deren Vervollständigung freilich der jüngsten Vergangenheit vorbehalten blieb. Die einzelnen Unternehmungen der Russen in jener Zeit waren folgende. Maly- gin und Skuratow legten 1736--37 die Strecke zwischen Archangel und der Obmündung zurück, "die ersten und bis 1869 die letzten Seeleute, welche diesen Strom von Westen her zu Wasser erreicht haben"; 1734--37 war Owzyn von Tobolsk am Ob in den Jenissei gesegelt; die Verbindung des Jenissei mit der Lena zur See herzustellen, glückte trotz siebenjähriger Anstrengung nicht: Pront- chitschew gelangte von der Lena bis zur Laurentius-Jnsel, nahe dem nördlichsten Punkt Asiens, Laptew von der Chatcmga aus kam nicht einmal so weit und legte die übrige Strecke zu Lande zurück. Sein Steuermann Tscheljuskin unter¬ stützte ihn dabei und hatte das Glück, am 18. Mai 1742 die nördlichste Spitze des europäisch-asiatischen Continents zu finden, die er auf 77° 34' nördlicher Breite bestimmte und Sjewero Wostoschnoi (nordöstliches Kap) benannte; die Nachwelt hat diese wichtige Entdeckung mit seinem Namen belegt. Die Küste vom Jenissei bis zum Laurentinsvorgebirge war also von Schiffen nicht erforscht worden, und so weit unsere Kenntniß reicht, waren die schwedischen Schiffe 1878 die ersten, welche diesen Raum befahren haben. Auch der vorletzte Theil des damaligen Fvrschungszieles, die Section von der Lena bis zum Ostkap, konnte nicht ganz bewältigt werden; von der Lena ausgehend erreichte Lassenius nicht einmal die Jana, Dmitry Laptew aber ans vier verschiedenen Reisen von 1736 bis 1744 als äußersten Punkt die Baranowinseln. Indessen wenn an dieser Stelle die Aufgabe nicht völlig gelöst werden konnte, so war doch schon fast 100 Jahre vorher die Strecke von der Kolyma aus, die noch etwas westlicher liegt als die Baranowinseln, von Deschnew befahren und der thatsächliche Be¬ weis geliefert worden, daß unter günstigeren Eisverhältnissen die Fahrt wenig¬ stens nicht in das Bereich der Unmöglichkeit gehöre. Die letzte Station jenes großen Erforschungsplanes war mit Vitus Bering besetzt, der von Ochozk aus zunächst die Nordvstbcgrenzung feststellen und dann womöglich den von der Lena kommenden Reisenden entgegenkommen sollte. Auf seiner letzten Fahrt 1741 wurde er dem ersten Theile der ihm gestellten Aufgabe gerecht, starb aber noch in demselben Jahre.
Mit dieser in großem Stile angelegten Polarforschung der russischen Regie¬ rung schließen die Leistungen für die Lösung jener großen Frage bis auf die Gegenwart ab, und die Polarreisenden verfolgten zunächst andere Ziele. Wohl treffen wir auch später noch zu verschiedenen Zeiten Entdecker in diesen Regio¬ nen an, aber mit anderen Absichten. Die Russen arbeiten von 1760 bis 1839 an der näheren Erforschung Novaja Semljas, und von 1711 bis 1823 bemüht sich dieselbe Nation um die Auffindung von etwa im Eismeer gelegenen Inseln und Ländern, ohne daß ihre Anstrengungen von entsprechenden Erfolgen begleitet
Grenzboten II. 1330. 63
deren Vervollständigung freilich der jüngsten Vergangenheit vorbehalten blieb. Die einzelnen Unternehmungen der Russen in jener Zeit waren folgende. Maly- gin und Skuratow legten 1736—37 die Strecke zwischen Archangel und der Obmündung zurück, „die ersten und bis 1869 die letzten Seeleute, welche diesen Strom von Westen her zu Wasser erreicht haben"; 1734—37 war Owzyn von Tobolsk am Ob in den Jenissei gesegelt; die Verbindung des Jenissei mit der Lena zur See herzustellen, glückte trotz siebenjähriger Anstrengung nicht: Pront- chitschew gelangte von der Lena bis zur Laurentius-Jnsel, nahe dem nördlichsten Punkt Asiens, Laptew von der Chatcmga aus kam nicht einmal so weit und legte die übrige Strecke zu Lande zurück. Sein Steuermann Tscheljuskin unter¬ stützte ihn dabei und hatte das Glück, am 18. Mai 1742 die nördlichste Spitze des europäisch-asiatischen Continents zu finden, die er auf 77° 34' nördlicher Breite bestimmte und Sjewero Wostoschnoi (nordöstliches Kap) benannte; die Nachwelt hat diese wichtige Entdeckung mit seinem Namen belegt. Die Küste vom Jenissei bis zum Laurentinsvorgebirge war also von Schiffen nicht erforscht worden, und so weit unsere Kenntniß reicht, waren die schwedischen Schiffe 1878 die ersten, welche diesen Raum befahren haben. Auch der vorletzte Theil des damaligen Fvrschungszieles, die Section von der Lena bis zum Ostkap, konnte nicht ganz bewältigt werden; von der Lena ausgehend erreichte Lassenius nicht einmal die Jana, Dmitry Laptew aber ans vier verschiedenen Reisen von 1736 bis 1744 als äußersten Punkt die Baranowinseln. Indessen wenn an dieser Stelle die Aufgabe nicht völlig gelöst werden konnte, so war doch schon fast 100 Jahre vorher die Strecke von der Kolyma aus, die noch etwas westlicher liegt als die Baranowinseln, von Deschnew befahren und der thatsächliche Be¬ weis geliefert worden, daß unter günstigeren Eisverhältnissen die Fahrt wenig¬ stens nicht in das Bereich der Unmöglichkeit gehöre. Die letzte Station jenes großen Erforschungsplanes war mit Vitus Bering besetzt, der von Ochozk aus zunächst die Nordvstbcgrenzung feststellen und dann womöglich den von der Lena kommenden Reisenden entgegenkommen sollte. Auf seiner letzten Fahrt 1741 wurde er dem ersten Theile der ihm gestellten Aufgabe gerecht, starb aber noch in demselben Jahre.
Mit dieser in großem Stile angelegten Polarforschung der russischen Regie¬ rung schließen die Leistungen für die Lösung jener großen Frage bis auf die Gegenwart ab, und die Polarreisenden verfolgten zunächst andere Ziele. Wohl treffen wir auch später noch zu verschiedenen Zeiten Entdecker in diesen Regio¬ nen an, aber mit anderen Absichten. Die Russen arbeiten von 1760 bis 1839 an der näheren Erforschung Novaja Semljas, und von 1711 bis 1823 bemüht sich dieselbe Nation um die Auffindung von etwa im Eismeer gelegenen Inseln und Ländern, ohne daß ihre Anstrengungen von entsprechenden Erfolgen begleitet
Grenzboten II. 1330. 63
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deren Vervollständigung freilich der jüngsten Vergangenheit vorbehalten blieb.
Die einzelnen Unternehmungen der Russen in jener Zeit waren folgende. Maly-
gin und Skuratow legten 1736—37 die Strecke zwischen Archangel und der
Obmündung zurück, „die ersten und bis 1869 die letzten Seeleute, welche diesen
Strom von Westen her zu Wasser erreicht haben"; 1734—37 war Owzyn von
Tobolsk am Ob in den Jenissei gesegelt; die Verbindung des Jenissei mit der
Lena zur See herzustellen, glückte trotz siebenjähriger Anstrengung nicht: Pront-
chitschew gelangte von der Lena bis zur Laurentius-Jnsel, nahe dem nördlichsten
Punkt Asiens, Laptew von der Chatcmga aus kam nicht einmal so weit und
legte die übrige Strecke zu Lande zurück. Sein Steuermann Tscheljuskin unter¬
stützte ihn dabei und hatte das Glück, am 18. Mai 1742 die nördlichste Spitze
des europäisch-asiatischen Continents zu finden, die er auf 77° 34' nördlicher
Breite bestimmte und Sjewero Wostoschnoi (nordöstliches Kap) benannte; die
Nachwelt hat diese wichtige Entdeckung mit seinem Namen belegt. Die Küste vom
Jenissei bis zum Laurentinsvorgebirge war also von Schiffen nicht erforscht
worden, und so weit unsere Kenntniß reicht, waren die schwedischen Schiffe 1878
die ersten, welche diesen Raum befahren haben. Auch der vorletzte Theil des
damaligen Fvrschungszieles, die Section von der Lena bis zum Ostkap, konnte
nicht ganz bewältigt werden; von der Lena ausgehend erreichte Lassenius nicht
einmal die Jana, Dmitry Laptew aber ans vier verschiedenen Reisen von 1736
bis 1744 als äußersten Punkt die Baranowinseln. Indessen wenn an dieser
Stelle die Aufgabe nicht völlig gelöst werden konnte, so war doch schon fast
100 Jahre vorher die Strecke von der Kolyma aus, die noch etwas westlicher
liegt als die Baranowinseln, von Deschnew befahren und der thatsächliche Be¬
weis geliefert worden, daß unter günstigeren Eisverhältnissen die Fahrt wenig¬
stens nicht in das Bereich der Unmöglichkeit gehöre. Die letzte Station jenes
großen Erforschungsplanes war mit Vitus Bering besetzt, der von Ochozk aus
zunächst die Nordvstbcgrenzung feststellen und dann womöglich den von der Lena
kommenden Reisenden entgegenkommen sollte. Auf seiner letzten Fahrt 1741
wurde er dem ersten Theile der ihm gestellten Aufgabe gerecht, starb aber noch
in demselben Jahre.
Mit dieser in großem Stile angelegten Polarforschung der russischen Regie¬
rung schließen die Leistungen für die Lösung jener großen Frage bis auf die
Gegenwart ab, und die Polarreisenden verfolgten zunächst andere Ziele. Wohl
treffen wir auch später noch zu verschiedenen Zeiten Entdecker in diesen Regio¬
nen an, aber mit anderen Absichten. Die Russen arbeiten von 1760 bis 1839
an der näheren Erforschung Novaja Semljas, und von 1711 bis 1823 bemüht
sich dieselbe Nation um die Auffindung von etwa im Eismeer gelegenen Inseln
und Ländern, ohne daß ihre Anstrengungen von entsprechenden Erfolgen begleitet
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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/497>, abgerufen am 25.01.2025.
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