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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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günstiger werden. Zum Glücke sorgen sie schon dafür, daß dergleichen nicht
geschieht.

Wir gelangen nun zu den Vorgängen, denen es wohl weitaus in der über¬
wiegenden Mehrzahl von Fällen in erster Linie zuzuschreiben ist, wenn sich beim
Abschlüsse der Bilanz des internationalen Handels irgendwo ein Ueberschuß
des Werthes der Ausfuhr ergiebt, und ohne die wahrscheinlich nur wenige, viel¬
leicht gar keine günstigen Handelsbilanzen vorkommen würden.

Sehr häufig tritt der Fall ein -- zumal in unseren Zeiten, wo die Be¬
ziehungen zwischen den verschiedenen civilisirten Staaten so mannigfaltig durch¬
einander geschlungen sind -- daß ein Volk an das Ausland größere Zahlungen
zu leisten hat, die mit dem gewöhnlichen Handelsverkehr nicht im geringsten
directen Zusammenhange stehen, also etwa erzwungene Tribute und Kriegskosten-
Entschädigungen oder freiwillige Subsidien, vor allem aber Verzinsung von
Staats- und Privatschulden, Rückerstattung geliehener Capitalien, neue Dar¬
lehen, und was es sonst sein mag. Länder, die selbst sehr viel mehr Edelmetall
Produciren oder aus irgend einem anderen Grunde im Augenblicke sehr viel
mehr davon besitzen, als sie brauchen, können nun freilich ihren Ueberfluß ohne
Anstand für derlei Zahlungen verwenden. In anderen Fällen aber wird die
Ausfuhr von größeren Massen von Gold und Silber stets von den in unserem
ersten Artikel kurz berührten Jnconvenienzen begleitet sein, die mit der Abnahme
des Vorrathes an diesen Metallen und der damit zusammenhängenden Steige¬
rung ihres Preises eng verbunden sind. Alles wird daher nach Kräften bestrebt
sein, kein baares Geld hinauszuzahlen, und selbst die schlimmen Fremden werden
sich im eigenen Interesse soviel wie möglich davor hüten. Denn man schickt,
so lange man sich anders helfen kann, ebensowenig Gold und Silber aus einem
Lande, wo diese Metalle theuer sind, in ein solches, wo sie billig sind, wie etwa
England ohne zwingende Gründe Getreide nach Rußland transportiren würde.

Werfen wir einen raschen Blick auf die Vorgänge, welche sich zu entwickeln
Pflegen, wenn namhafte Uebertragungen von Kapital aus einem Volke an ein
anderes vorgenommen werden. Das billigste und gebräuchlichste Mittel, größere
Summen von einem Orte zum anderen zu versenden, ist bekanntlich unter
normalen Verhältnissen und zwischen civilisirten Handelsplätzen der Wechsel.
Mit anderen Worten: man überträgt einer an einem anderen Platze befindlichen
Person, der man Zahlung leisten will, Forderungen, die man an jenem Platze
für verkaufte Waaren hat, einerlei ob man diese Waaren selbst verkauft oder
die Forderung von dem Verkäufer direct oder indirect erworben hat. Sowie also
ein Volk größere Capitalien ins Ausland schicken will oder muß, so werden
alsbald die Wechsel aufs Ausland ein lebhaft begehrter Artikel fein und sich in
Folge dessen rasch vertheuern, d. h. der Wechselcours steigt, oder, wie man sagt,


Grenzboten II. 1830. 1s

günstiger werden. Zum Glücke sorgen sie schon dafür, daß dergleichen nicht
geschieht.

Wir gelangen nun zu den Vorgängen, denen es wohl weitaus in der über¬
wiegenden Mehrzahl von Fällen in erster Linie zuzuschreiben ist, wenn sich beim
Abschlüsse der Bilanz des internationalen Handels irgendwo ein Ueberschuß
des Werthes der Ausfuhr ergiebt, und ohne die wahrscheinlich nur wenige, viel¬
leicht gar keine günstigen Handelsbilanzen vorkommen würden.

Sehr häufig tritt der Fall ein — zumal in unseren Zeiten, wo die Be¬
ziehungen zwischen den verschiedenen civilisirten Staaten so mannigfaltig durch¬
einander geschlungen sind — daß ein Volk an das Ausland größere Zahlungen
zu leisten hat, die mit dem gewöhnlichen Handelsverkehr nicht im geringsten
directen Zusammenhange stehen, also etwa erzwungene Tribute und Kriegskosten-
Entschädigungen oder freiwillige Subsidien, vor allem aber Verzinsung von
Staats- und Privatschulden, Rückerstattung geliehener Capitalien, neue Dar¬
lehen, und was es sonst sein mag. Länder, die selbst sehr viel mehr Edelmetall
Produciren oder aus irgend einem anderen Grunde im Augenblicke sehr viel
mehr davon besitzen, als sie brauchen, können nun freilich ihren Ueberfluß ohne
Anstand für derlei Zahlungen verwenden. In anderen Fällen aber wird die
Ausfuhr von größeren Massen von Gold und Silber stets von den in unserem
ersten Artikel kurz berührten Jnconvenienzen begleitet sein, die mit der Abnahme
des Vorrathes an diesen Metallen und der damit zusammenhängenden Steige¬
rung ihres Preises eng verbunden sind. Alles wird daher nach Kräften bestrebt
sein, kein baares Geld hinauszuzahlen, und selbst die schlimmen Fremden werden
sich im eigenen Interesse soviel wie möglich davor hüten. Denn man schickt,
so lange man sich anders helfen kann, ebensowenig Gold und Silber aus einem
Lande, wo diese Metalle theuer sind, in ein solches, wo sie billig sind, wie etwa
England ohne zwingende Gründe Getreide nach Rußland transportiren würde.

Werfen wir einen raschen Blick auf die Vorgänge, welche sich zu entwickeln
Pflegen, wenn namhafte Uebertragungen von Kapital aus einem Volke an ein
anderes vorgenommen werden. Das billigste und gebräuchlichste Mittel, größere
Summen von einem Orte zum anderen zu versenden, ist bekanntlich unter
normalen Verhältnissen und zwischen civilisirten Handelsplätzen der Wechsel.
Mit anderen Worten: man überträgt einer an einem anderen Platze befindlichen
Person, der man Zahlung leisten will, Forderungen, die man an jenem Platze
für verkaufte Waaren hat, einerlei ob man diese Waaren selbst verkauft oder
die Forderung von dem Verkäufer direct oder indirect erworben hat. Sowie also
ein Volk größere Capitalien ins Ausland schicken will oder muß, so werden
alsbald die Wechsel aufs Ausland ein lebhaft begehrter Artikel fein und sich in
Folge dessen rasch vertheuern, d. h. der Wechselcours steigt, oder, wie man sagt,


Grenzboten II. 1830. 1s
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/141>, abgerufen am 22.07.2024.