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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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schneiden, Zickzacklinien, Kreuze, Schachbrett- oder Rankenmuster und paral¬
lele Streifen, welche die Rundung des Gefäßes entweder in horizontaler oder
in vertikaler Weise gliedern. Zur Füllung dienen häufig Gruppen concentrischer
Kreise, die sich später zu Spiralen vereinigen. Ursprünglich hatten die einzelnen
Gruppen oder Spiralen keine Verbindung unter einander; später werden sie
durch Tangenten mit einander verbunden; und wenn die Tangente unvermerkt
in die Spirale übergeht, so entsteht dadurch der bei den Griechen so beliebte
gewundene und später der eckige Mäander: D D, /CXI^I^ >W/M/M/
Nur aus diesen einfachsten Elementen setzt sich jener Stil zusammen; Thiere
oder gar menschliche Gestalten kommen erst in späterer Zeit hinzu. Diese
geometrischen Ornamente führen an die Anfänge der Kunst; sie sind die ersten
Versuche eines Volkes, Flüchen zu gliedern und zu verzieren, und es ist be¬
greiflich, daß diese ersten Versuche noch ziemlich unbeholfen ausgefallen sind.
Das Grundprincip dieser Flächenmuster ist einfach der Korror of."ni; wo die
Ornamente oder Figuren irgend einen freien Platz lassen, wird er ausgefüllt
durch Reihen von dicken Punkten, Sterne, Rosetten, Kreuze. Namentlich das
Hakenkreuz ^ oder auch "O, wird besonders häufig ornamental verwendet,
ohne daß man irgend einen tiefen Sinn darin suchen dürfte, wie es z. B.
Schliemann gethan hat, der es Svastiea nennt und als Symbol des.'heiligen
Feuers der Inder auffassen möchte.

Die äußere Form der so dekorirten Gefäße ist oft noch fremdartiger als
ihre Ornamentik. Häufig werden Menschen oder Thiergestalten nachgebildet
und einfach mit einem Henkel zum Anfassen versehen, so z. B. Fische, Rinder,
Hühner, Enten u. s. w. Es sind das dieselben Formen, welche wir bereits
durch Schliemanns Vasen aus Mykenae und Troja kennen gelernt haben. Wir
brauchen uns also nicht zu wundern, auch eine Eule in dieser reichhaltigen
Menagerie zu finden, brauchen aber noch weniger mit Schliemann diese Monstra
mit der Glaukopis Athene in Verbindung zu bringen. In manchen Füllen
muß man den Gedanken an eine Eule aber überhaupt von der Hand weisen;
die Art, wie Brust und Nabel gebildet sind, zeigt deutlich, daß vielmehr eine
menschliche Gestalt nachzubilden die Absicht war. -- Die Metalltechnik dieses
Stiles ist sehr einfach. Entweder werden die Ornamente einfach eingeritzt oder
gravirt, oder sie werden von unten herausgepocht, namentlich bei dem dünnen
Goldblech, das in so reichlichem Maße angewendet wurde, um der Bestattung
ein prächtiges Aeußere zu verleihen, mit dem man Alles, manchmal sogar das
Gesicht des Todten zu überziehen Pflegte.

Wie bereits angedeutet, finden sich die Proben dieses uralten Stiles nicht
nur auf Cypern, sondern auch anderwärts: im Innern Asiens, in Troja und
Mykenae; auch auf Santorin, Rhodos, Melos und anderen Inseln des Archipels


schneiden, Zickzacklinien, Kreuze, Schachbrett- oder Rankenmuster und paral¬
lele Streifen, welche die Rundung des Gefäßes entweder in horizontaler oder
in vertikaler Weise gliedern. Zur Füllung dienen häufig Gruppen concentrischer
Kreise, die sich später zu Spiralen vereinigen. Ursprünglich hatten die einzelnen
Gruppen oder Spiralen keine Verbindung unter einander; später werden sie
durch Tangenten mit einander verbunden; und wenn die Tangente unvermerkt
in die Spirale übergeht, so entsteht dadurch der bei den Griechen so beliebte
gewundene und später der eckige Mäander: D D, /CXI^I^ >W/M/M/
Nur aus diesen einfachsten Elementen setzt sich jener Stil zusammen; Thiere
oder gar menschliche Gestalten kommen erst in späterer Zeit hinzu. Diese
geometrischen Ornamente führen an die Anfänge der Kunst; sie sind die ersten
Versuche eines Volkes, Flüchen zu gliedern und zu verzieren, und es ist be¬
greiflich, daß diese ersten Versuche noch ziemlich unbeholfen ausgefallen sind.
Das Grundprincip dieser Flächenmuster ist einfach der Korror of.«ni; wo die
Ornamente oder Figuren irgend einen freien Platz lassen, wird er ausgefüllt
durch Reihen von dicken Punkten, Sterne, Rosetten, Kreuze. Namentlich das
Hakenkreuz ^ oder auch "O, wird besonders häufig ornamental verwendet,
ohne daß man irgend einen tiefen Sinn darin suchen dürfte, wie es z. B.
Schliemann gethan hat, der es Svastiea nennt und als Symbol des.'heiligen
Feuers der Inder auffassen möchte.

Die äußere Form der so dekorirten Gefäße ist oft noch fremdartiger als
ihre Ornamentik. Häufig werden Menschen oder Thiergestalten nachgebildet
und einfach mit einem Henkel zum Anfassen versehen, so z. B. Fische, Rinder,
Hühner, Enten u. s. w. Es sind das dieselben Formen, welche wir bereits
durch Schliemanns Vasen aus Mykenae und Troja kennen gelernt haben. Wir
brauchen uns also nicht zu wundern, auch eine Eule in dieser reichhaltigen
Menagerie zu finden, brauchen aber noch weniger mit Schliemann diese Monstra
mit der Glaukopis Athene in Verbindung zu bringen. In manchen Füllen
muß man den Gedanken an eine Eule aber überhaupt von der Hand weisen;
die Art, wie Brust und Nabel gebildet sind, zeigt deutlich, daß vielmehr eine
menschliche Gestalt nachzubilden die Absicht war. — Die Metalltechnik dieses
Stiles ist sehr einfach. Entweder werden die Ornamente einfach eingeritzt oder
gravirt, oder sie werden von unten herausgepocht, namentlich bei dem dünnen
Goldblech, das in so reichlichem Maße angewendet wurde, um der Bestattung
ein prächtiges Aeußere zu verleihen, mit dem man Alles, manchmal sogar das
Gesicht des Todten zu überziehen Pflegte.

Wie bereits angedeutet, finden sich die Proben dieses uralten Stiles nicht
nur auf Cypern, sondern auch anderwärts: im Innern Asiens, in Troja und
Mykenae; auch auf Santorin, Rhodos, Melos und anderen Inseln des Archipels


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[0412] schneiden, Zickzacklinien, Kreuze, Schachbrett- oder Rankenmuster und paral¬ lele Streifen, welche die Rundung des Gefäßes entweder in horizontaler oder in vertikaler Weise gliedern. Zur Füllung dienen häufig Gruppen concentrischer Kreise, die sich später zu Spiralen vereinigen. Ursprünglich hatten die einzelnen Gruppen oder Spiralen keine Verbindung unter einander; später werden sie durch Tangenten mit einander verbunden; und wenn die Tangente unvermerkt in die Spirale übergeht, so entsteht dadurch der bei den Griechen so beliebte gewundene und später der eckige Mäander: D D, /CXI^I^ >W/M/M/ Nur aus diesen einfachsten Elementen setzt sich jener Stil zusammen; Thiere oder gar menschliche Gestalten kommen erst in späterer Zeit hinzu. Diese geometrischen Ornamente führen an die Anfänge der Kunst; sie sind die ersten Versuche eines Volkes, Flüchen zu gliedern und zu verzieren, und es ist be¬ greiflich, daß diese ersten Versuche noch ziemlich unbeholfen ausgefallen sind. Das Grundprincip dieser Flächenmuster ist einfach der Korror of.«ni; wo die Ornamente oder Figuren irgend einen freien Platz lassen, wird er ausgefüllt durch Reihen von dicken Punkten, Sterne, Rosetten, Kreuze. Namentlich das Hakenkreuz ^ oder auch "O, wird besonders häufig ornamental verwendet, ohne daß man irgend einen tiefen Sinn darin suchen dürfte, wie es z. B. Schliemann gethan hat, der es Svastiea nennt und als Symbol des.'heiligen Feuers der Inder auffassen möchte. Die äußere Form der so dekorirten Gefäße ist oft noch fremdartiger als ihre Ornamentik. Häufig werden Menschen oder Thiergestalten nachgebildet und einfach mit einem Henkel zum Anfassen versehen, so z. B. Fische, Rinder, Hühner, Enten u. s. w. Es sind das dieselben Formen, welche wir bereits durch Schliemanns Vasen aus Mykenae und Troja kennen gelernt haben. Wir brauchen uns also nicht zu wundern, auch eine Eule in dieser reichhaltigen Menagerie zu finden, brauchen aber noch weniger mit Schliemann diese Monstra mit der Glaukopis Athene in Verbindung zu bringen. In manchen Füllen muß man den Gedanken an eine Eule aber überhaupt von der Hand weisen; die Art, wie Brust und Nabel gebildet sind, zeigt deutlich, daß vielmehr eine menschliche Gestalt nachzubilden die Absicht war. — Die Metalltechnik dieses Stiles ist sehr einfach. Entweder werden die Ornamente einfach eingeritzt oder gravirt, oder sie werden von unten herausgepocht, namentlich bei dem dünnen Goldblech, das in so reichlichem Maße angewendet wurde, um der Bestattung ein prächtiges Aeußere zu verleihen, mit dem man Alles, manchmal sogar das Gesicht des Todten zu überziehen Pflegte. Wie bereits angedeutet, finden sich die Proben dieses uralten Stiles nicht nur auf Cypern, sondern auch anderwärts: im Innern Asiens, in Troja und Mykenae; auch auf Santorin, Rhodos, Melos und anderen Inseln des Archipels

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/412>, abgerufen am 26.08.2024.