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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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die cyprischen Thongefäße klassificirt, der Zweite durch seine ägyptologischen
Anmerkungen, die den Text Cesnolas berichtigen oder erklären. Die Sternsche
Uebersetzung ist lesbar und, soweit wir gesehen, auch treu. Die Ausstattung
ist, wie Professor Ebers sagt, der das Ganze befür- und bevorwortet hat,
nicht nur würdig, sondern geradezu glänzend.


V. Gardthausen.


Me
Kauptströmungen in der bildenden Kunst der Hegenwart.
i.

Die Pariser Weltausstellung einerseits und die internationale Münchener
Kunstausstellung andrerseits haben eine so gewaltige Menge der auserlesensten
Kunstschöpfungen aus allen europäischen Kulturländern zusammengeführt, daß
das Wagniß, auf Grund dieses umfangreichen Materials ein Bild von den
Hauptströmungen, von den bewegenden Faktoren der modernen Kunstentwicke¬
lung in Europa zu entwerfen, nicht allzukühn erscheinen dürfte. Es ist mit
Sicherheit anzunehmen, daß sowohl in Paris wie in München die Quintessenz
dessen vereinigt war, was die bildenden Künste in den einzelnen Ländern wäh¬
rend der letzten fünfzehn Jahre geleistet haben. Was wenigstens Frankreich,
Belgien, Oesterreich und Italien anlangt, so kann der Schreiber dieser Zeilen
nach seinen Studien an Ort und Stelle eine gewisse Garantie dafür über¬
nehmen. Für Deutschland, welches in Paris numerisch nur schwach, in München
numerisch desto stärker, aber qualitativ bei weitem nicht der wahren Sachlage
entsprechend vertreten war, bieten die akademischen Kunstausstellungen in Berlin
den nöthigen Stoff, um ein sicheres Urtheil über den gegenwärtigen Stand
seiner Kunst zu gewinnen.

Dies Urtheil wird sich nun freilich etwas anders gestalten, als es der
französische Akademiker Charles Blaue in seinem Buche über "Die schönen
Künste auf der Weltausstellung von 1878" gefällt hat. Der bekannte Kunst¬
schriftsteller, der sich in seinem Vaterlande einer wahrhaft beneidenswerthen
Jnfallibilität erfreut, kann von dem Verdachte, auf dem Gebiete der Kunstkritik
Revanche für sedem nehmen zu wollen, nicht ganz freigesprochen werden. Er
ist nicht unwissend genug, um nicht gewußt zu haben, daß der Saal voll


die cyprischen Thongefäße klassificirt, der Zweite durch seine ägyptologischen
Anmerkungen, die den Text Cesnolas berichtigen oder erklären. Die Sternsche
Uebersetzung ist lesbar und, soweit wir gesehen, auch treu. Die Ausstattung
ist, wie Professor Ebers sagt, der das Ganze befür- und bevorwortet hat,
nicht nur würdig, sondern geradezu glänzend.


V. Gardthausen.


Me
Kauptströmungen in der bildenden Kunst der Hegenwart.
i.

Die Pariser Weltausstellung einerseits und die internationale Münchener
Kunstausstellung andrerseits haben eine so gewaltige Menge der auserlesensten
Kunstschöpfungen aus allen europäischen Kulturländern zusammengeführt, daß
das Wagniß, auf Grund dieses umfangreichen Materials ein Bild von den
Hauptströmungen, von den bewegenden Faktoren der modernen Kunstentwicke¬
lung in Europa zu entwerfen, nicht allzukühn erscheinen dürfte. Es ist mit
Sicherheit anzunehmen, daß sowohl in Paris wie in München die Quintessenz
dessen vereinigt war, was die bildenden Künste in den einzelnen Ländern wäh¬
rend der letzten fünfzehn Jahre geleistet haben. Was wenigstens Frankreich,
Belgien, Oesterreich und Italien anlangt, so kann der Schreiber dieser Zeilen
nach seinen Studien an Ort und Stelle eine gewisse Garantie dafür über¬
nehmen. Für Deutschland, welches in Paris numerisch nur schwach, in München
numerisch desto stärker, aber qualitativ bei weitem nicht der wahren Sachlage
entsprechend vertreten war, bieten die akademischen Kunstausstellungen in Berlin
den nöthigen Stoff, um ein sicheres Urtheil über den gegenwärtigen Stand
seiner Kunst zu gewinnen.

Dies Urtheil wird sich nun freilich etwas anders gestalten, als es der
französische Akademiker Charles Blaue in seinem Buche über „Die schönen
Künste auf der Weltausstellung von 1878" gefällt hat. Der bekannte Kunst¬
schriftsteller, der sich in seinem Vaterlande einer wahrhaft beneidenswerthen
Jnfallibilität erfreut, kann von dem Verdachte, auf dem Gebiete der Kunstkritik
Revanche für sedem nehmen zu wollen, nicht ganz freigesprochen werden. Er
ist nicht unwissend genug, um nicht gewußt zu haben, daß der Saal voll


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[0418] die cyprischen Thongefäße klassificirt, der Zweite durch seine ägyptologischen Anmerkungen, die den Text Cesnolas berichtigen oder erklären. Die Sternsche Uebersetzung ist lesbar und, soweit wir gesehen, auch treu. Die Ausstattung ist, wie Professor Ebers sagt, der das Ganze befür- und bevorwortet hat, nicht nur würdig, sondern geradezu glänzend. V. Gardthausen. Me Kauptströmungen in der bildenden Kunst der Hegenwart. i. Die Pariser Weltausstellung einerseits und die internationale Münchener Kunstausstellung andrerseits haben eine so gewaltige Menge der auserlesensten Kunstschöpfungen aus allen europäischen Kulturländern zusammengeführt, daß das Wagniß, auf Grund dieses umfangreichen Materials ein Bild von den Hauptströmungen, von den bewegenden Faktoren der modernen Kunstentwicke¬ lung in Europa zu entwerfen, nicht allzukühn erscheinen dürfte. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sowohl in Paris wie in München die Quintessenz dessen vereinigt war, was die bildenden Künste in den einzelnen Ländern wäh¬ rend der letzten fünfzehn Jahre geleistet haben. Was wenigstens Frankreich, Belgien, Oesterreich und Italien anlangt, so kann der Schreiber dieser Zeilen nach seinen Studien an Ort und Stelle eine gewisse Garantie dafür über¬ nehmen. Für Deutschland, welches in Paris numerisch nur schwach, in München numerisch desto stärker, aber qualitativ bei weitem nicht der wahren Sachlage entsprechend vertreten war, bieten die akademischen Kunstausstellungen in Berlin den nöthigen Stoff, um ein sicheres Urtheil über den gegenwärtigen Stand seiner Kunst zu gewinnen. Dies Urtheil wird sich nun freilich etwas anders gestalten, als es der französische Akademiker Charles Blaue in seinem Buche über „Die schönen Künste auf der Weltausstellung von 1878" gefällt hat. Der bekannte Kunst¬ schriftsteller, der sich in seinem Vaterlande einer wahrhaft beneidenswerthen Jnfallibilität erfreut, kann von dem Verdachte, auf dem Gebiete der Kunstkritik Revanche für sedem nehmen zu wollen, nicht ganz freigesprochen werden. Er ist nicht unwissend genug, um nicht gewußt zu haben, daß der Saal voll

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/418>, abgerufen am 27.08.2024.