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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Literatur.

Adam Friedrich Oeser. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts.
Bon Or. Alphons Dürr. Leipzig, Alphons Dürr, 1879.

Was Justi in seiner Winckelmann-Biographie von Lessings Lehrer in
Leipzig, von Johann Friedrich Christ, sagte, das gilt in noch höherem Grade
von Winckelmanns und Goethes Lehrer und Freund, von Adam Friedrich
Oeser: Er verdiente eine Monographie. Die allgemeine Kunstgeschichte stellt
Oeser jetzt ziemlich tief; sie pflegt ihn geringschätzig mit zwei Worten abzuthun.
Nicht ganz mit Recht. Seine Thätigkeit als ausübender Künstler ging freilich
mehr in die Breite als in die Tiefe, mannigfache Umstände wirkten zusammen,
ihn von der Höhe zurückzuhalten, die andere nach ihm dann erreichten; als
Lehrer aber hat er ungemein anregend und segensreich gewirkt, deshalb auch
enthusiastische Verehrung bei Lebzeiten in Hülle und Fülle genossen; außerdem
ist er schon um seiner einflußreichen Beziehungen zu Winckelmann und Goethe
willen eine der anziehendsten Erscheinungen uuter deu Vorläufern der klassi-
zistischen Periode unsrer Kunst. Der Verfasser des vorliegenden Buches, ein
Schüler Anton Springers, hat daher mit seiner Biographie Oesers eine höchst
willkommene und -- setzen wir gleich hinzu -- eine in jeder Beziehung muster¬
hafte Arbeit geliefert. Mit ausdauerndem Sammeleifer hat er ein überraschend
reiches Material von gedruckten und ungedruckten Quellen zusammengebracht
und dasselbe mit ebensoviel Methode wie Geschmack zu einer von Anfang bis
zu Ende fesselnden Darstellung von dem Leben, dem Charakter und der
Wirksamkeit Oesers verarbeitet. Ohne je in panegyristische Uebertreibungen zu
verfallen, hat er mit maß- und verständnißvollen Urtheil Oeser den Platz an¬
gewiesen, der ihm gebührt. Für die Ausführlichkeit, mit der der kunst- und
kulturgeschichtliche Hintergrund des Bildes behandelt ist, scheint Justi's erwähntes
Buch als Muster vorgeschwebt zu haben. Von hervorragendem Interesse sind
die beiden Kapitel: "Oeser und Winckelmann" und "Oeser und Goethe", in
welchen, abgesehen von der gründlichen Darstellung der äußeren Beziehungen,
in lichtvoller und überzeugender Weise der nachhaltige Einfluß, den Oeser auf
die Kunstanschauungen beider geübt hat, nachgewiesen wird. Näher auf Einzel¬
heiten einzugehen, müssen wir uns für eine Fachzeitschrift versparen. Hier wollen
wir das Buch nur als einen werthvollen Beitrag zur Kunstgeschichte des
18. Jahrhunderts wie zur Lokalgeschichte Wiens, Dresdens, Leipzigs und
Weimars unseren Lesern angelegentlichst empfehlen. Der Verleger -- der Vater
des Verfassers -- hat das Buch mit einem Porträt Oesers, einer Nachbildung
des aus "Dichtung und Wahrheit" bekannten Leipziger Theatervorhangs und
einigen Facsimiles von Oeser'schen Zeichnungen und Vignetten geschmückt, ihm
auch sonst ein vornehmes Gewand verliehen -- der trefflichen Leistung gegen¬
G. W. über ein wohlangebrachter Luxus.




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig.
Verlag von F. L, Herbtg in Leipzig. -- Druck von Hüthel K> Herrmann in Leipzig.
Literatur.

Adam Friedrich Oeser. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts.
Bon Or. Alphons Dürr. Leipzig, Alphons Dürr, 1879.

Was Justi in seiner Winckelmann-Biographie von Lessings Lehrer in
Leipzig, von Johann Friedrich Christ, sagte, das gilt in noch höherem Grade
von Winckelmanns und Goethes Lehrer und Freund, von Adam Friedrich
Oeser: Er verdiente eine Monographie. Die allgemeine Kunstgeschichte stellt
Oeser jetzt ziemlich tief; sie pflegt ihn geringschätzig mit zwei Worten abzuthun.
Nicht ganz mit Recht. Seine Thätigkeit als ausübender Künstler ging freilich
mehr in die Breite als in die Tiefe, mannigfache Umstände wirkten zusammen,
ihn von der Höhe zurückzuhalten, die andere nach ihm dann erreichten; als
Lehrer aber hat er ungemein anregend und segensreich gewirkt, deshalb auch
enthusiastische Verehrung bei Lebzeiten in Hülle und Fülle genossen; außerdem
ist er schon um seiner einflußreichen Beziehungen zu Winckelmann und Goethe
willen eine der anziehendsten Erscheinungen uuter deu Vorläufern der klassi-
zistischen Periode unsrer Kunst. Der Verfasser des vorliegenden Buches, ein
Schüler Anton Springers, hat daher mit seiner Biographie Oesers eine höchst
willkommene und — setzen wir gleich hinzu — eine in jeder Beziehung muster¬
hafte Arbeit geliefert. Mit ausdauerndem Sammeleifer hat er ein überraschend
reiches Material von gedruckten und ungedruckten Quellen zusammengebracht
und dasselbe mit ebensoviel Methode wie Geschmack zu einer von Anfang bis
zu Ende fesselnden Darstellung von dem Leben, dem Charakter und der
Wirksamkeit Oesers verarbeitet. Ohne je in panegyristische Uebertreibungen zu
verfallen, hat er mit maß- und verständnißvollen Urtheil Oeser den Platz an¬
gewiesen, der ihm gebührt. Für die Ausführlichkeit, mit der der kunst- und
kulturgeschichtliche Hintergrund des Bildes behandelt ist, scheint Justi's erwähntes
Buch als Muster vorgeschwebt zu haben. Von hervorragendem Interesse sind
die beiden Kapitel: „Oeser und Winckelmann" und „Oeser und Goethe", in
welchen, abgesehen von der gründlichen Darstellung der äußeren Beziehungen,
in lichtvoller und überzeugender Weise der nachhaltige Einfluß, den Oeser auf
die Kunstanschauungen beider geübt hat, nachgewiesen wird. Näher auf Einzel¬
heiten einzugehen, müssen wir uns für eine Fachzeitschrift versparen. Hier wollen
wir das Buch nur als einen werthvollen Beitrag zur Kunstgeschichte des
18. Jahrhunderts wie zur Lokalgeschichte Wiens, Dresdens, Leipzigs und
Weimars unseren Lesern angelegentlichst empfehlen. Der Verleger — der Vater
des Verfassers — hat das Buch mit einem Porträt Oesers, einer Nachbildung
des aus „Dichtung und Wahrheit" bekannten Leipziger Theatervorhangs und
einigen Facsimiles von Oeser'schen Zeichnungen und Vignetten geschmückt, ihm
auch sonst ein vornehmes Gewand verliehen — der trefflichen Leistung gegen¬
G. W. über ein wohlangebrachter Luxus.




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig.
Verlag von F. L, Herbtg in Leipzig. — Druck von Hüthel K> Herrmann in Leipzig.
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[0052] Literatur. Adam Friedrich Oeser. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts. Bon Or. Alphons Dürr. Leipzig, Alphons Dürr, 1879. Was Justi in seiner Winckelmann-Biographie von Lessings Lehrer in Leipzig, von Johann Friedrich Christ, sagte, das gilt in noch höherem Grade von Winckelmanns und Goethes Lehrer und Freund, von Adam Friedrich Oeser: Er verdiente eine Monographie. Die allgemeine Kunstgeschichte stellt Oeser jetzt ziemlich tief; sie pflegt ihn geringschätzig mit zwei Worten abzuthun. Nicht ganz mit Recht. Seine Thätigkeit als ausübender Künstler ging freilich mehr in die Breite als in die Tiefe, mannigfache Umstände wirkten zusammen, ihn von der Höhe zurückzuhalten, die andere nach ihm dann erreichten; als Lehrer aber hat er ungemein anregend und segensreich gewirkt, deshalb auch enthusiastische Verehrung bei Lebzeiten in Hülle und Fülle genossen; außerdem ist er schon um seiner einflußreichen Beziehungen zu Winckelmann und Goethe willen eine der anziehendsten Erscheinungen uuter deu Vorläufern der klassi- zistischen Periode unsrer Kunst. Der Verfasser des vorliegenden Buches, ein Schüler Anton Springers, hat daher mit seiner Biographie Oesers eine höchst willkommene und — setzen wir gleich hinzu — eine in jeder Beziehung muster¬ hafte Arbeit geliefert. Mit ausdauerndem Sammeleifer hat er ein überraschend reiches Material von gedruckten und ungedruckten Quellen zusammengebracht und dasselbe mit ebensoviel Methode wie Geschmack zu einer von Anfang bis zu Ende fesselnden Darstellung von dem Leben, dem Charakter und der Wirksamkeit Oesers verarbeitet. Ohne je in panegyristische Uebertreibungen zu verfallen, hat er mit maß- und verständnißvollen Urtheil Oeser den Platz an¬ gewiesen, der ihm gebührt. Für die Ausführlichkeit, mit der der kunst- und kulturgeschichtliche Hintergrund des Bildes behandelt ist, scheint Justi's erwähntes Buch als Muster vorgeschwebt zu haben. Von hervorragendem Interesse sind die beiden Kapitel: „Oeser und Winckelmann" und „Oeser und Goethe", in welchen, abgesehen von der gründlichen Darstellung der äußeren Beziehungen, in lichtvoller und überzeugender Weise der nachhaltige Einfluß, den Oeser auf die Kunstanschauungen beider geübt hat, nachgewiesen wird. Näher auf Einzel¬ heiten einzugehen, müssen wir uns für eine Fachzeitschrift versparen. Hier wollen wir das Buch nur als einen werthvollen Beitrag zur Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts wie zur Lokalgeschichte Wiens, Dresdens, Leipzigs und Weimars unseren Lesern angelegentlichst empfehlen. Der Verleger — der Vater des Verfassers — hat das Buch mit einem Porträt Oesers, einer Nachbildung des aus „Dichtung und Wahrheit" bekannten Leipziger Theatervorhangs und einigen Facsimiles von Oeser'schen Zeichnungen und Vignetten geschmückt, ihm auch sonst ein vornehmes Gewand verliehen — der trefflichen Leistung gegen¬ G. W. über ein wohlangebrachter Luxus. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig. Verlag von F. L, Herbtg in Leipzig. — Druck von Hüthel K> Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/52>, abgerufen am 23.07.2024.