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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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umhüllten Kasten vielleicht in einer Seitenkapelle der Kreuzfahrerkirche zu Tyrus
aufbewahrt worden seien, um sie dann nach Eroberung von Jerusalem auf hei¬
ligem Boden beizusetzen, daß sie aber wahrscheinlich bei dem Fall von Tyrus,
wenn nicht schon bei dem großen Erdbeben, das die Stadt betraf, zu Grunde
gegangen seien.

Es war eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, nicht länger in dem edlen
Völkerwettstreite um die Erforschung der Länder und Stätten der Heiligen
Schrift hintanzustehen, sondern sich an der gemeinsamen Arbeit zu betheiligen.
"Den Ergebnissen des englischen und amerikanischen kalsstwö Hxploration
Mnä gegenüber -- heißt es im ersten Hefte der "Zeitschrift des Deutschen
Palästina-Vereins" -- schien es hohe Zeit zu sein, daß nun auch von deutscher
Seite Hand angelegt würde zu selbständiger Mitarbeit, daß man on'idus unitis
dem Ziele entgegenstrebe, welches auch der mühsamsten Arbeit und Aufopferung
des Einzelnen zu erreichen nicht vergönnt war. Bot doch zugleich der totale
Umschwung der politischen Verhältnisse seit 1870 genügende Bürgschaft, daß
diesmal ein erster Anlauf nicht wieder an der Zersplitterung der Kräfte oder
an dem Mangel eines Rückhalts in Palästina selbst scheitern werde." Aus diesen
Erwägungen heraus wurde der deutsche Palästina-Verein gegründet. Die
Idee dazu ist zuerst auf einer Soiree des verdienstvollen Generalconsuls von
Alten in Jerusalem ausgesprochen worden, bei der auch Kiepert zugegen war.
Im Sommer 1876 traten dann der Ghmnasialrector Zimmermann in Basel
und die Professoren Kautzsch und So ein, ersterer in Basel, letzterer in
Tübingen, zu einer Berathung zusammen über die geeignetsten Maßregeln,
welche zur Begründung eines deutschen Vereins für die Erforschung Palästinas
zu ergreifen seien. Bereits im folgenden Jahre, am 28. September, konnte bei
Gelegenheit der im Anschluß an die Versammlung deutscher Philologen in Wies¬
baden lagerten Jahresversammlung der "Deutschen Morgenländischen Gesell¬
schaft" die definitive Gründung des "Deutschen Vereins zur Erforschung Palä¬
stinas" ausgesprochen werden. Noch sind seit der Gründung des Vereins
nicht drei Jahre vergangen, und schon liegen als die Frucht seiner regen und
anregenden Thätigkeit zwei stattliche Bände seiner "Zeitschrift" vor, jeder aus
vier Heften bestehend und mit einer Anzahl trefflicher Karten, Baurisse, Münz¬
abdrücke und Zeichnungen von Denkmälern ausgestattet. Die werthvollen Auf¬
sätze, welche diese beiden ersten Bände darbieten, enthalten eine Reihe wichtiger
Bereicherungen unserer Kenntniß Palästinas. Berichte über Reisen in einzelnen
Theilen des Landes, Beschreibungen und Vermessungen berühmter Baulichkeiten
aus alter Zeit, Besprechung wichtiger historischer, geographischer und archäolo¬
gischer Fragen, Veröffentlichungen inhaltsreicher Pilgerfahrten aus früheren


Grenzboten II. 1S80. 71

umhüllten Kasten vielleicht in einer Seitenkapelle der Kreuzfahrerkirche zu Tyrus
aufbewahrt worden seien, um sie dann nach Eroberung von Jerusalem auf hei¬
ligem Boden beizusetzen, daß sie aber wahrscheinlich bei dem Fall von Tyrus,
wenn nicht schon bei dem großen Erdbeben, das die Stadt betraf, zu Grunde
gegangen seien.

Es war eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, nicht länger in dem edlen
Völkerwettstreite um die Erforschung der Länder und Stätten der Heiligen
Schrift hintanzustehen, sondern sich an der gemeinsamen Arbeit zu betheiligen.
„Den Ergebnissen des englischen und amerikanischen kalsstwö Hxploration
Mnä gegenüber — heißt es im ersten Hefte der „Zeitschrift des Deutschen
Palästina-Vereins" — schien es hohe Zeit zu sein, daß nun auch von deutscher
Seite Hand angelegt würde zu selbständiger Mitarbeit, daß man on'idus unitis
dem Ziele entgegenstrebe, welches auch der mühsamsten Arbeit und Aufopferung
des Einzelnen zu erreichen nicht vergönnt war. Bot doch zugleich der totale
Umschwung der politischen Verhältnisse seit 1870 genügende Bürgschaft, daß
diesmal ein erster Anlauf nicht wieder an der Zersplitterung der Kräfte oder
an dem Mangel eines Rückhalts in Palästina selbst scheitern werde." Aus diesen
Erwägungen heraus wurde der deutsche Palästina-Verein gegründet. Die
Idee dazu ist zuerst auf einer Soiree des verdienstvollen Generalconsuls von
Alten in Jerusalem ausgesprochen worden, bei der auch Kiepert zugegen war.
Im Sommer 1876 traten dann der Ghmnasialrector Zimmermann in Basel
und die Professoren Kautzsch und So ein, ersterer in Basel, letzterer in
Tübingen, zu einer Berathung zusammen über die geeignetsten Maßregeln,
welche zur Begründung eines deutschen Vereins für die Erforschung Palästinas
zu ergreifen seien. Bereits im folgenden Jahre, am 28. September, konnte bei
Gelegenheit der im Anschluß an die Versammlung deutscher Philologen in Wies¬
baden lagerten Jahresversammlung der „Deutschen Morgenländischen Gesell¬
schaft" die definitive Gründung des „Deutschen Vereins zur Erforschung Palä¬
stinas" ausgesprochen werden. Noch sind seit der Gründung des Vereins
nicht drei Jahre vergangen, und schon liegen als die Frucht seiner regen und
anregenden Thätigkeit zwei stattliche Bände seiner „Zeitschrift" vor, jeder aus
vier Heften bestehend und mit einer Anzahl trefflicher Karten, Baurisse, Münz¬
abdrücke und Zeichnungen von Denkmälern ausgestattet. Die werthvollen Auf¬
sätze, welche diese beiden ersten Bände darbieten, enthalten eine Reihe wichtiger
Bereicherungen unserer Kenntniß Palästinas. Berichte über Reisen in einzelnen
Theilen des Landes, Beschreibungen und Vermessungen berühmter Baulichkeiten
aus alter Zeit, Besprechung wichtiger historischer, geographischer und archäolo¬
gischer Fragen, Veröffentlichungen inhaltsreicher Pilgerfahrten aus früheren


Grenzboten II. 1S80. 71
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/557>, abgerufen am 22.07.2024.