Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.Friedrich II. waren davon durchdrungen, daß für die allgemeine Entwicklung der Mit einem Worte: Katharina II. fürchtete '"ihren unmittelbarsten Nach¬ Unter der Regierung der Kaiserin Elisabeth Petrowna hatte man vornehmlich Diese Betrachtungen haben sich uns aufgedrängt während des Studiums Die Auffindung der nordöstlichen Durchfahrt. Das Problem der nordöstlichen Durchfahrt, d. h. die Feststellung der Nord- Friedrich II. waren davon durchdrungen, daß für die allgemeine Entwicklung der Mit einem Worte: Katharina II. fürchtete '„ihren unmittelbarsten Nach¬ Unter der Regierung der Kaiserin Elisabeth Petrowna hatte man vornehmlich Diese Betrachtungen haben sich uns aufgedrängt während des Studiums Die Auffindung der nordöstlichen Durchfahrt. Das Problem der nordöstlichen Durchfahrt, d. h. die Feststellung der Nord- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146997"/> <p xml:id="ID_1427" prev="#ID_1426"> Friedrich II. waren davon durchdrungen, daß für die allgemeine Entwicklung der<lb/> inneren Prosperität der ihrem Scepter unterworfenen Völker Friede und gutes<lb/> Einvernehmen nothwendig seien. Diese Ueberzeugung beugte viele:: Mißverstand--<lb/> rissen vor, vermittelte zwischen vielen Gegensätzen und trug zu beständiger Ausdeh¬<lb/> nung der commerciellen Beziehungen sowie zu den immer größer und rascher werden¬<lb/> den Fortschritten des im Innern von Rußland und Preußen herrschenden Wohl¬<lb/> standes bei, ohne den Einfluß der Stimmen beider Staaten bei der Lösung<lb/> europäischer Fragen zu vermindern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1428"> Mit einem Worte: Katharina II. fürchtete '„ihren unmittelbarsten Nach¬<lb/> bar" nicht, welcher in ihren Augen nicht als der „gefährlichste Nachbar" galt,<lb/> weil er ein zufriedener Nachbar war. Die große Kaiserin that alles, was die<lb/> Ehre und die Interessen Rußlands erlaubten, um Friedrich II. zu diesem zu¬<lb/> friedenen Nachbar werden zu lassen. Der König von Preußen setzte sich das¬<lb/> selbe Ziel, und das Endergebniß war der Friede, die Eintracht und ein enges<lb/> Bündniß zwischen beiden Mächten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1429"> Unter der Regierung der Kaiserin Elisabeth Petrowna hatte man vornehmlich<lb/> den mächtigen Nachbar gefürchtet, uneingedenk der viel greifbareren Gefahr, die<lb/> der unzufriedene Nachbar war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1430"> Diese Betrachtungen haben sich uns aufgedrängt während des Studiums<lb/> der Beziehung«:: Rußlands zu Preußen seit Beginn derselben bis zum Schlüsse<lb/> des letzten Jahrhunderts. In wie weit sie durch positive Thatsachen Bestätigung<lb/> finden, wird sich aus den: Zuhalte des vorliegenden Bandes und noch mehr<lb/> aus dein der folgenden Bände ergeben."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Auffindung der nordöstlichen Durchfahrt.</head><lb/> <p xml:id="ID_1431" next="#ID_1432"> Das Problem der nordöstlichen Durchfahrt, d. h. die Feststellung der Nord-<lb/> uud Nordostgrenze des europäisch-asiatischen Continents, dessen Lösung dem uner¬<lb/> müdlichen Eifer und der außerordentlichen Erfahrung des schwedischen Professors<lb/> und Polarreisenden Adolf Erich Nordenskjöld (sprich: Nordenschöld) zu ver¬<lb/> danken ist, wird gewöhnlich für dreihundertjährig erklärt, ist aber strenggenommen<lb/> schon tausend Jahre alt. Denn der Anfang eines Problems liegt doch offenbar an<lb/> der Stelle, wo man beginnt, sich mit dem Gegenstande zu beschäftigen, mag<lb/> man nun über seinen Umfang schon einigermaßen unterrichtet sein oder nur<lb/> noch unbestimmte Vorstellungen über seine Begrenzung haben. Der erste Versuch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
Friedrich II. waren davon durchdrungen, daß für die allgemeine Entwicklung der
inneren Prosperität der ihrem Scepter unterworfenen Völker Friede und gutes
Einvernehmen nothwendig seien. Diese Ueberzeugung beugte viele:: Mißverstand--
rissen vor, vermittelte zwischen vielen Gegensätzen und trug zu beständiger Ausdeh¬
nung der commerciellen Beziehungen sowie zu den immer größer und rascher werden¬
den Fortschritten des im Innern von Rußland und Preußen herrschenden Wohl¬
standes bei, ohne den Einfluß der Stimmen beider Staaten bei der Lösung
europäischer Fragen zu vermindern.
Mit einem Worte: Katharina II. fürchtete '„ihren unmittelbarsten Nach¬
bar" nicht, welcher in ihren Augen nicht als der „gefährlichste Nachbar" galt,
weil er ein zufriedener Nachbar war. Die große Kaiserin that alles, was die
Ehre und die Interessen Rußlands erlaubten, um Friedrich II. zu diesem zu¬
friedenen Nachbar werden zu lassen. Der König von Preußen setzte sich das¬
selbe Ziel, und das Endergebniß war der Friede, die Eintracht und ein enges
Bündniß zwischen beiden Mächten.
Unter der Regierung der Kaiserin Elisabeth Petrowna hatte man vornehmlich
den mächtigen Nachbar gefürchtet, uneingedenk der viel greifbareren Gefahr, die
der unzufriedene Nachbar war.
Diese Betrachtungen haben sich uns aufgedrängt während des Studiums
der Beziehung«:: Rußlands zu Preußen seit Beginn derselben bis zum Schlüsse
des letzten Jahrhunderts. In wie weit sie durch positive Thatsachen Bestätigung
finden, wird sich aus den: Zuhalte des vorliegenden Bandes und noch mehr
aus dein der folgenden Bände ergeben."
Die Auffindung der nordöstlichen Durchfahrt.
Das Problem der nordöstlichen Durchfahrt, d. h. die Feststellung der Nord-
uud Nordostgrenze des europäisch-asiatischen Continents, dessen Lösung dem uner¬
müdlichen Eifer und der außerordentlichen Erfahrung des schwedischen Professors
und Polarreisenden Adolf Erich Nordenskjöld (sprich: Nordenschöld) zu ver¬
danken ist, wird gewöhnlich für dreihundertjährig erklärt, ist aber strenggenommen
schon tausend Jahre alt. Denn der Anfang eines Problems liegt doch offenbar an
der Stelle, wo man beginnt, sich mit dem Gegenstande zu beschäftigen, mag
man nun über seinen Umfang schon einigermaßen unterrichtet sein oder nur
noch unbestimmte Vorstellungen über seine Begrenzung haben. Der erste Versuch
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