Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.Die Tragik in Werken der hellenischen Plastik. Veit Valentin. von 1. Die glänzende Erwerbung der pergamenischen Skulpturen durch das deutsche Schon der Gesammtcharakter des großen Weihgeschenkes in Athen ist ein Die Tragik in Werken der hellenischen Plastik. Veit Valentin. von 1. Die glänzende Erwerbung der pergamenischen Skulpturen durch das deutsche Schon der Gesammtcharakter des großen Weihgeschenkes in Athen ist ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0072" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146577"/> </div> <div n="1"> <head> Die Tragik in Werken der hellenischen Plastik.<lb/><note type="byline"> Veit Valentin.</note> von</head><lb/> <div n="2"> <head> 1.</head><lb/> <p xml:id="ID_203"> Die glänzende Erwerbung der pergamenischen Skulpturen durch das deutsche<lb/> Reich hat die allseitige Aufmerksamkeit auf die wichtige Epoche der pergameni¬<lb/> schen Kunst und die ihr entstammenden wenigen Originalwerke gelenkt, die wir<lb/> bisher besessen haben, und die zum Theil mit dem neuen Funde in enger Verbin¬<lb/> dung stehen. Bekanntlich handelt sich's bei dem Funde um das große Weihgeschenk,<lb/> welches Attalos I. von Pergcunon gegen Ende des 3. Jahrhunderts in seiner<lb/> Hauptstadt zur Erinnerung an den Sieg aufgestellt hat, den er über die sein<lb/> Reich mit Vernichtung bedrohenden keltischen Eindringlinge, die Gallier, im Jahre<lb/> 238 v. Chr. in entscheidender Weise davongetragen hat. Allein nicht nur in<lb/> der eigenen Heimat wollte er die Erinnerung an seinen Sieg festhalten, ganz<lb/> Hellas sollte Kunde davon erhalten, daß er der Vertheidiger griechischer Cultur<lb/> gegen barbarische Zerstörungswuth gewesen sei. Er glaubte kein besseres Mittel<lb/> hierfür zu finden, als indem er in dem Centrum der griechischen Cultur laut<lb/> seine Thaten erzählen ließ. Die Akropolis von Athen sollte sein Weihgeschenk<lb/> aufnehmen, damit von da aus sein Ruhm sich über ganz Hellas verbreitete.<lb/> Und dieses Weihgeschenk ist uns zum Theil, freilich nur zum allerkleinsten Theil,<lb/> erhalten; einer glücklichen Conjectur Brunns ist es zu verdanken, daß wir eine<lb/> Reihe von Statuen als Ueberreste dieses großen Werkes kennen. An diese<lb/> schließen sich noch zwei Einzelwerke in größerem Maßstabe, von denen es sich<lb/> jetzt vielleicht endgiltig herausstellen wird, ob sie in einem engeren Verhältnisse<lb/> zu den Werken des neuen Fundes gestanden haben, oder ob sie unabhängige<lb/> Neuschöpfungen find, welche sich zwar der durch jenes Werk ins Leben gerufenen<lb/> neuen Richtung anschlössen, aber in selbständiger künstlerischer Weise einige der<lb/> dort gegebenen Motive weiter ausbildeten und vertieften. Für die letztere<lb/> Annahme sprechen bis jetzt die weit vollendetere Ausführung, ebenso wie die<lb/> weit edlere Auffassung. Alle diese Werke aber tragen einen scharf ausgeprägten<lb/> gemeinschaftlichen Charakter, der sowohl für die Kunstsprache jener Zeit als<lb/> auch für die geistige Bedeutung der bildenden Kunst in ihr, für die Art der<lb/> Auffassung der ihr gestellten höchsten Aufgaben und somit für das Verständniß<lb/> der Zeit selbst von entscheidender Wichtigkeit ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_204" next="#ID_205"> Schon der Gesammtcharakter des großen Weihgeschenkes in Athen ist ein<lb/> höchst eigenthümlicher. Das ganze Werk, das aus 60—80 einzelnen Figuren<lb/> in halber Lebensgröße bestanden zu haben scheint, und dessen Aufstellungsort</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0072]
Die Tragik in Werken der hellenischen Plastik.
Veit Valentin. von
1.
Die glänzende Erwerbung der pergamenischen Skulpturen durch das deutsche
Reich hat die allseitige Aufmerksamkeit auf die wichtige Epoche der pergameni¬
schen Kunst und die ihr entstammenden wenigen Originalwerke gelenkt, die wir
bisher besessen haben, und die zum Theil mit dem neuen Funde in enger Verbin¬
dung stehen. Bekanntlich handelt sich's bei dem Funde um das große Weihgeschenk,
welches Attalos I. von Pergcunon gegen Ende des 3. Jahrhunderts in seiner
Hauptstadt zur Erinnerung an den Sieg aufgestellt hat, den er über die sein
Reich mit Vernichtung bedrohenden keltischen Eindringlinge, die Gallier, im Jahre
238 v. Chr. in entscheidender Weise davongetragen hat. Allein nicht nur in
der eigenen Heimat wollte er die Erinnerung an seinen Sieg festhalten, ganz
Hellas sollte Kunde davon erhalten, daß er der Vertheidiger griechischer Cultur
gegen barbarische Zerstörungswuth gewesen sei. Er glaubte kein besseres Mittel
hierfür zu finden, als indem er in dem Centrum der griechischen Cultur laut
seine Thaten erzählen ließ. Die Akropolis von Athen sollte sein Weihgeschenk
aufnehmen, damit von da aus sein Ruhm sich über ganz Hellas verbreitete.
Und dieses Weihgeschenk ist uns zum Theil, freilich nur zum allerkleinsten Theil,
erhalten; einer glücklichen Conjectur Brunns ist es zu verdanken, daß wir eine
Reihe von Statuen als Ueberreste dieses großen Werkes kennen. An diese
schließen sich noch zwei Einzelwerke in größerem Maßstabe, von denen es sich
jetzt vielleicht endgiltig herausstellen wird, ob sie in einem engeren Verhältnisse
zu den Werken des neuen Fundes gestanden haben, oder ob sie unabhängige
Neuschöpfungen find, welche sich zwar der durch jenes Werk ins Leben gerufenen
neuen Richtung anschlössen, aber in selbständiger künstlerischer Weise einige der
dort gegebenen Motive weiter ausbildeten und vertieften. Für die letztere
Annahme sprechen bis jetzt die weit vollendetere Ausführung, ebenso wie die
weit edlere Auffassung. Alle diese Werke aber tragen einen scharf ausgeprägten
gemeinschaftlichen Charakter, der sowohl für die Kunstsprache jener Zeit als
auch für die geistige Bedeutung der bildenden Kunst in ihr, für die Art der
Auffassung der ihr gestellten höchsten Aufgaben und somit für das Verständniß
der Zeit selbst von entscheidender Wichtigkeit ist.
Schon der Gesammtcharakter des großen Weihgeschenkes in Athen ist ein
höchst eigenthümlicher. Das ganze Werk, das aus 60—80 einzelnen Figuren
in halber Lebensgröße bestanden zu haben scheint, und dessen Aufstellungsort
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