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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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unpraktisch erschien, herauszuheben und ihm Rathschläge zu geben, die freilich
für diesen meist unannehmbar waren. Bald aber verschwand die Verstimmung,
als er sich mit dem ihm eigenen Eifer auf die Ausarbeitung seines freimaureri-
schen Hauptwerkes warf, das unter dem Namen "Die drei ältesten Kunsturkunden
der Freimaurerbrüderschaft" erscheinen sollte. Mit Beginn des Jahres 1809
trat er wieder in den lebendigsten Verkehr mit Schneider in Altenburg, der im
wesentlichen der Freimaurerei und ihren Urkunden gegenüber dieselbe Stellung
eingenommen zu haben scheint wie Krause. Der sehr ausführliche Briefwechsel
zwischen beiden Männern läßt Schneider als einen sehr genauen Kenner der
maurerischen Urkunden, als einen etwas bedächtigen, aber selbständigen und
unabhängig denkenden Mann erscheinen, der z. B. kein Bedenken hatte, den In¬
halt der erwähnten Schrift mit einer Ausnahme auch Nichtmaurern mitzutheilen,
während Krause sie nur für Maurer bestimmte. Auch mit dem Hofprediger
Reinhard, dem er schon als Knabe in Donndorf begegnet war, und der als
Censor natürlich großen Einfluß besaß, hatte er eine interessante Unterredung
über sein Unternehmen i nach seiner Mittheilung aus dein Februar 1809 billigte
derselbe Krauses Vorhaben durchaus. Das Werk selbst gehört zu deu müh¬
seligsten, die man sich vorstellen kann, und Kenner versichern, daß es einen be¬
wunderungswürdigen Scharfsinn verrathe, der, obwohl die Echtheit der von
Krause behandelten drei ältesten Kunsturkunden mehr als zweifelhaft sei, doch
keineswegs als unfruchtbar erscheine.

Die Arbeit beschäftigte ihn das ganze Jahr 1809 fast ausschließlich: erst
am 22. September war das Manuscript fertig. Dem Werke wurde eine, von
Moßdorf und Krause gemeinsam verfaßte, einen Bogen starke Ankündigung unter
des ersteren Namen durch die Loge "zu den drei Schwertern", der beide ange¬
hörten, an alle Logen versendet. Alsbald brach eine große Bewegung in der
Logenwelt aus, und ehe man noch das vorbereitete Buch selbst zu Gesicht be¬
kommen hatte, gingen nicht nur Privatschreiben, auch anonym, bei Krause ein,
sondern die Logen "zur goldnen Mauer" in Bautzen, "zur gekrönten Schlange"
in Görlitz und die große Provinzialloge von Niedersachsen in Hamburg legten
feierlichen Protest gegen die Veröffentlichung des Werkes bei der Dresdner
Loge Krauses ein. Als die Angelegenheit am 10. Januar 1810 in einer Mei-
sterconferenz zur Verhandlung und die Schreiben der genannten drei Logen zur
Verlesung kamen, drückten verschiedene Anwesende ihr Befremden und ihren
Unwillen über die in denselben enthaltenen Anmaßungen aus, und es ward
einmüthig beschlossen, die geschehenen Anträge auf eine der Würde der Loge
angemessene Art abzuweisen, dem Antwortschreiben aber die schriftliche Erklä¬
rung, welche Krause mit dem Bemerken, daß er von seinem in besagtem Logen¬
schreiber gemißbilligten Vorhaben weder abstehen wolle noch könne, zu Protokoll


unpraktisch erschien, herauszuheben und ihm Rathschläge zu geben, die freilich
für diesen meist unannehmbar waren. Bald aber verschwand die Verstimmung,
als er sich mit dem ihm eigenen Eifer auf die Ausarbeitung seines freimaureri-
schen Hauptwerkes warf, das unter dem Namen „Die drei ältesten Kunsturkunden
der Freimaurerbrüderschaft" erscheinen sollte. Mit Beginn des Jahres 1809
trat er wieder in den lebendigsten Verkehr mit Schneider in Altenburg, der im
wesentlichen der Freimaurerei und ihren Urkunden gegenüber dieselbe Stellung
eingenommen zu haben scheint wie Krause. Der sehr ausführliche Briefwechsel
zwischen beiden Männern läßt Schneider als einen sehr genauen Kenner der
maurerischen Urkunden, als einen etwas bedächtigen, aber selbständigen und
unabhängig denkenden Mann erscheinen, der z. B. kein Bedenken hatte, den In¬
halt der erwähnten Schrift mit einer Ausnahme auch Nichtmaurern mitzutheilen,
während Krause sie nur für Maurer bestimmte. Auch mit dem Hofprediger
Reinhard, dem er schon als Knabe in Donndorf begegnet war, und der als
Censor natürlich großen Einfluß besaß, hatte er eine interessante Unterredung
über sein Unternehmen i nach seiner Mittheilung aus dein Februar 1809 billigte
derselbe Krauses Vorhaben durchaus. Das Werk selbst gehört zu deu müh¬
seligsten, die man sich vorstellen kann, und Kenner versichern, daß es einen be¬
wunderungswürdigen Scharfsinn verrathe, der, obwohl die Echtheit der von
Krause behandelten drei ältesten Kunsturkunden mehr als zweifelhaft sei, doch
keineswegs als unfruchtbar erscheine.

Die Arbeit beschäftigte ihn das ganze Jahr 1809 fast ausschließlich: erst
am 22. September war das Manuscript fertig. Dem Werke wurde eine, von
Moßdorf und Krause gemeinsam verfaßte, einen Bogen starke Ankündigung unter
des ersteren Namen durch die Loge „zu den drei Schwertern", der beide ange¬
hörten, an alle Logen versendet. Alsbald brach eine große Bewegung in der
Logenwelt aus, und ehe man noch das vorbereitete Buch selbst zu Gesicht be¬
kommen hatte, gingen nicht nur Privatschreiben, auch anonym, bei Krause ein,
sondern die Logen „zur goldnen Mauer" in Bautzen, „zur gekrönten Schlange"
in Görlitz und die große Provinzialloge von Niedersachsen in Hamburg legten
feierlichen Protest gegen die Veröffentlichung des Werkes bei der Dresdner
Loge Krauses ein. Als die Angelegenheit am 10. Januar 1810 in einer Mei-
sterconferenz zur Verhandlung und die Schreiben der genannten drei Logen zur
Verlesung kamen, drückten verschiedene Anwesende ihr Befremden und ihren
Unwillen über die in denselben enthaltenen Anmaßungen aus, und es ward
einmüthig beschlossen, die geschehenen Anträge auf eine der Würde der Loge
angemessene Art abzuweisen, dem Antwortschreiben aber die schriftliche Erklä¬
rung, welche Krause mit dem Bemerken, daß er von seinem in besagtem Logen¬
schreiber gemißbilligten Vorhaben weder abstehen wolle noch könne, zu Protokoll


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/212>, abgerufen am 23.07.2024.