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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Geschichte" des Julius Florus, die Ampelius neben Cornelius Nepos u. a. augen¬
scheinlich benutzt hat. Nach diesem Beispiele erschienen beide anch in den späteren
Ausgaben bis herab auf die Teubnersche meist in Verbindung mit einander;
Einzelausgaben des Ampelius sind wegen der geringfügigen Bedeutung seiner
Schrift nur selten hergestellt worden. Ueber die Lebenszeit des Ampelius sind
wir ohne jede direkte Kunde; nur durch Schlußfolgerungen aus dem Inhalte
seiner Schrift läßt sie sich annähernd feststellen. Positiv geht aus seinem Büchlein
hervor, daß er nach Trajan (98-117) und Hadrian (117--138) gelebt haben
muß, denn deren Zeit berührt er noch gelegentlich; negativ läßt sich be¬
weisen, daß er nicht nach dem Anfange des 4. Jahrhunderts geschrieben haben
kann, denn er betont im 18. Kapitel, daß Sulla der einzige römische Macht¬
haber gewesen, der die Regierung freiwillig niedergelegt habe. Dieser Fall
wiederholte sich aber im Jahre 305 n. Chr., wo Diocletian und Maximian frei¬
willig abdankten, eine Begebenheit, die bei allen übrigen Schriftstellern der Folge¬
zeit im lebhaftesten Andenken stand; da Ampelius nichts davon weiß, so kann
er sie auch nicht erlebt haben. Die Grenzen lassen sich aber noch enger ziehen.
Ampelius gedenkt unter anderen auch des Tempels der Diana von Ephesus als
eines uoch bestehenden Gebäudes. Dieser Tempel wurde aber unter der Re¬
gierung des Gallienus (253--268) zerstört, also wird Ampelius auch vor diese
Zeit noch zu setzen sein. Endlich geht aus der Anwendung, die er von dem Titel
"Caesar" macht, hervor, daß er in einer Zeit geschrieben haben muß, wo der
Gebrauch, demzufolge das Wort nicht mehr vom höchsten Machtinhaber, sondern
ausschließlich vom designirter Amtsnachfolger des "Imperator" oder "Augustus"
gebraucht wurde, sich noch nicht festgesetzt hatte. Diese Feststellung erfolgte aber
bald nach dem Anfange des 3. Jahrhunderts. Aus alledem ergibt sich, daß
Ampelius um die Wende des 2. und 3. Jahrhunderts lebte und schrieb. Da
seine Schrift einem gewissen Macrinus gewidmet ist, so hat man, was zu der
übrigen Grenzbestimmung an sich sehr gut passen würde, an den Kaiser dieses
Namens, der von 217 bis 218 regierte, denken wollen. Wenn das Schriftchen
nur nicht ein gar so dürftiges und klägliches Kompendium wäre, ein Machwerk,
wie es höchstens ein Schulmeister jener Zeit zum Auswendiglernen für seine
Schüler zusammenstellen konnte! Sicherlich war Macrinus -- der Name ist
keine Seltenheit in jener Zeit -- nichts als ein Schüler des Ampelius.

Den Inhalt seiner Schrift gibt Ampelius selbst in seinen Widmungsworten
an Macrinus an, wenn er sagt: "Da du gern alles wissen möchtest, so habe ich
dieses Merkbuch geschrieben, damit du weißt, was die Welt ist, was die Elemente
sind, was der Erdkreis trägt, endlich was das Menschengeschlecht vollbracht hat."
Das Ganze ist ein magerer Abriß des für die damalige Zeit wisseuswürdigsten
aus der Astronomie, Geographie, Mythologie, Geschichte und Politik, auf 50 kleine


Geschichte" des Julius Florus, die Ampelius neben Cornelius Nepos u. a. augen¬
scheinlich benutzt hat. Nach diesem Beispiele erschienen beide anch in den späteren
Ausgaben bis herab auf die Teubnersche meist in Verbindung mit einander;
Einzelausgaben des Ampelius sind wegen der geringfügigen Bedeutung seiner
Schrift nur selten hergestellt worden. Ueber die Lebenszeit des Ampelius sind
wir ohne jede direkte Kunde; nur durch Schlußfolgerungen aus dem Inhalte
seiner Schrift läßt sie sich annähernd feststellen. Positiv geht aus seinem Büchlein
hervor, daß er nach Trajan (98-117) und Hadrian (117—138) gelebt haben
muß, denn deren Zeit berührt er noch gelegentlich; negativ läßt sich be¬
weisen, daß er nicht nach dem Anfange des 4. Jahrhunderts geschrieben haben
kann, denn er betont im 18. Kapitel, daß Sulla der einzige römische Macht¬
haber gewesen, der die Regierung freiwillig niedergelegt habe. Dieser Fall
wiederholte sich aber im Jahre 305 n. Chr., wo Diocletian und Maximian frei¬
willig abdankten, eine Begebenheit, die bei allen übrigen Schriftstellern der Folge¬
zeit im lebhaftesten Andenken stand; da Ampelius nichts davon weiß, so kann
er sie auch nicht erlebt haben. Die Grenzen lassen sich aber noch enger ziehen.
Ampelius gedenkt unter anderen auch des Tempels der Diana von Ephesus als
eines uoch bestehenden Gebäudes. Dieser Tempel wurde aber unter der Re¬
gierung des Gallienus (253—268) zerstört, also wird Ampelius auch vor diese
Zeit noch zu setzen sein. Endlich geht aus der Anwendung, die er von dem Titel
„Caesar" macht, hervor, daß er in einer Zeit geschrieben haben muß, wo der
Gebrauch, demzufolge das Wort nicht mehr vom höchsten Machtinhaber, sondern
ausschließlich vom designirter Amtsnachfolger des „Imperator" oder „Augustus"
gebraucht wurde, sich noch nicht festgesetzt hatte. Diese Feststellung erfolgte aber
bald nach dem Anfange des 3. Jahrhunderts. Aus alledem ergibt sich, daß
Ampelius um die Wende des 2. und 3. Jahrhunderts lebte und schrieb. Da
seine Schrift einem gewissen Macrinus gewidmet ist, so hat man, was zu der
übrigen Grenzbestimmung an sich sehr gut passen würde, an den Kaiser dieses
Namens, der von 217 bis 218 regierte, denken wollen. Wenn das Schriftchen
nur nicht ein gar so dürftiges und klägliches Kompendium wäre, ein Machwerk,
wie es höchstens ein Schulmeister jener Zeit zum Auswendiglernen für seine
Schüler zusammenstellen konnte! Sicherlich war Macrinus — der Name ist
keine Seltenheit in jener Zeit — nichts als ein Schüler des Ampelius.

Den Inhalt seiner Schrift gibt Ampelius selbst in seinen Widmungsworten
an Macrinus an, wenn er sagt: „Da du gern alles wissen möchtest, so habe ich
dieses Merkbuch geschrieben, damit du weißt, was die Welt ist, was die Elemente
sind, was der Erdkreis trägt, endlich was das Menschengeschlecht vollbracht hat."
Das Ganze ist ein magerer Abriß des für die damalige Zeit wisseuswürdigsten
aus der Astronomie, Geographie, Mythologie, Geschichte und Politik, auf 50 kleine


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[0509] Geschichte" des Julius Florus, die Ampelius neben Cornelius Nepos u. a. augen¬ scheinlich benutzt hat. Nach diesem Beispiele erschienen beide anch in den späteren Ausgaben bis herab auf die Teubnersche meist in Verbindung mit einander; Einzelausgaben des Ampelius sind wegen der geringfügigen Bedeutung seiner Schrift nur selten hergestellt worden. Ueber die Lebenszeit des Ampelius sind wir ohne jede direkte Kunde; nur durch Schlußfolgerungen aus dem Inhalte seiner Schrift läßt sie sich annähernd feststellen. Positiv geht aus seinem Büchlein hervor, daß er nach Trajan (98-117) und Hadrian (117—138) gelebt haben muß, denn deren Zeit berührt er noch gelegentlich; negativ läßt sich be¬ weisen, daß er nicht nach dem Anfange des 4. Jahrhunderts geschrieben haben kann, denn er betont im 18. Kapitel, daß Sulla der einzige römische Macht¬ haber gewesen, der die Regierung freiwillig niedergelegt habe. Dieser Fall wiederholte sich aber im Jahre 305 n. Chr., wo Diocletian und Maximian frei¬ willig abdankten, eine Begebenheit, die bei allen übrigen Schriftstellern der Folge¬ zeit im lebhaftesten Andenken stand; da Ampelius nichts davon weiß, so kann er sie auch nicht erlebt haben. Die Grenzen lassen sich aber noch enger ziehen. Ampelius gedenkt unter anderen auch des Tempels der Diana von Ephesus als eines uoch bestehenden Gebäudes. Dieser Tempel wurde aber unter der Re¬ gierung des Gallienus (253—268) zerstört, also wird Ampelius auch vor diese Zeit noch zu setzen sein. Endlich geht aus der Anwendung, die er von dem Titel „Caesar" macht, hervor, daß er in einer Zeit geschrieben haben muß, wo der Gebrauch, demzufolge das Wort nicht mehr vom höchsten Machtinhaber, sondern ausschließlich vom designirter Amtsnachfolger des „Imperator" oder „Augustus" gebraucht wurde, sich noch nicht festgesetzt hatte. Diese Feststellung erfolgte aber bald nach dem Anfange des 3. Jahrhunderts. Aus alledem ergibt sich, daß Ampelius um die Wende des 2. und 3. Jahrhunderts lebte und schrieb. Da seine Schrift einem gewissen Macrinus gewidmet ist, so hat man, was zu der übrigen Grenzbestimmung an sich sehr gut passen würde, an den Kaiser dieses Namens, der von 217 bis 218 regierte, denken wollen. Wenn das Schriftchen nur nicht ein gar so dürftiges und klägliches Kompendium wäre, ein Machwerk, wie es höchstens ein Schulmeister jener Zeit zum Auswendiglernen für seine Schüler zusammenstellen konnte! Sicherlich war Macrinus — der Name ist keine Seltenheit in jener Zeit — nichts als ein Schüler des Ampelius. Den Inhalt seiner Schrift gibt Ampelius selbst in seinen Widmungsworten an Macrinus an, wenn er sagt: „Da du gern alles wissen möchtest, so habe ich dieses Merkbuch geschrieben, damit du weißt, was die Welt ist, was die Elemente sind, was der Erdkreis trägt, endlich was das Menschengeschlecht vollbracht hat." Das Ganze ist ein magerer Abriß des für die damalige Zeit wisseuswürdigsten aus der Astronomie, Geographie, Mythologie, Geschichte und Politik, auf 50 kleine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/509>, abgerufen am 23.07.2024.