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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Bekenntniß eine so lose und unbestimmte ist, wie wir dies von der Linken in
der Synode behaupten müssen, einen Platz im Kirchenregiment nicht zu bewilligen
vermöchten; dagegen hätte eine Vertretung im Synodalrath ihr nicht versagt
werden sollen. Wir halten es nicht für gerathen, eine Partei, die thatsächlich
unter den Angehörigen der evangelischen Landeskirche eine weite Verbreitung
hat, von der Theilnahme an der Vertretung derselben völlig auszuschließen.
Wir halten es nicht für gerathen, denn es verbittert; wir halten es aber auch
nicht für billig. Die "Evangelische Vereinigung" trägt übrigens an dieser Aus¬
schließung der Linken keine Schuld, Isle hat in privaten Verhandlungen sich
dagegen ausgesprochen, aber ohne Erfolg.

Wir wenden uns nun zu den Arbeiten der Synode. Diejenige Vorlage
des evangelischen Oberkirchenraths, welche am frühesten erledigt wurde, und
welcher eine allgemeine Sympathie entgegengebracht wurde, war der Gesetz¬
entwurf, betreffend den Ruhegehalt der emeritirten Geistlichen. Derselbe ist
im wesentlichen unverändert geblieben. Die wenigen Modifikationen, welche
von der Kommission vorgeschlagen und von der Synode angenommen wurden,
hatten die Tendenz, die finanzielle Lage des geistlichen Standes noch günstiger
zu stellen. Wir sind überzeugt, daß durch diesen Gesetzentwurf das Kirchen¬
regiment und die Synode sich einen gerechten Anspruch auf die Dankbarkeit
der evangelischen Geistlichkeit unsrer Landeskirche erworben haben. Es wird
durch denselben einem allgemein peinlich empfundenen unwürdigen Zustande
ein Ende gemacht, welcher den Inhaber der Pfründe von dem Tode seines
Vorgängers eine Mehrung seiner Einkünfte erwarten ließ und den letzteren
veranlassen mußte, sich als eine Hemmung für das irdische Wohl seines Nach¬
folgers zu betrachten. Die neue Ordnung ist allerdings vorläufig nur für die
östlichen Provinzen bestimmt, die Entscheidung des Rheinlands und Westfalens
steht noch aus. Ob hier überhaupt der Anschluß an die neue Ordnung erfolgen
wird, ist fraglich, oder vielmehr kaum noch fraglich. Die dort bestehenden gesetz¬
lichen Bestimmungen sichern den Geistlichen bei ihrer Emeritirung eine günstigere
Lage, als die neue Ordnung ihnen zu gewähren vermag. Der emeritirte
Pfarrer erhält wenigstens die Hälste seines bisherigen Diensteinkommens, und
die Gemeinde sorgt dafür, daß der Nachfolger bis zum Tode des emeritirten
Pfarrers anständig besoldet wird. Für die östlichen Provinzen aber bezeichnet
der neue Gesetzentwurf jedenfalls einen wesentlichen Fortschritt.*)



Die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzentwurfs sind folgende: 8 4. Das Ruhege¬
halt beträgt, wenn die Versetzung in den Ruhestand vor vollendetem elften Dienstjahre
eintritt, 20/^ und steigt von da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre um '/gg bis
zum Höchstbetrage von °°/g,i des anrcchnungsfähigcu Dicnsteinkomincns. Das Ruhegehalt
soll in diesen Fällen nicht über 5000 Mark und nicht unter 900 Mark betragen, Z 12. Bon

Bekenntniß eine so lose und unbestimmte ist, wie wir dies von der Linken in
der Synode behaupten müssen, einen Platz im Kirchenregiment nicht zu bewilligen
vermöchten; dagegen hätte eine Vertretung im Synodalrath ihr nicht versagt
werden sollen. Wir halten es nicht für gerathen, eine Partei, die thatsächlich
unter den Angehörigen der evangelischen Landeskirche eine weite Verbreitung
hat, von der Theilnahme an der Vertretung derselben völlig auszuschließen.
Wir halten es nicht für gerathen, denn es verbittert; wir halten es aber auch
nicht für billig. Die „Evangelische Vereinigung" trägt übrigens an dieser Aus¬
schließung der Linken keine Schuld, Isle hat in privaten Verhandlungen sich
dagegen ausgesprochen, aber ohne Erfolg.

Wir wenden uns nun zu den Arbeiten der Synode. Diejenige Vorlage
des evangelischen Oberkirchenraths, welche am frühesten erledigt wurde, und
welcher eine allgemeine Sympathie entgegengebracht wurde, war der Gesetz¬
entwurf, betreffend den Ruhegehalt der emeritirten Geistlichen. Derselbe ist
im wesentlichen unverändert geblieben. Die wenigen Modifikationen, welche
von der Kommission vorgeschlagen und von der Synode angenommen wurden,
hatten die Tendenz, die finanzielle Lage des geistlichen Standes noch günstiger
zu stellen. Wir sind überzeugt, daß durch diesen Gesetzentwurf das Kirchen¬
regiment und die Synode sich einen gerechten Anspruch auf die Dankbarkeit
der evangelischen Geistlichkeit unsrer Landeskirche erworben haben. Es wird
durch denselben einem allgemein peinlich empfundenen unwürdigen Zustande
ein Ende gemacht, welcher den Inhaber der Pfründe von dem Tode seines
Vorgängers eine Mehrung seiner Einkünfte erwarten ließ und den letzteren
veranlassen mußte, sich als eine Hemmung für das irdische Wohl seines Nach¬
folgers zu betrachten. Die neue Ordnung ist allerdings vorläufig nur für die
östlichen Provinzen bestimmt, die Entscheidung des Rheinlands und Westfalens
steht noch aus. Ob hier überhaupt der Anschluß an die neue Ordnung erfolgen
wird, ist fraglich, oder vielmehr kaum noch fraglich. Die dort bestehenden gesetz¬
lichen Bestimmungen sichern den Geistlichen bei ihrer Emeritirung eine günstigere
Lage, als die neue Ordnung ihnen zu gewähren vermag. Der emeritirte
Pfarrer erhält wenigstens die Hälste seines bisherigen Diensteinkommens, und
die Gemeinde sorgt dafür, daß der Nachfolger bis zum Tode des emeritirten
Pfarrers anständig besoldet wird. Für die östlichen Provinzen aber bezeichnet
der neue Gesetzentwurf jedenfalls einen wesentlichen Fortschritt.*)



Die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzentwurfs sind folgende: 8 4. Das Ruhege¬
halt beträgt, wenn die Versetzung in den Ruhestand vor vollendetem elften Dienstjahre
eintritt, 20/^ und steigt von da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre um '/gg bis
zum Höchstbetrage von °°/g,i des anrcchnungsfähigcu Dicnsteinkomincns. Das Ruhegehalt
soll in diesen Fällen nicht über 5000 Mark und nicht unter 900 Mark betragen, Z 12. Bon
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/441>, abgerufen am 23.07.2024.