<lb/> an die Vollendung des Menschheitlebens auf Erden als Eines wolgeordneten,<lb/> gottähnlichen Ganzen, und an Einen Menschheitbund, welcher einst alle Menschen<lb/> der Erde, als ganze Menschen, in Eine Menschheit vereinen wird, bis ans Ende<lb/> ihrer Lebenzeit auf Erden. Und an das künftige Leben der Menschheit dieser<lb/> Erde im höheren Ganzen des Weltalls. Denn Gott ist in ewiger Liebe, überall<lb/> mit seiner Menschheit; auch diese Erde und d i e s e Menschheit sind sein Werk<lb/> und Leben; was Gott beginnt, das führt er herrlich aus." In Ur. 19 stellte<lb/> er einen Versuch auf, die Gebote der Menschlichkeit an den einzelnen Menschen<lb/> auszusprechen; dem ersten: „Du sollst Gott erkennen, anbeten, lieben und heilig<lb/> halten!" folgen elf andre, und dann noch eine Reihe von besonderen Geboten<lb/> und Verboten; die letzteren lauten: „Du sollst nicht hochmüthig sein, noch ein<lb/> Selbstling, nie träge sein, nie lügen, nie heucheln, nie dich verstellen u. s. w.<lb/> dem Bösen sollst du nie Böses entgegensetzen, sondern nur Gutes, und dem Uebel,<lb/> welches dir widerfährt, sollst du nicht Zorn entgegnen, sondern in ruhiger Er¬<lb/> gebung in Gott überwinden!"</p><lb/> <p xml:id="ID_793"> Diese Gedanken waren freilich für die große Menge zu abstract und zu<lb/> hoheitsvoll; je gedankenreicher die Zeitschrift war, desto wenigere fanden sich,<lb/> die sie lesen wollten. So hatte das Unternehmen keinen Erfolg und wurde<lb/> bereits nach dem ersten Quartale aufgegeben. Die Zeit eines Bundes, der die<lb/> ganze Menschheit verknüpfen sollte, war nicht so nahe, wie Krause glaubte. Wie<lb/> seine nächsten Freunde über diese Ideen dachten, zeigt folgender Brief des Grafen<lb/> Geßler vom 9. Januar 1811:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0285]
in der Wissenschaft ist freier Forschgeist belebt, wie noch nie, und in der Kunst,
der schönen und der nützlichen, regt sich ein jugendliches Streben. Dies Alles
fordert uns auf und verpflichtet uns, eine Zeitschrift des Menschheitlebens inner¬
halb der Schranken dieses Zeitalters und in der eigenthümlichen Gestalt desselben,
jetzt zu unternehmen, damit diese wesentliche Idee in schönerer Zukunft durch ge¬
selligen Fleiß schöner und umfassender wirklich werde." Dann beginnt die erste
Nummer der Zeitschrift mit dem „Glauben an die Menschheit": „Ich glaube an
Eine Menschheit des Weltalls, die ursprünglich und ewig in Gott ist; in Ver¬
nunft und Natur bestehend, die Einheit beider in Gott; von Gott geliebt, Gott
liebend; das innigste Wesen Gottes; in Wechselleben mit Gott, mit Vernunft
und Natur als Ein Ganzes und in allen Sonnenbauen eigenthümlich, vollendet."
Hierauf folgt der Glaube „an die Menschheit der Erde, an den Einzelmenschen
und seine UnVollkommenheit; an die Befreiung dieser Erdenmenschheit von allem
Unmenschlichen, allem Uebel, Jrrsal und Laster; an die Vereinigung aller Menschen
dieser Erde in Einen Gottinnigkeitsbund, in Einen Tugendbund, Einen Rechtbund
und Einen Schönheitbund; Wissenschaftbund, Kunstbund und Selbbildungsbund;
an die Vollendung des Menschheitlebens auf Erden als Eines wolgeordneten,
gottähnlichen Ganzen, und an Einen Menschheitbund, welcher einst alle Menschen
der Erde, als ganze Menschen, in Eine Menschheit vereinen wird, bis ans Ende
ihrer Lebenzeit auf Erden. Und an das künftige Leben der Menschheit dieser
Erde im höheren Ganzen des Weltalls. Denn Gott ist in ewiger Liebe, überall
mit seiner Menschheit; auch diese Erde und d i e s e Menschheit sind sein Werk
und Leben; was Gott beginnt, das führt er herrlich aus." In Ur. 19 stellte
er einen Versuch auf, die Gebote der Menschlichkeit an den einzelnen Menschen
auszusprechen; dem ersten: „Du sollst Gott erkennen, anbeten, lieben und heilig
halten!" folgen elf andre, und dann noch eine Reihe von besonderen Geboten
und Verboten; die letzteren lauten: „Du sollst nicht hochmüthig sein, noch ein
Selbstling, nie träge sein, nie lügen, nie heucheln, nie dich verstellen u. s. w.
dem Bösen sollst du nie Böses entgegensetzen, sondern nur Gutes, und dem Uebel,
welches dir widerfährt, sollst du nicht Zorn entgegnen, sondern in ruhiger Er¬
gebung in Gott überwinden!"
Diese Gedanken waren freilich für die große Menge zu abstract und zu
hoheitsvoll; je gedankenreicher die Zeitschrift war, desto wenigere fanden sich,
die sie lesen wollten. So hatte das Unternehmen keinen Erfolg und wurde
bereits nach dem ersten Quartale aufgegeben. Die Zeit eines Bundes, der die
ganze Menschheit verknüpfen sollte, war nicht so nahe, wie Krause glaubte. Wie
seine nächsten Freunde über diese Ideen dachten, zeigt folgender Brief des Grafen
Geßler vom 9. Januar 1811:
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