Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.wegsagen: Nähme die liberale Partei wie in der wirthschaftlichen, so auch hier politische Briefe. 2. Die preußische verwaltungsreform. Vorgeschichte. Das Werk der preußischen Verwaltungsreform, mitten im Bau begriffen Das Wort Selbstverwaltung war schon bei dem vormürzlichen Liberalis- wegsagen: Nähme die liberale Partei wie in der wirthschaftlichen, so auch hier politische Briefe. 2. Die preußische verwaltungsreform. Vorgeschichte. Das Werk der preußischen Verwaltungsreform, mitten im Bau begriffen Das Wort Selbstverwaltung war schon bei dem vormürzlichen Liberalis- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0181" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146110"/> <p xml:id="ID_473" prev="#ID_472"> wegsagen: Nähme die liberale Partei wie in der wirthschaftlichen, so auch hier<lb/> in der kirchlichen Frage eine Stellung ein, die den Anschauungen des Volkes,<lb/> seinen Bedürfnissen und Wünschen entgegengesetzt wäre, dann würde ihr ma߬<lb/> gebender Einfluß als gebrochen anzusehen sein und sie das an sich jetzt schon<lb/> stark erschütterte Vertrauen der Bevölkerung vollends verlieren. Die liberale<lb/> Partei hat alle Ursache, zu zeigen, daß anch sie noch etwas praktischen Sinn<lb/> und politische Weisheit sich gewahrt hat; die Gelegenheit dazu ist jetzt gegeben.<lb/> Fällt die Vorlage, so fällt wahrscheinlich anch die Kammer, und daß eine Neu-<lb/> Wahl vielmehr der Regierung als der liberalen Mehrheit Recht geben würde,<lb/> glauben wir mit ziemlicher Gewißheit voraussagen zu können.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> politische Briefe.<lb/> 2. Die preußische verwaltungsreform. Vorgeschichte. </head><lb/> <p xml:id="ID_474"> Das Werk der preußischen Verwaltungsreform, mitten im Bau begriffen<lb/> wie es ist, hat eine Geschichte, die man sich immer wieder zurückrufen muß, um<lb/> mit dem richtigen Verständniß die Weiterarbeit zu verfolgen, und eine Vorge¬<lb/> schichte, die man kennen muß, um die Geschichte des bisherigen Baues zu<lb/> verstehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_475" next="#ID_476"> Das Wort Selbstverwaltung war schon bei dem vormürzlichen Liberalis-<lb/> mus beliebt, der am liebsten den englischen Ausdruck gebrauchte. Schon vor<lb/> den Märztagen glaubte der deutsche Liberalismus auf den französischen herab¬<lb/> sehen zu dürfen, weil er sich die wundervolle Idee des ssItAovsrumsQt ange¬<lb/> eignet hatte. Auf seine Gelehrsamkeit ist der deutsche Liberalismus immer stolz<lb/> gewesen, während er Ursache gehabt hätte, sich seiner Confusion zu schämen, und<lb/> darin hat sich leider bis auf den heutigen Tag nichts gebessert. Unter söll-<lb/> ^ovA'iiiQSQt nämlich dachte man sich die locale Volkssouveränetcit, aber gleich¬<lb/> zeitig schwärmte man für die nationale Idee, d. h. für die centrale Volkssou-<lb/> veränetät. Solche Confusion gelingt freilich der französischen Logik nicht; dort<lb/> hat man sich unter Freiheit, unter Selbstverwaltung, immer nur die centrale<lb/> Volkssouveränetät gedacht, und nicht ohne von der französischen Folgerichtigkeit<lb/> einen imponirenden Eindruck zu empfangen, kann man die jüngsten Nummern<lb/> von Gambettas RüMkliaus tiM^ise lesen, worin sie von dem uncmfgeblichen<lb/> Begriff der Centralsouveränetüt aus unbarmherzig spottet über Arrondissements-<lb/> wahlen, über Freiheit des Unterrichts und allerlei Aehnliches. In Deutschland</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0181]
wegsagen: Nähme die liberale Partei wie in der wirthschaftlichen, so auch hier
in der kirchlichen Frage eine Stellung ein, die den Anschauungen des Volkes,
seinen Bedürfnissen und Wünschen entgegengesetzt wäre, dann würde ihr ma߬
gebender Einfluß als gebrochen anzusehen sein und sie das an sich jetzt schon
stark erschütterte Vertrauen der Bevölkerung vollends verlieren. Die liberale
Partei hat alle Ursache, zu zeigen, daß anch sie noch etwas praktischen Sinn
und politische Weisheit sich gewahrt hat; die Gelegenheit dazu ist jetzt gegeben.
Fällt die Vorlage, so fällt wahrscheinlich anch die Kammer, und daß eine Neu-
Wahl vielmehr der Regierung als der liberalen Mehrheit Recht geben würde,
glauben wir mit ziemlicher Gewißheit voraussagen zu können.
politische Briefe.
2. Die preußische verwaltungsreform. Vorgeschichte.
Das Werk der preußischen Verwaltungsreform, mitten im Bau begriffen
wie es ist, hat eine Geschichte, die man sich immer wieder zurückrufen muß, um
mit dem richtigen Verständniß die Weiterarbeit zu verfolgen, und eine Vorge¬
schichte, die man kennen muß, um die Geschichte des bisherigen Baues zu
verstehen.
Das Wort Selbstverwaltung war schon bei dem vormürzlichen Liberalis-
mus beliebt, der am liebsten den englischen Ausdruck gebrauchte. Schon vor
den Märztagen glaubte der deutsche Liberalismus auf den französischen herab¬
sehen zu dürfen, weil er sich die wundervolle Idee des ssItAovsrumsQt ange¬
eignet hatte. Auf seine Gelehrsamkeit ist der deutsche Liberalismus immer stolz
gewesen, während er Ursache gehabt hätte, sich seiner Confusion zu schämen, und
darin hat sich leider bis auf den heutigen Tag nichts gebessert. Unter söll-
^ovA'iiiQSQt nämlich dachte man sich die locale Volkssouveränetcit, aber gleich¬
zeitig schwärmte man für die nationale Idee, d. h. für die centrale Volkssou-
veränetät. Solche Confusion gelingt freilich der französischen Logik nicht; dort
hat man sich unter Freiheit, unter Selbstverwaltung, immer nur die centrale
Volkssouveränetät gedacht, und nicht ohne von der französischen Folgerichtigkeit
einen imponirenden Eindruck zu empfangen, kann man die jüngsten Nummern
von Gambettas RüMkliaus tiM^ise lesen, worin sie von dem uncmfgeblichen
Begriff der Centralsouveränetüt aus unbarmherzig spottet über Arrondissements-
wahlen, über Freiheit des Unterrichts und allerlei Aehnliches. In Deutschland
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