Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.Kapitel vertheilt. Das merkwürdigste ist ohne Zweifel das dem geographischen "Die Wunder, die auf Erden sind. Fünftausend Schritt von Apollonia bei 5) Wir benutzen die neueste Teubnersche Textausgabe von 1879, deren Vorwort merk¬
würdigerweise vom Jahre 18S3 datirt ist, und in der auch von den scharfsinnigen Verbesse¬ rungsvorschlägen, welche Urlichs 18S2 im "Rheinischen Museum"gemacht hat, nicht ein einziger benutzt ist. Wie ist das zu verstehen? Titelauflage oder Neudruck? Es wäre eins so unbe¬ greiflich wie das andre. Kapitel vertheilt. Das merkwürdigste ist ohne Zweifel das dem geographischen „Die Wunder, die auf Erden sind. Fünftausend Schritt von Apollonia bei 5) Wir benutzen die neueste Teubnersche Textausgabe von 1879, deren Vorwort merk¬
würdigerweise vom Jahre 18S3 datirt ist, und in der auch von den scharfsinnigen Verbesse¬ rungsvorschlägen, welche Urlichs 18S2 im „Rheinischen Museum"gemacht hat, nicht ein einziger benutzt ist. Wie ist das zu verstehen? Titelauflage oder Neudruck? Es wäre eins so unbe¬ greiflich wie das andre. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143565"/> <p xml:id="ID_1481" prev="#ID_1480"> Kapitel vertheilt. Das merkwürdigste ist ohne Zweifel das dem geographischen<lb/> Theile angehörige achte Kapitel, welches auch die Erwähnung der pergamenischen<lb/> Skulpturen enthält und die Überschrift trägt: „Die Weltwunder" (NiriiorilÄ<lb/> wunäi). Im Nachfolgenden versuchen wir, soweit es der in schauderhaftester<lb/> Verderbniß überlieferte und erst in neuerer Zeit durch philologischen Scharfsinn<lb/> etwas lesbarer gestaltete Text erlaubt, eine möglichst getreue Übersetzung*) dieses<lb/> Kapitels zu geben. Dasselbe lautet, wie folgt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1482" next="#ID_1483"> „Die Wunder, die auf Erden sind. Fünftausend Schritt von Apollonia bei<lb/> Aiuantia am Berge Nymphaeus ist ein Feuer, und aus der Erde kommt eine Flamme<lb/> heraus. Im Walde wird die Stimme des Pan bis nach der Stadt gehört. Auch<lb/> find am Fuße dieses Berges in der Ebene Seen voll Wassers, da kommt Pech und<lb/> Erdpech heraus; wenn man mit den Händen darauf schlägt, so kommt das Pech in<lb/> die Höhe und steigt in Blasen aus dem Wasser auf. In Ambracia in Epirus sind<lb/> Castor und Pollux und Helena auf eine Wand gemalt von der Hand eines Urein¬<lb/> wohners, und niemand kann ausfindig machen, wer sie gemalt hat. In Argos<lb/> in Epirus, auch Hippoboton genannt, ist eine große doppelte Brücke mit Säulen,<lb/> welche Medea soll haben erbauen lassen. Dort sind die Steuerruder der Argo¬<lb/> nauten gemalt und ein angefangenes Schiff. Dort ist auch ein Tempel des<lb/> Juppiter Chthonios, aus dem man hinabsteigen kann in die Unterwelt, um Orakel<lb/> heraufzuholen; an dieser Stelle sollen die, welche hinabgestiegen sind, den Juppiter<lb/> selber sehen. Auf Leucas ist ein Berg, von dem sich Scippho um eines Mannes<lb/> Nullen herabgestürzt hat. Oben auf dem Berge ist ein Heiligthum des Apollo,<lb/> wo geopfert wird; und wenn ein Mensch von dort herabspringt, wird er sogleich<lb/> von Kähnen aufgefangen. In Sicyon in Achaja auf dem Markte steht ein<lb/> Tempel des Apollo; darin sind aufbewahrt der Schild und das Schwert des<lb/> Agamemnon, der Mantel und der Panzer des Ulixes, die Pfeile und der Bogen<lb/> des Teucrus, die Lade des Adrast, die er geweiht hat — was darin ist, weiß man<lb/> nicht — auch ein eherner Topf, in welchem Pelias gekocht worden sein soll, auch<lb/> die Buchstaben des Palamedes, auch die Flöte und die Haut des Marsyas, auch<lb/> die Ruder der Argonauten sammt den Steuerrudern und Raaen, auch der<lb/> Stimmstein, mit welchem Minerva über Orestes abstimmte in dem Streite im<lb/> Areopag. Dort hängt auch ein Gewand, wenn das jemand anhaucht, so öffnet<lb/> es sich; es ist das Gewebe der Penelope. Dort dringt auch Oel aus der Erde.<lb/> In Argos in Achaja ist ein prächtig geschmückter Tempel der Juno, den man Asyl</p><lb/> <note xml:id="FID_62" place="foot"> 5) Wir benutzen die neueste Teubnersche Textausgabe von 1879, deren Vorwort merk¬<lb/> würdigerweise vom Jahre 18S3 datirt ist, und in der auch von den scharfsinnigen Verbesse¬<lb/> rungsvorschlägen, welche Urlichs 18S2 im „Rheinischen Museum"gemacht hat, nicht ein einziger<lb/> benutzt ist. Wie ist das zu verstehen? Titelauflage oder Neudruck? Es wäre eins so unbe¬<lb/> greiflich wie das andre.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Kapitel vertheilt. Das merkwürdigste ist ohne Zweifel das dem geographischen
Theile angehörige achte Kapitel, welches auch die Erwähnung der pergamenischen
Skulpturen enthält und die Überschrift trägt: „Die Weltwunder" (NiriiorilÄ
wunäi). Im Nachfolgenden versuchen wir, soweit es der in schauderhaftester
Verderbniß überlieferte und erst in neuerer Zeit durch philologischen Scharfsinn
etwas lesbarer gestaltete Text erlaubt, eine möglichst getreue Übersetzung*) dieses
Kapitels zu geben. Dasselbe lautet, wie folgt.
„Die Wunder, die auf Erden sind. Fünftausend Schritt von Apollonia bei
Aiuantia am Berge Nymphaeus ist ein Feuer, und aus der Erde kommt eine Flamme
heraus. Im Walde wird die Stimme des Pan bis nach der Stadt gehört. Auch
find am Fuße dieses Berges in der Ebene Seen voll Wassers, da kommt Pech und
Erdpech heraus; wenn man mit den Händen darauf schlägt, so kommt das Pech in
die Höhe und steigt in Blasen aus dem Wasser auf. In Ambracia in Epirus sind
Castor und Pollux und Helena auf eine Wand gemalt von der Hand eines Urein¬
wohners, und niemand kann ausfindig machen, wer sie gemalt hat. In Argos
in Epirus, auch Hippoboton genannt, ist eine große doppelte Brücke mit Säulen,
welche Medea soll haben erbauen lassen. Dort sind die Steuerruder der Argo¬
nauten gemalt und ein angefangenes Schiff. Dort ist auch ein Tempel des
Juppiter Chthonios, aus dem man hinabsteigen kann in die Unterwelt, um Orakel
heraufzuholen; an dieser Stelle sollen die, welche hinabgestiegen sind, den Juppiter
selber sehen. Auf Leucas ist ein Berg, von dem sich Scippho um eines Mannes
Nullen herabgestürzt hat. Oben auf dem Berge ist ein Heiligthum des Apollo,
wo geopfert wird; und wenn ein Mensch von dort herabspringt, wird er sogleich
von Kähnen aufgefangen. In Sicyon in Achaja auf dem Markte steht ein
Tempel des Apollo; darin sind aufbewahrt der Schild und das Schwert des
Agamemnon, der Mantel und der Panzer des Ulixes, die Pfeile und der Bogen
des Teucrus, die Lade des Adrast, die er geweiht hat — was darin ist, weiß man
nicht — auch ein eherner Topf, in welchem Pelias gekocht worden sein soll, auch
die Buchstaben des Palamedes, auch die Flöte und die Haut des Marsyas, auch
die Ruder der Argonauten sammt den Steuerrudern und Raaen, auch der
Stimmstein, mit welchem Minerva über Orestes abstimmte in dem Streite im
Areopag. Dort hängt auch ein Gewand, wenn das jemand anhaucht, so öffnet
es sich; es ist das Gewebe der Penelope. Dort dringt auch Oel aus der Erde.
In Argos in Achaja ist ein prächtig geschmückter Tempel der Juno, den man Asyl
5) Wir benutzen die neueste Teubnersche Textausgabe von 1879, deren Vorwort merk¬
würdigerweise vom Jahre 18S3 datirt ist, und in der auch von den scharfsinnigen Verbesse¬
rungsvorschlägen, welche Urlichs 18S2 im „Rheinischen Museum"gemacht hat, nicht ein einziger
benutzt ist. Wie ist das zu verstehen? Titelauflage oder Neudruck? Es wäre eins so unbe¬
greiflich wie das andre.
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